Herzlich willkommen im Lions Club „Nirgendwo in Afrika“ auf meiner neuen Webseite!

Hier gibt es eine tierisch bunte Mischung aus Weisheiten, Satiren, Parodien, Nonsens-Texten etc. sowie eine umfangreiche und vielfältige Lyrik-Sammlung – darunter eine Fülle eigener Lyrik –, die laufend ergänzt wird.

Die sehr detaillierten Analysen zu Lyrik, Drama, Roman, Kurzgeschichten, Märchen, Kommunikation, Werbe-anzeigen und Sachtexten sind für Lernende und Unterrichtende ab Klasse 11 gedacht. Übungen zu Recht-schreibung & Zeichensetzung sollen beim fehlerfreien Schreiben helfen. Die leicht selbstironisch kommentierte Biografie (mit der kafkaesk-steppenwolfigen Parabel „Keine Worte finde ich für dich heut‘ Nacht“ im Anhang) offenbart mein turbulentes Leben wie meinen Alltag und wird regelmäßig aktualisiert – ebenso wie die News auf der Startseite (siehe Archiv).

Zu den zahlreichen Aktivitäten, Projekten und Spendenaktionen von JugendInterkult e.V. siehe www.jugendinterkult.de

Lasst euch von meinem umfangreichen Angebot begeistern. Es lohnt sich!

Erklärung meines polysymbolischen Wappens: Der lateinische Spruch „Quaere pacem et sectare eam“ heißt auf Deutsch „Suche den Frieden und jage ihm nach“ (Psalm 34) als Teil meiner zahllosen Lebensmotti. Das darunter aufgerichtete geflügelte Pferd (Pegasus) ist das Symbol der von mir verehrten Dichtkunst. Auf dem Schild unter dem Helm steht in der Mitte stilisiert der paradiesische Lebensbaum, der Unsterblichkeit und ewiges Leben verheißt. Links neben dem Baum befindet das Symbol für Glaube (Kreuz), Hoffnung (Anker), Liebe (Herz). 1 kor 13: „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, aber die Liebe ist die größte unter ihnen“. Der aufgerichtete Löwe rechts neben dem Baum ist nicht nur das Symbol des Lions Clubs meiner Webseite, sondern er ist stolz, weiß genau, was er will, und steht dir bei, wenn du dich unsicher und verloren fühlst. Er zeigt dir den Weg, wenn du nicht weiterweißt, stärkt die Loyalität und unterstützt Beziehungen zu geliebten Menschen.

 NEWS vom 01.10.2025 (siehe auch im News-Archiv)

 Gibt’s Hoffnung im Oktober? Mach drum keinen Zinnober, frag‘ einfach mal den Ober.
Auch wenn die Lage noch so ernst ist, wollen wir uns doch nicht den Spaß verderben lassen.
Hier erfährst du, wo der Frosch seine Locken hat, Bartel den Most holt, der Hammer hängt, warum bei manchen der
Hochmut erst nach dem Fall kommt, Auslaufmodelle nicht auslaufen u. Spaßbremsen in E-Autos eingebaut werden,
die Ameisen nie B-Meisen werden, wer kein Schwein hat, die jung machenden Trüffel selbst suchen muss etc.

Claudia Koreck – Oktober: https://www.youtube.com/watch?v=lsCar1hdqDo

Aus Anlass des aktuellen Nahostkonflikts zunächst alle Infos zum berühmten Palästinalied, Anlass u. Aufruf zum 1. Kreuzzug (vor 930 Jahren), Einnahme von Jerusalem u. Ursachen der Rückständigkeit der islamischen Welt – zentral auch für den aktuellen Nahostkonflikt und Precht & Lanz: Unwissenschaftlichkeit pur

Walther von der Vogelweide (1170-1230) Das Palästinalied (ca. 1229 – Ende des 5. Kreuzzuges)
Das Hl. Land hieß im 13. Jh. Palästina (bis 1948) u. umfasste das Gebiet zw. dem Mittelmeer u. dem Fluss Jordan, das das heutige Israel, die Palästinensischen Gebiete u. Teile von Jordanien, Syrien u. Libanon einschließt. Das berühmte Palästinalied ist das einzige Werk Walthers, das vollständig mit einer Melodie überliefert wurde. Inhaltlich setzt das Palästinalied einen Schwerpunkt auf religiöse Aspekte. Es ist als Rollenrede eines Pilgers im Heiligen Land gestaltet, der die Orte zentraler Stationen des Lebens Jesu Christi (Geburt, Taufe, Passion, Begräbnis, Auferstehung, Himmelfahrt und Wiederkunft) gläubig mit eigenen Augen erfährt. Auch politische Propaganda kann in dem Text gesehen werden. Walther von der Vogelweide vergegenwärtigt den christlichen Anspruch auf die Palästinaregion, indem das lyrische Ich an einem Kreuzzug in das sogenannte Heilige Land teilnimmt. Mit der 11. Strophe „Juden, Cristen unde heiden“ (Juden, Christen und die Heiden) legt er den Anspruch aller drei Religionen auf das Heilige Land zugunsten des Christentums aus, was man auf die Palästinapolitik Friedrichs II. beziehen kann.
In poetischer Form thematisiert es die Teilnahme an einem Kreuzzug u. stellt die religiöse Bedeutung des Heiligen Landes aus christlicher Sicht dar. Überliefert sind 12 Strophen in mittelhochdeutscher Sprache. Die Strophen 3 (fehlt),5,8,10 u. 12 stammen nicht von Walther, sondern sind spätere Zudichtungen.

 

Das PalästinaliedDeutsche Übersetzung
1.Nû alrêst lebe ich mir werde,
sît mîn sündic ouge siht
daz hêre lant und och die erde,
dem man vil der êren giht.
Mirst geschehen, des ich ie bat,
ich bin komen an die stat,
dâ got menschlîchen trat.
Nun erst lebe ich mir würdig,
weil mein sündiges Auge
das hehre Land und auch die Erde sieht,
die man so vieler Ehren rühmt.
Nun ist geschehen, worum ich immer bat:
ich bin an den Ort gekommen,
den Gott als Mensch betrat.
2.Schœne lant, rîch unde hêre,
swaz ich der noch hân gesehen,
sô bist dûz ir aller êre,
waz ist wunders hie geschehen:
Daz ein maget ein kint gebar,
hêre uber aller engel schar,
was daz niht ein wunder gar?
Schöne Länder, reich und herrlich,
welche ich da noch gesehen habe,
du übertriffst sie alle.
Welche Wunder sind hier geschehen!
Dass eine Jungfrau ein Kind gebar,
hoch erhaben über aller Engel Schar,
war das nicht etwa ein Wunder?
4.Hie liez er sich reine toufen,
daz der mensche reine sî.
dô liez er sich hie verkoufen,
daz wir eigen wurden vrî.
Anders wæren wir verlorn.
wol dir sper, cruze unde dorn!
wê dir, heiden! daz ist dir zorn.
Hier ließ er sich rein taufen,
damit der Mensch rein werde.
Dann ließ er sich hier verkaufen,
damit wir Unfreien frei würden.
Sonst wären wir verloren.
Wohl dir, Speer, Kreuz und Dorn(enkrone)!
Weh dir, Heidenschaft! Das erregt deinen Zorn.
5.Dô er sich wolte über uns erbarmen,
hie leit er den grimmen tôt,
er vil rîche über uns vil armen,
daz wir komen ûz der nôt.
Daz in dô des niht verdrôz,
daz ist ein wunder alze grôz,
aller wunder übergenôz.
Als er sich unser erbarmen wollte,
erlitt er hier den grimmigen Tod,
er, der mächtige, um uns Armer willen,
damit wir gerettet würden.
Dass er das nicht ablehnte,
das ist ein allzu großes Wunder,
größer als alle anderen Wunder.
6.Hinnen vuor der sun zer helle,
von dem grabe, dâ er inne lac.
des was ie der vater geselle,
und der geist, den nieman mac
Sunder gescheiden, dêst al ein,
sleht unde ebener danne ein zein,
alse er Abrahâm erschein.
Von hier fuhr der Sohn zur Hölle,
aus dem Grab, darin er lag.
Daher, was der Vater immer vereinte
und der Geist, den nichts
von ihnen scheiden kann: sie sind alle Eins,
schlicht und ebener als ein Pfeilschaft,
wie er Abraham erschienen war.
7.Dô er den tievel dô geschande,
daz nie keiser baz gestreit,
dô vuor er her wider ze lande.
dô huob sich der juden leit,
Daz er hêrre huote brach,
und daz man in sît lebendic sach,
den ir hant sluoc unde stach.
Nachdem er dort den Teufel besiegte,
wie nie ein Kaiser besser kämpfte,
kam er wieder in dieses Land zurück.
Damit begann das Leid der Juden,
weil er, der Herr, ihrer Haft entkam
und man ihn später lebend sah,
den sie erschlugen und erstochen haben.
8.Dar nâch was er in deme lande
vierzic tage, dô fuor er dar,
dannen in sîn vater sande.
sînen geist er uns bewar,
Den sant er hin wider zehant.
heilic ist daz selbe lant,
sîn name, der ist vor got erkant.
Danach verweilte er in dem Land
vierzig Tage lang. Dann ging er dahin zurück,
von wo ihn sein Vater ausgesandt hatte.
Seinen Geist, der uns schützen möge,
sandte er sogleich wieder dorthin.
Dieses Land ist heilig,
denn sein Name stammt von Gott.
9.In diz lant hât er gesprochen
einen angeslîchen tac,
dâ die witwe wirt gerochen
und der arme clagen mac
Und der weise den gewalt,
der dâ wirt an ime gestalt:
wol ime dort, der hie vergalt.
In diesem Land hat er
einen schrecklichen (Gerichts)tag angekündigt,
an dem die Witwe gerächt wird
und der Waise klagen kann,
und (wie auch) der Arme, von der Gewalt
die man ihm angetan hat.
Wohl ihm dort, der hier vergalt!
10.Unserre lantrehtære tihten
fristet dâ niemannes clage,
wan er wil dâ zestunt rihten:
sô ist ez an dem lesten tage.
Und swer deheine schulde hie hât
unverebenet, wie der stât
dort, dâ er pfant noch bürgen hât.
(Nicht) wie unsere Landesrichter es täten,
wird da niemandes Klage aufgeschoben,
denn er wird dort zur Stunde richten,
so wird es sein am letzten Tag:
Wer hier irgendeine Schuld
unbeglichen hinterlässt, wie steht der da,
dort, wo er weder Pfand noch Bürgen hat!
11.Juden, Cristen unde heiden
jehent, daz diz ir erbe sî.
got sol uns ze reht bescheiden
dur die sîne namen drî.
Al diu welt, diu strîtet her:
wir sîn an der rehten ger,
reht ist, daz er uns wer.
Christen, Juden und Heiden
behaupten, dass dies ihr Erbe sei.
Gott müsste es gerecht entscheiden,
durch die drei seiner Namen.
Die ganze Welt bekriegt sich hier.
Wir sind mit unserer Bitte im Recht,
und daher ist es recht, dass er sie uns gewähre.
12.Irlât iuch nit verdriezen,
daz ich noch gesprochen hân.
sô wil ich die rede entsliezen
kurzwîlen und ouch wizzen lân,
Swaz got wunders hie noch lie,
mit der welte ie begie,
daz huob sich dort und endet hie.
Nun lasst euch davon nicht verdrießen,
dass ich noch weitererzählt habe.
Ich will euch die Rede erklären
in aller Kürze und euch wissen lassen,
das was Gott mit den Menschen seither
an Wundern in der Welt begonnen hat,
das hat hier angefangen und wird hier enden.

Anmerkungen: (Wikipedia + Manfred Kern: Krieg der Worte – Kreuzzug und Poesie bei Walther
von der Vogelweide und Wolfram von Eschenbach, 2021)
In der 4. Strophe wird nicht nur gesagt wofür, sondern gegen wen es geht: Gegen die Heiden, also die Muslime, denen dieses Erlösungswerk Zorn bereiten muss. Kürzer kann der zentrale Konflikt und Focus des Liedes nicht angesprochen werden, als in der Formel, dass Christen, Juden u. Muslime den Erbanspruchstellen auf dieses Heilige Land (11. Strophe). Der Text argumentiert hier ganz im Sinne mittelalterlicher Territorialvorstellungen. Unausgesprochen bleibt zudem der Aspekt des Kriegszugs. Die suggestive Abgrenzung nach Außen, gegen Muslime und Juden, und die Drohung nach Innen mit dem Jüngsten Tag, leistet im Gestus der Beschwörung Vergemeinschaftung, erzwingt Zustimmung. Oder wer will angesichts der christlichen Mysterien, die es zu retten gilt, und angesichts des Jüngsten Gerichts hier aufstehen und „nein!“ sagen. Wir müssen uns die soziale Wirkung dieses Liedes vor Augen halten, dass es öffentlich, im sozialen Rahmen vorgetragen wurde.
Die Rezeptionsgeschichte zeigt uns, dass das Lied gerade zu einem Zeitpunkt tradiert wird, an dem es realpolitisch überhaupt nichts mehr zu sagen hat. Die handschriftliche Überlieferung setzt ab 1300 ein, zu einer Zeit, als mit dem Fall von Akkon 1291 die Kreuzzüge realhistorisch erledigt sind. Das Lied bedient eben nicht historische Erfahrung, sondern die Imaginationen, die Idee u. die Ideologie, deren Existenz jenseits der Geschichte in den Köpfen liegt. Gerade darin, dass das, was hier imaginiert wird, mit der Realhistorie nicht konform gehen muss, liegt das, was uns interessieren muss. Genau darin besteht auch die Brisanz von Literatur als Medium, das der Ideologie erst Sprache verleiht u. sie über ihre historische Zuständigkeit hinaus am Leben hält. Noch heute vermag uns das Lied in seinen suggestiven Bann zu schlagen, auch wenn wir ihm ideologisch natürlich nicht zustimmen.

Ougenweide – Palästinalied der legendären Vorreiterin des Mittelalter-Rock (1974)
Link: https://youtu.be/gSndt7PXX1k?si=cCrYUTkMVa2i5P3U
Susanne Krause: Marktklassiker der Histotainment-Musik: Die Rezeption mittelalterlicher Liedkunst in der  populären Musikkultur am Beispiel Walther von der Vogelweides „Palästinalied“, 2023
Dr. Joachim Rother: 74 Videos über MA: Link: https://www.youtube.com/@MDVAL_de/videos
Das berühmteste Lied des Mittelalters – das Palästinalied
Link: https://youtu.be/wopnMKpZtTY?si=Cpjy93MrG_-Wd0Ri
Schluss (u.a. 1.+2. Wikipedia u. 3. Prof. Ahmet Kuru: Islam, Autoritarismus und Unterentwicklung: Ein globaler und historischer Vergleich (Politik und Religion), 2024 Anlass u. Aufruf zum 1. Kreuzzug, Einnahme von Jerusalem u. Ursachen der Rückständigkeit der islamischen Welt – zentral auch für den aktuellen Nahostkonflikt, Precht & Lanz: Unwissenschaftlichkeit pur

1. Der erste Kreuzzug war kein Angriff, sondern ein Verteidigungskrieg
Palästina war Teil des Oströmischen Reichs, bis es 637 von den Arabern eingenommen wurde (siehe auch islamische Expansion bei Wikipedia). Papst Gregor VII. plante, sich 1074 an die Spitze eines Kriegszuges zur Eroberung Jerusalems zu setzen, um die Wirkungsstätten Christi wieder dem christlichen Abendland zurückzugewinnen. Die Wirren des Investiturstreits verhinderten die Umsetzung dieses Vorhabens.

Der byzantinische (oströmische) Kaiser Alexios I. Komnenos richtete wenige Jahre später Hilfegesuche an das lateinische Europa, da türkische Seldschuken sein Reich immer stärker bedrohten. Sie eroberten nach einer gegen Byzanz gewonnenen Schlacht von 1071 Anatolien und Antiochia. Das von inneren und äußeren Krisen geschüttelte Byzanz sah keine andere Möglichkeit einer Rückeroberung. Auch der Zugang zu den heiligen Stätten wurde verwehrt. Es kam zu vielen Gräueltaten der islamischen Machthaber gegen die christliche Bevölkerung des Heiligen Landes und die Verwüstung christlicher Stätten, beispielsweise der Grabeskirche 1009 in Jerusalem.
Auf der Synode von Clermont 1095 rief Papst Urban II. dann zur kriegerischen Befreiung der heiligen Stätten im Osten auf. Das spätere Motto des Kreuzzuges – Deus lo vult! („Gott will es!“) in seiner Rede vor einer großen begeisterten Menge ist sicher unhistorisch, da Urban Latein sprach und von den wenigsten verstanden worden wäre. Es war natürlich auch ein geschickt initiiertes machtpolitisches Instrument des Papsts im zersplitterten und von Machtkämpfen erschütterten Europa.
2. Die Christen richteten bei der Einnahme Jerusalems 1099 kein ungeheures Massaker an
Christliche u. muslimische Chronisten berichten von einem grausamen Massaker, dem neben der muslimischen u. jüdischen Bevölkerung auch die in Jerusalem verbliebenen koptischen u. syrischen Christen zum Opfer fielen. Muslimische Quellen gingen von 70 T Toten aus, christliche Schätzungen von 10 T Toten. Die hohen Zahlen wurden von der jüngeren Forschung widerlegt. Auf Basis einer hebräischen Quelle wird nunmehr von 3 T Opfern bei der Einnahme Jerusalems (ca. 20 T Einwohner) ausgegangen, bei der auch viele Gefangene gemacht wurden. Die Brutalität der Kreuzfahrer wurde von beiden Seiten stark übertrieben.
3. Ursachen für die Rückständigkeit der islamischen Welt innerislamisch bedingt (s.o., Kuru)
Warum weisen Länder mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit im Vergleich zum Weltdurchschnitt ein niedriges Maß an Demokratie und sozioökonomischer Entwicklung auf?
Laut Prof. Kuru hatten die Muslime in ihrer frühen Geschichte, als in Europa religiöse Orthodoxie und Militärherrschaft vorherrschten, einflussreiche Denker und Kaufleute. Die so genannte „Ulema-state alliance“ sei der entscheidende Faktor für die Rückständigkeit der islamischen Welt gewesen. Dieses Bündnis zwischen orthodoxen islamischen Gelehrten (den Ulema) u. Militärstaaten sei im 11. Jh. entstanden u. habe langfristig die intellektuelle, gesellschaftliche u. wirtschaftliche Kreativität u. Dynamik zerstört, die es in früheren Jahrhunderten gegeben habe. Die zuvor weitgehend unabhängigen Philosophen und Kaufleute seien immer mehr in der muslimischen Welt marginalisiert worden. Die Religionsgelehrten der Ulema vertraten einen theologisch fundierten Konservativismus, der jede Neuerung ablehnte und sich auf die Macht der Militärstaaten stützte und mit diesen kooperierte.
Die für den europäischen Sonderweg so zentrale Trennung zwischen geistlichen bzw. religiösen und weltlichen Sphären, die das Ergebnis des Investiturstreits war, gab es damit in der islamisch geprägten
Welt gerade nicht. In beiden Fällen war das 11. Jh. ein Wendepunkt.
Warum kam es zu dieser verhängnisvollen Entwicklung in der islamischen Welt? Nach Kuru war es ein Bündel von verschiedenen Faktoren. In seiner Analyse spielt der Mongoleneinfall (und nicht die Kreuzzüge!) eine zentrale Rolle. Er habe nicht nur Bibliotheken, Städte und Stätten islamischer Gelehrtheit zerstört – wie etwa Bagdad -, sondern vor allem zur Entstehung jener Militärstaaten geführt, die sich ihre Herrschaftslegitimation bei dem Ulema holen sollten. Daneben führt Kuru noch andere Faktoren an, etwa den Aufstieg der sunnitischen Orthodoxie, den fatalen Einfluss von Al-Ghazālī oder das Verbot des Buchdrucks. Hinzu kamen das unterentwickelte Bankenwesen (Zinsverbot bis heute) und das islamische Erbrecht, das u.a. zur Zersplitterung des Grundbesitzes führte.
Während im christlichen Europa „heidnische“ Philosophen wie Sokrates, Platon und Aristoteles sehr geschätzt und rezipiert wurden, erklärte sie der einflussreiche Al-Ghazālī zu Ungläubigen und verdammte sowohl griechische Philosophie als auch die Wissenschaften als ketzerisch. Das war im „Goldenen Zeitalter“ des Islam ab etwa 750 n. Chr. genau nicht der Fall gewesen. Kuru spricht sich für Reformen in den islamischen Theologien aus, speziell, was Epistemologie und die Rolle der Vernunft betrifft. In sozialer Hinsicht hingegen gelte: Ohne Intelligenzia und Bourgeoisie gibt es keinen gesellschaftlichen Fortschritt!
4. Precht & Lanz: Unwissenschaftlichkeit pur – ein wahres Precht-Mittel
Professor R.D. Precht hat sich seit dem Bucherfolg „Wer bin ich – u. wenn ja, wie viele?“ auch zu sehr vielen gesellschaftspolitischen u.a. Themen geäußert. Er ist seit 2012 Moderator der Talkshow Precht. Seit 2021, ebenfalls für das ZDF, ist Precht gemeinsam mit Markus Lanz im Podcast Lanz & Precht zu hören. Precht formuliert dort stets apodiktisch, wobei seine oft seltsamen Thesen immer weniger einem Faktencheck standhalten u. allenfalls – sehr wohlwollend formuliert – mittelPrechtig sind. Seine Ansichten über das dunkle Mittelalter sind jedoch haarsträubender Unsinn (Es gab nur die allmächtige uniforme Kirche, die das gesamte Leben der Menschen, die Politik und die Wirtschaft total beherrscht. Es gab keine öffentlichen Diskurse etc.). Vom Hochadel, Monarchen, Kaufleuten, kirchlichen Kontroversen u. Erneuerungsbewegungen hat er wohl noch nie etwas gehört. Solche Verdummungsformate sind für mich ein reines Precht-Mittel. Historische Aufklärung ist auch bei uns dringend notwendig.
Mein Rat: Wer von etwas keine Ahnung hat, sollte im TV nicht darüber reden.

Andrej Pfeiffer-Perkuhn (www.geschichtsfenster.de, beeindruckende 688 Videos über Mittelalter):
Prechts schräges Bild vom Mittelalter https://youtu.be/oOtp4ZLoaHE?si=fX_3UxbsoI8s6FNX
Herr Precht und die Geldwirtschaft, Geschichte ist wohl nicht seine Stärke
Link: https://youtu.be/4CfvrQXS1yQ?si=upYXe3eDfiw8l1JX
Gunnar Kaiser: Precht debunked | TOP 5 Irrtümer. Wie lange darf der das noch im ZDF?
Link: https://youtu.be/OBDVt-eOwTo?si=PHI6r9IAnEcPItc9

Fazit: Der Aufruf Papst Urbans zur Verteidigung der christlichen Stätten im Hl. Land war gerechtfertigt, die Durchführung der Kreuzzüge jedoch infolge der höchst unheiligen Motive der beteiligten Fürsten, Könige etc. aber eine reine Katastrophe. Die Eroberung Jerusalems war kein beispielloses Massaker. Die Ursache für die weitgehend bis heute bestehende Rückständigkeit der muslimischen Welt hat innerislamische Ursachen, die auch nur diese Länder durch Reformen u. kritische Reflexion ihrer eigenen Geschichte selbst beseitigen können. Es wäre auch eine wichtige Voraussetzung für einen wirklichen Frieden in Nahost.

Ausblick: Gerade jetzt sind erneut die Christen im Hl. Land bedroht. Es droht ein Massenexodus und die totale Marginalisierung angesichts der totalen jüdisch-muslimischen Polarisierung. Die 2-Staaten-Lösung ist m.E. unrealistisch. Wie wäre es denn mit einer Ein-Staaten-Lösung? Sicher noch unrealistischer, aber eigentlicher viel sinnvoller: Der Staat heißt dann Israel-Palästina, alle Einwohner haben die gleichen Rechte, es gibt die Trennung von Kirche und Staat und keinerlei Gebietsstreitigkeiten mehr.
Dann wäre (Israel)-Palästina wieder das Heilige Land der 3 Weltreligionen u. ein Symbol des Friedens.

Hier ein kurzes Statement zur immer katastrophaleren globalen politischen Lage:


Merz verkündigt einen „Herbst der (leider unsozialen) Reformen“ wegen der Neuverschuldung im Haushalt 2025 von 142 Mrd. €. Bis 2029 fehlen weitere 172 Mrd.
Da nach der nächsten Wahl wohl auch die Grünen für eine Mehrheit benötigt werden, hätten wir dann eine Afghanistan-Koalition. Da werden sich die Taliban
sicher mit dem neuen BK Kühn/Spahn freuen (Nationalflagge Afghanistans).
Trump führt die USA ins totale diktatorische Chaos. In Ukraine und Gaza gehen Kriegsverbrechen und Völkermord
mit noch größerer Härte weiter… Damit uns diese furchtbaren Nachrichten nicht depressiv werden lassen, widmen
wir uns nun voller Elan der wundervollen Euterpe’schen Poesie:
Weitere Infos unter: www.euterpe.kiss-me-quick.de und www.pegasus.horsekiss.de.

Zunächst Wissenswertes zum Thema Gedichte:
Das älteste Liebesgedicht der Welt (ca. 2.000 v. Chr.)

Dieses Gedicht, bekannt als „Liebeslied für Shu-Sin“, wurde im 19. Jahrhundert in Nippur, einer alten sumerischen
Stadt im heutigen Irak, entdeckt. Es wurde in Keilschrift auf eine Tontafel geschrieben und jahrzehntelang im
Archäologischen Museum von Istanbul gelagert, bis der Historiker Samuel Noah Kramer in den 1950er Jahren seine
wahre Bedeutung erkannte.Das Gedicht ist dem König Shu-Sin gewidmet, der um 2000 v. Chr. über Ur herrschte.
Darin beschreibt eine Frau ihre Sehnsucht nach ihrem Geliebten, preist seine Schönheit und drückt ihren Wunsch
aus, bei ihm zu sein. Doch es handelt sich nicht nur um ein einfaches Liebesgedicht – es war Teil eines heiligen
Hochzeitsrituals, in dem der König die Rolle des Gottes Dumuzi übernahm, während seine Partnerin die Göttin
Inanna, die Gottheit der Liebe und Fruchtbarkeit, verkörperte.
Für die Sumerer war die Verbindung zwischen dem König und der Göttin nicht nur symbolisch, sondern wurde als
entscheidend für das Gedeihen des Reiches betrachtet. Während religiöser Feste wurde eine Priesterin ausgewählt,
die Inanna darstellte. Nach einer Reihe von Zeremonien zog sie sich mit dem König zurück, um die Verbindung zu
vollziehen – ein Akt, der die Fruchtbarkeit des Landes und die Stabilität des Reiches sichern sollte.

Die Übersetzung des Gedichts: Eine zeitlose Liebeserklärung (2.000 v. Chr.)
Übersetzung von Samuel Noah Kramer „Die Geschichte beginnt in Sumer“:

„Ehemann, Geliebter meines Herzens.
Groß ist deine Schönheit, süß wie Honig.
Löwe, Geliebter meines Herzens,
Groß ist deine Schönheit, süß wie Honig.

Du hast mich verzaubert, lass mich zitternd vor dir stehen;
Ehemann, ich möchte von dir in die Kammer geführt werden.
Du hast mich verzaubert, lass mich zitternd vor dir stehen;
Löwe, ich möchte von dir in die Kammer geführt werden.

Ehemann, lass mich dich berühren;
Meine zärtliche Berührung ist süßer als Honig.

In der Kammer voller Honig,
Lass uns deine strahlende Schönheit genießen;
Löwe, lass mich dich berühren;
Meine zärtliche Berührung ist süßer als Honig.“

Eine einfache Liebesgeschichte oder eine Botschaft der Macht? Obwohl das Gedicht wie eine persönliche Liebeserklärung erscheint, glauben einige Historiker, dass seine Bedeutung weit über das Individuelle hinausging. In der sumerischen Gesellschaft war der König nicht nur der politische Herrscher, sondern seine legitimierte Autorität war untrennbar mit den Göttern verbunden. Die heilige Hochzeit diente dazu, seine göttliche Stellung zu festigen und sicherzustellen, dass seine Herrschaft mit den kosmischen Kräften im Einklang stand.
Ein ewiges Zeugnis von Geschichte und Liebe
Trotz der vergangenen Jahrtausende haben die auf dieser Tafel eingravierten Verse nichts von ihrer Kraft verloren. Emotionen, Sehnsucht und die Verbindung zwischen zwei Menschen sind universelle Konstanten – unabhängig von Epoche oder Kultur. Heute fasziniert die Tafel Istanbul 2461 weiterhin Archäologen, Historiker und Besucher des Museums, in dem sie ausgestellt ist. Sie ist ein greifbares Zeugnis dafür, dass Liebe seit den ältesten Zeiten eine zentrale Rolle in der menschlichen Existenz spielt – und bis heute nichts an ihrer Bedeutung verloren hat.

Egon Tschirch: Bilderzyklus „Das Hohelied Salomos“ Nr. 11 (1923) – Lizenz Cc-by-sa-3.0-de

Dieses Bild zeigt ein Werk des deutschen Künstlers Egon Tschirch (* 22.6. 1889 Rostock; † 5.2. 1948 Rostock). Sein
Erbe Wolfgang Adler erteilte die Erlaubnis, alle seine Werke unter der Lizenz Cc-by-sa-3.0-de zu veröffentlichen.

Auch im AT gibt es eine wunderbare Liebeslyrik, die auch von körperlicher Liebe handelt.
AT-EÜ: Das Hohelied Salomos (ca. 500 v. Chr.) – das Lied der Lieder: Schir ha-Schirim (HdL1-7)
(Die Frau spricht:)
Hld 1,1 Das Hohelied Salomos.
Hld 1,2 Mit Küssen seines Mundes bedecke er mich. / Süßer als Wein ist deine Liebe.
Hld 1,3 Köstlich ist der Duft deiner Salben, / dein Name hingegossenes Salböl; / darum lieben dich die Mädchen.
Hld 1,4 Zieh mich her hinter dir! Lass uns eilen! / Der König führte mich in seine Gemächer. Jauchzen lasst uns,
deiner uns freuen, / deine Liebe höher rühmen als Wein. / Dich liebt man zu Recht.
Hld 1,5 Braun bin ich, doch schön, / ihr Töchter Jerusalems, wie die Zelte von Kedar, / wie Salomos Decken.
Hld 1,6 Schaut mich nicht so an, / weil ich gebräunt bin. / Die Sonne hat mich verbrannt. Meiner Mutter Söhne
waren mir böse, / ließen mich Weinberge hüten; / den eigenen Weinberg konnte ich nicht hüten.
Hld 1,7 Du, den meine Seele liebt, / sag mir: Wo weidest du die Herde? / Wo lagerst du am Mittag? Wozu soll ich
erst umherirren / bei den Herden deiner Gefährten?
(Der Mann antwortet)
Hld 1,8 Wenn du das nicht weißt, / du schönste der Frauen, dann folge den Spuren der Schafe, / dann weide deine
Zicklein / dort, wo die Hirten lagern.
Hld 1,9 Mit der Stute an Pharaos Wagen / vergleiche ich dich, meine Freundin.
Hld 1,10 Schön sind deine Wangen zwischen den Kettchen, / dein Hals in der Perlenschnur.
Hld 1,11 Machen wir dir noch goldene Kettchen, / kleine Silberkugeln daran.
Hld 1,12 Solange der König an der Tafel liegt, / gibt meine Narde ihren Duft.
(Die Frau)
Hld 1,13 Mein Geliebter ruht wie ein Beutel mit Myrrhe / an meiner Brust.
Hld 1,14 Eine Hennablüte ist mein Geliebter mir / aus den Weinbergen von En-Gedi.
(Der Mann)
Hld 1,15 Schön bist du, meine Freundin, / ja, du bist schön. / Zwei Tauben sind deine Augen.
(Die Frau)
Hld 1,16 Schön bist du, mein Geliebter, verlockend. / Frisches Grün ist unser Lager,
Hld 1,17 Zedern sind die Balken unseres Hauses, / Zypressen die Wände …
Prof. Zimmer: Das hohe Lied der Liebe – der körperfreundlichste Text der Bibel
Link: https://www.youtube.com/watch?v=hlZEIImnsA0

Das berühmteste chinesische Gedicht von Li Bai: Stille Nachtgedanken (8. Jh. n. Chr.)
Vor’m Bette seh’ ich des Mondes Schein grell,
mir ist, als decke den Boden ein Reif.
Ich hebe den Kopf in den Lichtschein hell,
ihn senkend, mein Gedanke in die Heimat schweift. (Übers.: Dieter Ziethen)

Das bekannteste deutsche Gedicht
Das Gedicht „Abendlied“ stammt aus der Feder von Matthias Claudius (1779).

Der Mond ist aufgegangen,
Die goldnen Sternlein prangen
Am Himmel hell und klar;
Der Wald steht schwarz und schweiget,
Und aus den Wiesen steiget
Der weiße Nebel wunderbar.

Wie ist die Welt so stille,
Und in der Dämmrung Hülle
So traulich und so hold!
Als eine stille Kammer,
Wo ihr des Tages Jammer
Verschlafen und vergessen sollt.

Seht ihr den Mond dort stehen? –
Er ist nur halb zu sehen,
Und ist doch rund und schön.
So sind wohl manche Sachen,
Die wir getrost belachen,
Weil unsre Augen sie nicht sehn.

Wir stolze Menschenkinder
Sind eitel arme Sünder
Und wissen gar nicht viel;
Wir spinnen Luftgespinste
Und suchen viele Künste
Und kommen weiter von dem Ziel.

Gott, laß uns dein Heil schauen,
Auf nichts Vergänglichs trauen,
Nicht Eitelkeit uns freun!
Laß uns einfältig werden
Und vor dir hier auf Erden
Wie Kinder fromm und fröhlich sein!

Wollst endlich sonder Grämen
Aus dieser Welt uns nehmen
Durch einen sanften Tod!
Und, wenn du uns genommen,
Laß uns in Himmel kommen,
Du unser Herr und unser Gott!

So legt euch denn, ihr Brüder,
In Gottes Namen nieder;
Kalt ist der Abendhauch.
Verschon uns, Gott! mit Strafen,
Und laß uns ruhig schlafen!
Und unsern kranken Nachbar auch!

Deutsche u. Chinesen lieben Mond, Heimat und kranke Nachbarn, andere einen geliebten Menschen.

Wundervolle Parodie des Claudius’schen Abendliedes von Dieter Hildebrandt (gest. 2013) in Form
einer fiktiven Bundestagsrede des früheren Bundeskanzlers Helmut Kohl:
Der Mond,
meine Damen und Herren, und das möchte ich hier in aller Offenheit sagen,
ist aufgegangen!
Und niemand von Ihnen, liebe Freunde, meine Damen und Herren, wird mich daran hindern, hier in aller
Entschlossenheit festzustellen:
Die gold‘nen Sternlein prangen
und wenn Sie mich fragen, meine Freunde, wo, dann sage ich es Ihnen:
am Himmel!
Und zwar, und das sei hier in aller Eindeutigkeit gesagt, so, wie meine Freunde und ich uns immer zu allen
Problemen geäußert haben:
hell und klar.
Und ich scheue mich auch nicht, hier an dieser Stelle ganz konkret zu behaupten:
Der Wald steht schwarz und …
lassen sie mich das hinzufügen
und schweiget.
Und hier sind wir doch alle aufgerufen – gemeinsam -, die uns alle tief bewegende Frage an uns gemeinsam zu
richten: Wie geht es denn weiter? Und ich habe den Mut und die tiefe Bereitschaft und die Entschlossenheit, hier in
allem Freimut und aller Entschiedenheit zu bekennen, dass ich es weiß!
Nämlich:
Und aus den Wiesen steiget
das, was meine Reden immer ausgezeichnet hat:
der weiße Nebel wunderbar.

Das längste Gedicht der Welt ist das indische Epos Mahabharata mit rund 100.000
Doppelversen. Es ist eines der ältesten und größten literarischen Werke der Menschheit, das
epische Geschichten über Liebe, Leidenschaft, Not und Krieg erzählt. (ca. 400 v. Chr.)

Das kürzeste Gedicht der Welt (www.plories.de)
Viele haben sich bereits an einem möglichst kurzen Gedicht versucht. Haikus besitzen bekanntlich nur 3
Zeilen u. zählen somit als die kürzeste Gedichtform (s.u.). Sie müssen normalerweise die Struktur von
5, 7 u. 5 Lauteinheiten einhalten. Ein kurzer Dreizeiler (aber kein Haiku) mit dem Titel „Klimawandel“:

Ist nur ‘ne Farce
Oh, das wars
Dann auf zum Mars
Manche Gedichte sind noch kleiner und bringen es sogar auf nur drei Wörter wie z.B. „Fleas“ (Flöhe):
Adam
Had‚ em.
Dabei zählen wir ausnahmsweise den Titel nicht mit. Als Muhammad Ali 1975 nach „Fleas“ dem bis dato
kürzesten Gedicht der Welt gefragt wurde und was er davon halte, antwortete dieser:
I’ve got one: Me. We.

Er knüpfte damit perfekt an „Fleas“ an und erschuf ein neues Gedicht aus lediglich zwei Wörtern. Ohne
den Kontext ist es etwas schwierig einzuordnen, aber das ist bekanntlich bei vielen Gedichten der Fall.
Das kürzeste Gedicht
Gibt es noch kürzere Gedichte, z.B. nur ein Wort oder weniger? Dann kann es sich nicht mehr reimen,
aber das müssen Gedichte auch nicht, denn Poesie ist eine Form der Literatur, die ästhetische u. rhythmische Eigenschaften der Sprache – wie Phonästhetik, Klangsymbolik und Metrik – nutzt, um mehr zu
bedeuten, als es das sonst tun würde (frei nach Wikipedia).
Ein Versuch eines sehr kurzen Gedichtes:

A bee
Has to pee
On your knee

2 L8
Im Englischen hieße dies: „Too late“
N8
Ausgeschrieben als „Nacht“ können alle darin vorkommenden Wörter nacheinander folgenden Reim bilden:
„Nacht nach Acht.“
Laut Guinness-Buch der Rekorde ist bzw. war das offiziell kürzeste Gedicht von Aram Saroyan folgendes:
Es ist eine vierbeinige Version des Buchstabens „m“. Hierzu eine sehr schräge Interpretation:
Das Gedicht spielt mit der Bildung eines Alphabets, als ob sich „m“ und „n“ gerade trennen würden.
Es ist ein Wortspiel bezogen auf „I am“, welches die Entstehung eines Bewusstseins selbst impliziert.

Merkmale des Haiku
Hier die wichtigsten Haiku-Merkmale in Kürze:
Kürze: nur 3 Zeilen
Silbenvorgaben: 5,7,5 Silben 
oder etwas freier: 10 bis 17 Silben gesamt; die mittlere Zeile ist
meist die längste
Kein Titel
Keine Reime
Gegenwärtigkeit: Meist geht es um etwas in der Gegenwart oder um eine Person in der
Gegenwart, die sich an die Vergangenheit erinnert. Typisch sind Jahreszeitenworte oder Hinweise
aus der Natur, die das Gedicht zeitlich verankern
Konkretheit: Haikus stellen Erlebtes oder Blickwinkel nicht abstrakt, sondern konkret dar. (Bsp.:
sinnliche Details)
Äußere Welt: Meist wird etwas in der äußeren Welt gezeigt, weniger in der inneren Welt
(Gedanken, Emotionen) des Haiku-Schöpfers. Jahreszeitliche Erscheinungen u. Natur symbolisieren
meist die Gefühle.
Nachdenklich machend: Oft bleibt nach dem Lesen des Haikus ein Nachhall, etwas, das zum
Weiterdenken anregt, etwas offen Gelassenes.

Geschichte des Haiku (Haikus for runaways)
Die Geschichte des Haiku beginnt im Mittelalter in Japan, es entwickelte sich aus dem damals
verbreiteten Kettengedicht (Renga) heraus. In geselliger Runde war es üblich, nach bestimmten
Regeln reihum zu dichten. Teilweise hatten diese Kettengedichte bis zu 36 Strophen. Der erste Teil
eines solchen Kettengedichtes hieß Hokku und entsprach in etwa dem heutigen Haiku. Ein Beispiel
für ein kurzes Kettengedicht ist das Tanka mit 5 Zeilen mit je 5,7,5, und 7,7 Silben.
Ab der 1. Hälfte des 16. Jh. erschien das Hokku als eigenständige Gedichtform u. nicht nur als Teil
eines Kettengedichtes. Breiter bekannt wurde das Hokku erst im 17. Jh., meist als Scherzgedicht:

Fliegt die gefallene
Blüte zurück an den Zweig?
Ein Schmetterling!
von Arakida Moritake (1473-1549)

Im 17. Jh. trug Matsuo Bashō (1644-1694), entscheidend für die Ausbreitung des Hokku als ernsthafte Literatur bei. Von ihm sind rund tausend Hokku überliefert. Beispiele von Bashō:

Stille!
Der Zikadenlärm dringt
in den Stein.

Vollmond
Die ganze Nacht ging ich
rund um den Teich.

Und das meist zitierte:
Der alte Weiher,
ein Frosch springt hinein,
Oh! Das Geräusch des Wassers.

Erst im 19. Jh. erhielt das Hokku durch Masaoka Shiki (1867-1902) den Namen Haiku. Er betonte den Realismus im Haiku. Beispiel:

In der Kneipe
wird wieder laut gestritten.
Verschleierter Mond.

Anfang des 20. Jh. kam das Haiku nach Europa. Vorreiter war Frankreich, daraufhin fühlten sich deutsche Dichter davon inspiriert, so etwa Rainer Maria Rilke (1875 – 1926). Beispiel:

Kleine Motten taumeln schaudernd quer aus dem Buchs;
sie sterben heute Abend und werden nie wissen,
dass es nicht Frühling war.

Heutzutage ist das Haiku in fast allen Kulturen der Welt vertreten. Es gibt zahlreiche nationale Haiku-Gesellschaften, mehrere internationale Haiku-Vereinigungen, es werden europäische HaikuKongresse veranstaltet, in Japan gibt es Zeitungen mit Haikus und es ist dort eine Art meditativer Volkssport geworden, Haikus zu dichten. Auch im Rest der Welt hat sich das Haiku-Dichten zu einer weit verbreiteten Leidenschaft entwickelt, es gibt Haiku-Schulen, Haiku-Vereine, zahllose HaikuWettbewerbe und Haiku-Kolumnen in größeren Tageszeitungen.

Anregungen zum Haiku-Schreiben: Wohin die Worte tragen
Zuerst einmal ist es sehr praktisch, sich eine Vorlage herzustellen, eine Schablone, in die man,
ohne allzu viel zählen zu müssen, die Silben setzen kann. Einfach ein Blatt Papier nehmen und in
drei Zeilen je 5,7 und 5 Unterstriche zeichnen als Vorgabe für die Anzahl der Silben.
Eine perfekte Inspiration bieten die Natur, der Blick aus dem Fenster, Jahreszeiten, beobachtete
Kontraste, Gefühle, die sich im Außen spiegeln.
Wer üben möchte, kann einfach hinaus in die Natur gehen, sich irgendwo hinsetzen und eine
Kleinigkeit in der Umgebung ansehen. Eine kleine Scherbe auf dem Asphalt, ein Unkraut, das aus
der Wand wächst, ein Käfer, der auf dem Rücken liegt. Und dann ohne Perfektionsanspruch
losdichten, sich ausprobieren.
Gut ist, wenn man mehrere Vorlagen mitnimmt, so kann man mehrere Haikus schreiben. Letztlich
ist es ein Spielen und Ausprobieren, oft ohne genau zu wissen, wohin einen die Worte tragen. Und
oft ist man über das Ergebnis überrascht.
Falls direkt nach dem Schreiben der Haikus noch Unsicherheit da ist, ob das Gedicht einem
überhaupt gefällt: einfach abwarten und sich schrittweise von dem Schreibprozess lösen. Das kann
auch ein paar Tage dauern, erst dann sollte man das Haiku mit kritischen Augen betrachten (wenn
überhaupt).
Besonderen Spaß macht es auch, mit anderen Haiku-Dichtern hinaus in die Natur zu gehen, auf
einen Spaziergang oder eine Wanderung und vielleicht an einem gemeinsamen Haiku-Band zu
arbeiten. Gehen, hinsetzen, beobachten, schreiben, weitergehen. Und am Ende die frisch
entstandenen, komprimierten kleinen Wunder zusammentragen und sich daran erfreuen!
Hier ein paar weitere Beispiele:

Ich will auf der Zither spielen,
jetzt, wo der Mond und ich
ganz alleine sind.

Herbstblätter
Im Gras liegen Kastanien
Kinder weinen

In der Kneipe
wird wieder laut gestritten.
Verschleierter Mond.

Decken im Garten
eine Nacht ohne Haus
Neumond

Fliegt die gefallene
Blüte zurück an den Zweig?
Ein Schmetterling!

Viel Spaß beim eigenen Haiku Dichten !!