Analyse von Werbeanzeigen

Hier folgen nun 6 ausführliche Analysen von WA aus ganz unterschiedlichen Bereichen.

1. WA für die Porzellanserie „Elixyr“ der Firma Kahla PDF

2. Weihnachts-WA Erdgas + Solar PDF

3. WA „Erdgas + Solar“ PDF

4. WA der Firma Toshiba für Notebook Tecra A9 PDF

5. WA für das Monatsmagazin „NEON“ PDF

6. WA der Norddeutsche Klassenlotterie (NKL) PDF

Sie finden als PDF-Datei

1. die 6 farbigen Werbeanzeigen (oben jeweils hinter dem Titel) sowie ein paar weitere Beispiele zu Übungszwecken

2. eine kommentierte zweiseitige Übersicht über die rhetorischen Figuren der Werbesprache mit Beispielen

3. Hinweise zu Aufbau und schriftlicher Analyse einer Werbeanzeige.

Werbeanzeigen dieser Art finden sich im Übermaß in Wochenmagazinen, (Fach-) Zeitschriften etc., so dass Sie selbst weitere geeignete WA finden und analysieren können.

Zu Beginn alle wichtigen Infos zu Werbung und Werbeanzeigen:

Infos zur Analyse von Werbeanzeigen

1. Was ist Werbung?

Werbung ist laut Schwaiger/Schrattenecker (2005) „die beabsichtigte Beeinflussung von marktrelevanten Einstellungen und Verhaltensweisen ohne formellen Zwang unter Einsatz von Werbemitteln und bezahlten Medien“, wobei es im Folgenden nur um Produktwerbung geht. Das ältere und heute kaum mehr verwendete AIDA-Modell (Attention, Interest, Desire, Action) geht von 4 Wirkungsabsichten (Aufmerksamkeit, Interesse, Besitzwunsch, Kauf) aus.

2. Werbeziele

Neben Imagewerbung als übergreifendem Werbeziel gibt es 4 unterschiedliche Werbeziele:

1. Einführungswerbung (Information, Bekanntmachung und Aufbau eines Produkt- und Markenimages für neues Produkt). 2. Erhaltungs- oder Erinnerungswerbung (Fortsetzung der Bewerbung eines bekannten Produkts, Absatzerhaltung bzw. –förderung), 3. Stabilisierungswerbung (Absatzsicherung gegenüber Konkurrenz, Marktbehauptung), 4. Expansionswerbung (Erweiterung und Ausbau des Marktanteils eines Produkts).  

3. Werbeformen

Man unterscheidet zwischen Low-Involvement- und High-Involvement-Anzeigen, die sich bezüglich des Informationsverhaltens und –bedürfnisses des Konsumenten unterscheiden. Involvement (Ich-Beteiligung) ist das Engagement, mit sich jemand einer Sache oder Aktivität zuwendet.

3.1. Low-Involvement-Anzeige

Hierbei dominiert das Bild bei der Gestaltung der Werbebotschaft. Mögliche Rezipienten dieser Zielgruppe sind eher passiv, nehmen Werbung nur flüchtig wahr und haben kein spezifisches Interesse an der Werbebotschaft. Low-Involvement-Anzeigen weisen meist folgende 4 Merkmale auf: 1. Sie kommunizieren vor allem visuell mit Bildszenen, die Emotionen ansprechen und auslösen sollen. 2. Sie paraphrasieren den Bildinhalt in der Schlagzeile. 3. Sie verwenden meist Kurztexte ohne typografische Gliederungsmerkmale. 4. Sie sollen positiv besetzte Sinneseindrücke vermitteln.

3.2. High-Involvement-Anzeige

Hier dominieren sprachliche Textelemente bei der Gestaltung der Werbebotschaft. Rezipienten dieser Zielgruppe sind eher aktiv, nutzen Werbung auch zu Informationszwecken und haben subjektives Interesse an dem Werbeobjekt. High-Involvement-Anzeigen weisen meist folgende 5 Merkmale auf: 1. Sie kommunizieren vor allem sprachlich. 2. Sie suggerieren mit ihren sachlich erscheinenden Abbildungen Informativität. 3. In der Schlagzeile thematisieren sie einen bestimmten Sachverhalt. 4. Sie bestehen meist aus längerem Fließtext (oft mit Vorspann und Zwischenüberschriften). 5. Sie sprechen mit Argumenten Verstand und subjektives Gefühl des Rezipienten an.

4. Zielgruppenbestimmung

Hier sind neben 1. soziodemografischen Merkmalen (Alter, Geschlecht, Einkommen, Beruf) auch 2. psychologische Merkmale (Denkweise, Fühlen, Vorurteile, Sprachkompetenz), 3. soziologische Merkmale (Gruppennormen, –merkmale, Meinungsführer sowie Seh- , Lese- und sonstige Mediennutzungsgewohnheiten) und 4. Konsumdaten (Ausstattung mit Konsumgütern, Konsumbedürfnisse, reales Kaufverhalten) zu beachten.

5. Aufbau und Gliederung einer Werbeanzeige

Sie ist meist 3-teilig (Schlagzeile, Fließtext (Kurz- oder Langtext), Slogan (Schlusszeile), oft mit (erneuter) Produktnennung) oder 4-teilig (Schlagzeile, Fließtext, Slogan/Logo, Zusatztexte wie Lieferhinweise, Bestellcoupons oder zusätzliche Erläuterungen).

6. Schlagzeile (Headline)

Die Schlagzeile (Headline) befindet sich außerhalb des Fließtextes und oberhalb der anderen Textteile und ist der  Aufhänger einer Werbeanzeige. Besondere Kennzeichen: Weckung von Aufmerksamkeit, Neugier, Erheiterung, gibt nur Teilantworten, kurz und prägnant, mehrdeutige Aussage, auffällige Schrift).

Oft wird ein produktspezifischer Zusatznutzen behauptet, um das Produkt von Konkurrenzprodukten abzuheben durch

  • die besondere Hervorhebung einer Produkteigenschaft  (z. B. Headline einer Autowerbung von Jaguar XJ: „Aluminium wird zum Edelmetall“)
  • das Aufzeigen von besonderer Verwendungssituation oder Verbrauchsaspekt (z. B. Schlagzeile für Bonaqua sports water: „Bleib beim Sport länger in Form!“)
  • den Verweis auf besonderen Nutzen für den Konsumenten ( z. B. Headline für eine Bosch-Waschmaschine: „Beste Pflege für ihre zweite Haut“)
  • Einbettung des Produkts in allgemeine Wertvorstellungen (z. B. Headline für eine Breitling-Uhr: „Leistung. Prestige. Innovationsfreude“)

7. Werbetext (Fließtext)

Der Werbetext ist der eigentliche Textblock einer Werbeanzeige, wird in kleineren Schrifttypen gedruckt als Schlagzeile bzw. Slogan und dient nicht als Blickfang. Man unterscheidet zwischen Kurztext (Textblöcke bis zu 5 Sätzen, ohne erkennbare Gliederung, einfache Sätze, ohne komplizierten Inhalt, um Glaubwürdigkeit zu betonen) und Langtext (längere Informationstexte mit Absätzen und Überschriften). Er wird z.T. mit einem Slogan / Merkspruch abgerundet.

8. Text- bzw. Schriftgestaltung (Layout)

Text und Bild haben dabei besondere Eigenschaften, die sie für die Kommunikation in jeweils besonderer Weise geeignet machen. Schrift und Schriftbild stehen dabei in einem bestimmten Verhältnis zueinander. Während die Schrift den Inhalt vermittelt, kann das Schriftbild vor allem Emotionen ausdrücken bzw. beeinflussen. So nimmt der Leser einer Schrift ganz von selbst Eigenschaften wahr, die mitunter über die eigentliche Zeichenbedeutung hinausgehen.

In jedem Fall trägt die typographische Gestaltung dazu bei, dass und inwieweit sich die Aufmerksamkeit des Rezipienten auf den Text richtet. Die wichtigsten Faktoren sind dabei: Schriftfarbe, Schreibweise (Groß- oder Kleinschreibung), Schriftrichtung (umgekehrt, seitenverkehrt etc.), Schriftart (Antiqua, Grotesk, Fraktur), Schriftcharakter (Schriftschnitt: Varianten wie kursiv, mager, fett, Neigungsgrad), Schriftgröße  (Schriftgrad groß oder klein), Wiedergabe (g e s p e r r t, unterstrichen etc.), Schriftschnitte (normal, fett, kursiv), bildhafte Typographie (konkrete Poesie), Serifenschriften (z.B. Times New Roman), serifenlose Schriften (z.B. Arial, Tahoma), Schreibschriften (z.B. Handschriften) und Frakturschriften. Mögliche Wirkungen: verspielt, elegant, konservativ, individuell, dynamisch, sachlich-zeitlos, kräftig, persönlich, grell, aufdringlich etc.).  

9. Slogans

9.1. Arten von Slogans

Hierbei gibt es 4 Arten von Sprechhandlungen: 1. argumentierend („Mit Felsquellwasser gebraut“, Brauerei Krombach), 2. auffordernd („Test the West“, West; 3. behauptend („Persil bleibt Persil“, Henkel), 4. befehlend („BILD Dir Deine Meinung“, BILD-Zeitung; „Kaufen. Marsch, Marsch!“, Media-Markt) und 3 Arten von Thematisierungen: 1. des Produkts („Der macht die Welt verrückt.“, Renault Twingo), 2. des Werbenden / Unternehmens („Die tun was“, Ford), 3. des Konsumenten („Ich und mein Magnum.“, Langnese). Manchmal enthält er auch noch einen Zusatznutzen (s.o. Nr. 6).

9.2. Eigenschaften und Funktionen von Slogans

Slogans sollen Aufmerksamkeit erregen, die werbliche Botschaft auf einen „Nenner“ bringen, als verbales Signal fungieren und die Visitenkarte der Ware bzw. Marke abgeben. Gute Slogans zeichnen sich durch Kürze, Einfachheit, Eingängigkeit, Langlebigkeit und Unverwechselbarkeit aus.

10. Bildelemente

Es gibt 3 verschiedenartige Bildelemente: 1. Schlüsselbild (beworbenes Produkt: konkret, abstrakt oder sinnbildlich dargestellt), 2. Blickfang (Das ins Auge springende Bild, lenkt meist den Blick auf das Produkt.), 3. kleinere Bildelemente (Hervorhebung besonders wichtiger Produkteigenschaften).

11. Bild (Beschreibung)

Bei der Beschreibung von Bildern in Werbeanzeigen sind 4 Aspekte zu beachten:1. Ist das Bild dynamisch oder statisch? (Handelt es sich um ein Foto/ein stehendes Bild oder um eine Filmsequenz?) Suggeriert das Foto/Bild durch bestimmte Aufnahmetechniken (Unschärfe, Verwischen) Bewegung? 2. Ist das Bild bunt oder schwarz-weiß? 3. Ist das Bild formreal oder formabstrakt? 4. Sind die Bildinhalte wirklich oder fiktional?

12. Bild-Text-Gestaltung

Das Verhältnis von Text- und Bildinformationen in einer Werbeanzeige kann 1. textdominant (Text im Mittelpunkt, Bild nur Stimmung schaffend ohne Info, emotionaler Appell durch Bild), 2. bilddominant (Bild im Mittelpunkt und transportiert Werbebotschaft, Sprache nur wegen Nennung von Produkt, Marke, Slogan) oder 3. gleichwertig sein. Bei Letzterem unterscheidet man wieder zwischen

3.1. textzentrierter Werbung (Text und Bild drücken in etwa dasselbe aus; Bild überflüssig, Verdeutlichung und Konkretisierung des Textinhalts durch das Bild),

3.2. bildzentrierte Werbung (Text und Bild drücken in etwa dasselbe aus; Text überflüssig, meist Präzisierung und Erläuterung des Bildinhalts durch Text),

3.3. gegenseitig vereindeutigende Werbung (Text erscheint mehrdeutig oder verfremdet und ist ohne Bild nicht verständlich – und umgekehrt –, Text macht Bild eindeutig und verdeutlicht den Bezug – und umgekehrt). Sonderfall: Bild und Text haben auf den ersten Blick überhaupt nichts miteinander zu tun. Der dadurch entstehende Bildbruch kann unter Umständen eine höhere Aufmerksamkeit erregen und stärkere Aktivierung auslösen, da der Assoziationsspielraum vom Rezipienten selbst ausgefüllt werden muss.

13. Emotionale Appelle in der Werbung

Meist richten sich die emotionalen Appelle an: Erotik, Humor, soziale Bedürfnisse, Status und Prestige, Gesundheit, Sicherheit, Geborgenheit, Selbstbestätigung, Besitzenwollen, Schaffensdrang, Fürsorge (Kindchen-Schema), Neugierde, Selbstbehauptung, Selbstdarstellung, Spieltrieb und Angst.

1. Analyse einer WA

für die Porzellanserie „Elixyr“ der Firma Kahla

1. Überblicksinformation (Produktname, Unternehmen, Erscheinungsort und –zeit, Werbeziele, –botschaft, Zielgruppe)

Die vorliegende farbige WA fast im DIN-A4-Format stellt eine Produktwerbung für die Porzellanserie Elixyr der Firma Kahla dar. Sie ist im Wochenmagazin Focus Nr. 7 vom 12.02.2007, S.12 erschienen. Zielgruppen könnten besser verdienende aufstiegsorientierte Ehepaare ab 40 sein, die unaufdringliche Qualität und Eleganz auch bei Gebrauchsgegenständen schätzen, um so ihren sozialen Status zu unterstreichen.

2. Formale Analyse der WA (Art + Form der Werbung, Aufbau, High/Low-Involvement, Verteilung von Werbetext, Bild, Schlagzeile, Logo, Slogan)

Die WA ist vertikal in 2 Teile gegliedert, wobei die Fotomontage, in das die als Frage formulierte 2-zeilige Schlagzeile oben hineingesetzt ist, ca. 4/5 der WA einnimmt. Das 1/5 darunter ist horizontal in 2 Teile unterteilt, wobei das linke rote Rechteck und das rechte blaue Quadrat im Verhältnis 3:1 stehen. Alle Elemente sind durch einen weiß gehaltenen Abstand voneinander getrennt.

Das Gesamtfoto mit einer verkleinerten, badenden Frau in einem überproportional abgebildeten Porzellangefäß in der Mitte zeigt in einem Ausschnitt einen in dunklem Braungrün gehaltenen Tisch (vor einer dunkelbraunen Wand, was auf eine teure Einrichtung hinweist), auf dem einige Porzellangegenstände stehen. Die außergewöhnliche Kameraperspektive (fast auf Tischhöhe) bringt die Porzellangegenstände besonders groß und nur z.T. sichtbar ins Bild. So sieht man im linken Vordergrund eine angeschnittene Tasse mit einem Unterteller und daneben eine kleine Schale, die wohl die Kaffeemilch aufnehmen soll.

Im linken Hintergrund, ebenso nur als Teil erkennbar, befindet sich ein Suppenteller, der auf einem größeren Essteller steht. Alle sichtbaren Porzellangegenstände sind in glattem Weiß gehalten, das sich von dunkler Tischplatte und Hintergrund deutlich abhebt. Es sind meist abgerundete Formen, die in einem Licht- und Schattenspiel (Lichtreflexe) eine glänzende und glatt wirkende Oberfläche der Gegenstände bildlich erzeugen.

Im Mittelpunkt des Bildes befindet sich eine Schüssel, die im Gegensatz zu den anderen Gegenständen, deren Konturen unscharf sind, scharf abgebildet ist. Auf diesen fotografischen Brennpunkt soll sich auch die Aufmerksamkeit des Betrachters zunächst richten.

Im linken Teil befindet sich auf rotem Hintergrund ein 4-zeiliger Kurztext in Weiß, darunter ganz links der Name der Porzellanserie und darunter klein der Hinweis auf 3-fache Auszeichnung. Neben dem Produktnamen sind 5 Teile der Porzellanserie umrisshaft abgebildet, und am rechten Ende des linken Teils steht vertikal der Name der Designerin. Im rechten unteren Teil befinden sich auf dunkelblauem Hintergrund in Weiß die stilisierte Krone mit Firmenname und darunter der Firmen-Slogan. Ganz unten rechts dann klein die Internet-Adresse der Firma.

Es handelt sich um eine Low-Involvement-WA, da das Bild die Werbebotschaft dominiert und entsprechende Emotionen auslösen soll.

3. Interpretation der WA (genaue Analyse der einzelnen Elemente, deren Zusammenhang, emotionale Appelle, Wirkungen  etc.)   

Der Hauptblickfang ist eine unbekleidete Frau, die es sich in einer Schüssel bequem gemacht hat. Ihre Körperhaltung, die vom Kopf nass herunterhängenden schwarzen Haare (kontrastierend zum Weiß des Porzellans) und die Form der Schüssel zeigen, dass die Frau in dem Porzellangefäß ein Bad nimmt. Über den Schüsselrand hat sie ihren rechten Arm gelegt, an dessen Ende sie ihre Hand völlig entspannt außen baumeln lässt. Ihr rechtes Bein, das man etwas oberhalb des Knies zu sehen bekommt, ist unten auf der „Porzellanwanne“ mit dem Fuß am Rand aufgelegt u. verstärkt so den Eindruck von Entspannung und Genuss der Situation. Der Oberkörper der Frau, deren Haut in einem warmen hellen Braunton gehalten ist, ragt vom oberen Brustansatz ausgehend aus dem Gefäß heraus, an dessen anderem Ende sich die junge Frau anlehnt. Sie hält den Kopf etwas hoch, so als ob sie gerade irgendeinen Duft einatmen würde, während sie Augen und Mund im Zustand tiefster Entspannung und Ruhe geschlossen hält.

Das Bild soll die Emotionen des Betrachters ansprechen und sendet mit der Badesituation der nackten Schönen einen erotischen Appell aus, der von den runden und fließenden Formen des Porzellans aufgenommen wird. Deren Wirkung wird noch dadurch verstärkt, dass das Bad in der Porzellanwanne auch ein Appell an den Humor ist. Der Vorbeugung von Missverständnissen bei flüchtiger Betrachtung dient die 2-zeilige Schlagzeile (Zeilensprung) „Wie wohl fühlen Sie sich mit Ihrem Porzellan?“, die mit ihrer leichten u. weich wirkenden serifenlosen Schriftart eine rhetorische Frage aufwirft. Liest man nur die erste der 2 Zeilen der Schlagzeile, setzte man wohl die Frage eher wie folgt fort: „Wie wohl fühlen Sie sich in Ihrem Porzellan?“ Der scheinbare Widerspruch zur Original-Schlagzeile verweist daher auf das eigentliche Produkt.

Statt beim Träumen in der Wanne wird man an den Umgang mit dem eigenen Porzellan erinnert. Ferner wird mit der Schlagzeile auch ein besonderer Zusatznutzen für den Konsumenten betont, den nur dieses Produkt bietet: Das Rund-um-Wohlfühl-Gefühl nämlich, das den Käufer der Ware erwartet. Die 2 Alliterationen der 1. Zeile sollen noch das Wohlgefühl verstärken.

Außer Schlagzeile und Fotomontage enthält die WA noch weitere Textteile. Am oberen rechten Rand wird in kleiner weißer Schrift, die sich vom dunklen Hintergrund gut abhebt, der Produzent der Porzellanserie genannt: „KAHLA/Thüringen Porzellan GmbH“.

Im unteren Teil der Anzeige findet man im größeren Teil auf der linken Seite in einer durch sein helles Rot als Hintergrundfarbe abgegrenzten Fläche den 4-zeiligen Kurztext, darunter die Produktbezeichnung der Porzellanserie: Elixyr, was eine Anspielung auf das Fremdwort Elixier (Heil- und Zaubertrank: Lebenselixier) ist. Dieses Wortspiel erzeugt eine Vorstellung von Zauberhaftem und Luxuriösem.

Unter dem Schriftzug Elixyr in einer Groß- und Kleinschreibung wie Ober- und Unterlängen ignorierenden serifenlosen Schriftart befindet sich noch der Hinweis auf diese „dreifach preisgekrönte“ Produktserie, was die herausragende Produktqualität unterstreicht en soll.

Am rechten Seitenrand dieser Fläche ist vertikal der Name der Designerin „Barbara Schmidt“ angebracht, was die kreative Leistung des Produkts verdeutlichen soll. 5 verschiedene umrisshafte Abbildungen aus der Serie unterstreichen diese Design-Linie.

Der Kurztext in diesem Feld ist typografisch uneinheitlich gestaltet. Eine weich und schmal wirkende Schriftart wird mit unterschiedlichen Schriftgrößen eingesetzt, die bestimmte Ausdrücke durch die Wahl einer größeren Schriftart hervorheben soll. Der Kurztext lautet: „Spüren Sie einen Hauch von Luxus: Elixyr erzeugt Harmonie und Wohlgefühl – in außergewöhnlicher Emotionalität – Fließende Formen laden zum Berühren ein. Denn gutes Design ist nicht nur Ansichtssache. Genießen Sie es!“

Die Begriffe „Harmonie und Wohlgefühl“, „Berühren“ u. „Genießen“ sind dabei in einer größeren Schriftart gestaltet und stellen die „Brücke“ zum Bild und den emotionalen Appellen her, die von der Darstellung der badenden Schönen in dem Porzellangefäß ausgehen.

Der Kurztext besteht aus Hauptsätzen bzw. Ellipsen. Insofern ist der Satzbau einfach. Der Werbetext beginnt mit einer Aufforderung, die mit Doppelpunkt endet. Er appelliert an Wünsche der Rezipienten nach Prestige und sozialem Status.

Dieses Produkt ist kein „Geschirr“ im üblichen Sinne. Es ist ein Luxus, den man spüren, fühlen („außergewöhnliche Emotionalität“), „berühren“ und „genießen“ kann, wobei ein „Hauch von Luxus“ ein gängiger Slogan ist, der sehr dezent das Bedürfnis nach extravaganten Gebrauchsgegenständen anspricht.

Der einzigartige Nutzen des Produkts folgt hinter dem Doppelpunkt – die Behauptung, dass „Elixyr“ „Harmonie und Wohlgefühl“ erzeugt. Ein Gedankenstrich beendet diesen 1. Gedanken und verweist auf die außergewöhnlichste der genannten Produktqualitäten.

Es strahlt eine „außergewöhnliche Emotionalität“ aus. Damit schließt der Kurztext wieder an die Aussage der Schlagzeile und der Abbildung der Frau an. Zugleich wird das Produkt mit dem hochwertigen Adjektiv „außergewöhnlich“ aufgewertet.

Der nächste Satz des Werbetextes greift deren emotionale und erotische Appelle wieder auf, indem von den „fließenden Formen“ die Rede ist, die „zum Berühren“ einlüden. Wieder verstärkt die Alliteration das beabsichtigte harmonische Wohlgefühl. Grundlage für die Wirkung der Aussage ist überdeutlich der Wunsch nach Berührung der Frau. Die Zweideutigkeit bleibt auch im nächsten Satz erhalten, der vordergründig eine Begründung für den Wunsch nach Berührung liefert. Design ist so nicht nur eine Sache für den Verstand, sondern auch für Gefühle. Daher ist der Schlussappell des Werbetextes folgerichtig. Die Aufforderung „Genießen Sie es!“ setzt damit konsequent die dominierenden Werbeappelle um.

Unten rechts befindet sich auf blauem Hintergrund – in Weiß wie auch die anderen Elemente – das Logo und in Großbuchstaben der Schriftzug der Firma („KAHLA“) mit der stilisierten Krone darüber (5 Sterne = herausragend), die den besonderen Wert der Firma und ihrer Produkte unterstreichen soll.

Unter dem Logo steht ebenfalls in Großbuchstaben, aber deutlich kleiner gehalten, der Slogan der Firma („Porzellan für die Sinne.“). Dieser Slogan hat behauptenden Charakter und appelliert zugleich wieder an emotionale Bedürfnisse und Wünsche. Dabei vermittelt er nicht nur Gefühlswerte, die mit den Begriffen „Sinne“ oder Sinnlichkeit verbunden sind, sondern er beabsichtigt, durch Übertragung diese Wünsche mit dem Produkt gleichzusetzen, um damit eine ersatzweise Befriedigung verborgener Wünsche und Sehnsüchte bei den Käufern auf symbolischem Weg zu ermöglichen.

4. Fazit (persönlicher Gesamteindruck, Zusammenfassung der Ergebnisse, Vergleich mit anderen Marken, Zielgruppenerreichung etc.)

Die WA ist sehr ansprechend und harmonisch gestaltet. Die erotischen Appelle sind sehr dezent, nicht aufdringlich und daher zielgruppengerecht.

Das gleiche gilt für die unterschwelligen Appelle an Prestige und Demonstration eines erlesenen zeitgemäßen Geschmacks und Humor. Der männliche Anteil der Zielgruppe fühlt sich sicher durch die nackte, badende Frau und den Doppelsinn des Kurztextes angesprochen. Aber auch Frauen könnten sich mit dieser erotischen Schönen identifizieren, weil sie vielleicht auch so begehrenswert sein möchten.

Die stilisierte Krone (Anklang an Hochadel) auf edlem dunkelblauem (blaublütigen!) Hintergrund wird hier sicher unbewusst ihre Wirkung entfalten, zumal die verwendeten Farben (Blau-Weiß-Rot = Trikolore) etwas Edles signalisieren. Eine ähnliche Wirkung erzielen die im Werbetext besonders herausgehobenen Wörter und das moderne Design der abgerundeten Porzellangegenstände.

Bewusst hebt sich die aus der gleichnamigen Stadt in Ostdeutschland stammende Firma von den großen renommierten Porzellan-Manufakturen (KPM und Meißener Porzellan) ab, die eher eine reichere und zugleich viel traditionsbewusstere Käuferschicht ansprechen.

 

2. Analyse der Weihnachts-WA Erdgas+Solar

1. Überblicksinformation

Die vorliegende aktuelle, farbige WA im DIN-A4-Format ist Teil einer Anzeigenserie und stellt eine Produktwerbung für Erdgas u. Solarenergie im Haus dar.

Als Wirtschaftswerbung und besonders hier taktische Aktionswerbung dient sie der Förderung des Absatzes und der Expansion. Die WA der unter dem Namen ERDGAS zusammengefassten Unternehmen der Gaswirtschaft ist im Spiegel Nr. 50 (vom 12.12. 2011, S. 34) erschienen.

Der appellative Charakter der WA kommt in 2 Texthandlungen zum Ausdruck. So wird über die Vorteile des Produkts informiert und mit dem Anreiz eines Gewinnspiels zum Kauf der Produkte angeregt. Die WA richtet sich an politisch interessierte, z.B. Spiegel lesende Eltern (ab 40 Jahre) mit einem (geplanten) Einfamilienhaus, die der besser verdienenden, gehobenen Mittelschicht angehören und denen Umweltschutz u. Kinderfreundlichkeit viel bedeuten.

2. Formale Analyse der WA

Die WA ist vertikal in 3 Teile gegliedert, wobei sich ganz oben in schwarzen Buchstaben die 2-zeilige Schlagzeile „Ein Geschenk für Sie und die Umwelt: Erdgas + Solar“ befindet. Beide Zeilen sind mittig gesetzt. Die 1. Zeile ist normal, die 2. Zeile dagegen fett gedruckt. Es handelt sich hierbei um eine etwas kindlich wirkende Schreibschrift, wobei die einzelnen Buchstaben z. T. wie Druckbuchstaben durch eine kleine Lücke voneinander getrennt sind und sich gut vom fast milchig-weißen Hintergrund abheben. Beide Zeilen neigen sich ganz leicht nach oben, um den Eindruck des Handgeschriebenen zu verstärken.

Darunter befindet sich eine Abbildung mit einem kindlich umrisshaft, mit unregelmäßigen schwarzen Strichen gezeichneten Einfamilienhaus, die über 1/2 der gesamten WA umfasst. Die dem Betrachter zugewandte Seite des Hausdachs wird durch 6 dunkelblaue Sonnenkollektoren weitgehend ausgefüllt.

Dem größtenteils verdeckten Schornstein links auf der Rückseite des Hauses entsteigt rechts über dem Haus der typisch rote Schlitten eines Weihnachtsmannes – oben mit weißem Saum, in dem der Weihnachtsmann in ebenfalls rotem Kostüm sitzt – neben sich einen Tannenbaum, den er der nächsten Familie schenken wird. Er winkt dem Rezipienten zum Abschied zu. Sein Schlitten wird von 3 Rentieren gezogen, deren Geschirr und Zügel ebenfalls in Rot gehalten sind. Das vorderste Rentier (Rudolph mit der roten Nase) ist ebenso zielgruppengerecht. 2 geschwungene schwarze kurvige Linien vom Schornstein zum Schlitten – umspielt von kleinen gelben und orangefarbenen Weihnachtssternen – deuten an, dass dieser mit hoher Geschwindigkeit zum nächsten Haus unterwegs ist.

Die ebene Erde ist ebenfalls durch einen waagerechten unebenen, handgezeichneten Strich dargestellt. Der eigentlich unsichtbare Keller wird durch eine gestrichelte Linie verdeutlicht, in dem sich im rechten Teil des Kellers ein hellgrauer Gasbrenner befindet, umrandet mit einer rot-braunen Schleife, was den Gasbrenner als Weihnachtsgeschenk des Weihnachtsmannes kennzeichnet. Die grüne waagerechte Linie darunter symbolisiert die Umweltfreundlichkeit des Erdgases.

An der linken Hauswand ist eine überproportional abgebildete 4-köpfige Familie abgebildet, ebenso mit weißer Linie umrandet. Der Vater hat einen dunkelblauen Pullover u. eine dunkle Jeans an und trägt die ca. 6-jährige Tochter, die einen rosafarbenen Pulli anhat, auf dem Arm. Rechts neben ihrem Mann steht die Mutter, die eine beigefarbene Jeans trägt sowie einen dunkelgrünen Pullover. Links neben dem Vater steht der ältere, ca. 10-jährige Bruder, der auch mit Jeans und bläulich-grauem Pulli bekleidet ist. Rechts neben dem Gasbrenner befindet sich ein großes, rechts leicht nach oben geneigtes, rotbraunes Rechteck – etwa halb so groß wie das Haus –, auf dem sich im oberen 1/3 rechts ein Tannenzweig und auf diesem ein gelbes, mit einer orangefarbenen Schleife versehenes Geschenkpaket befindet. Darunter steht in Weiß die Aufforderung, sein Glück zu machen und einen 6.000 Euro Modernisierungszuschuss für die neue Erdgas-Heizung zu gewinnen. Ganz unten im Rechteck befindet sich noch ein Hinweis auf die entsprechende Website von Erdgas.

Im gesamten unteren 1/4 befindet sich ein rechteckiger, oben links u. unten rechts abgerundeter, blattgrüner Kasten, in dem alle Buchstaben und Symbole in Weiß gehalten sind und sich dadurch vom Untergrund abheben. Über dem Langtext – in serifenloser Schrift wie die gesamte WA – befindet sich in erheblich größeren Buchstaben die einzeilige Schlagzeile „ERDGAS + Solar macht Weihnachten noch gemütlicher.“ Darunter steht ein 7-zeiliger Langtext (der wie auch der 2. Text vertikal 2/3 des Kastens einnimmt) mit der Aufzählung der Vorteile von Erdgas, dass das Fest nicht nur warm mache, sondern auch noch das Portemonnaie und die Umwelt schone. Daher sollte man seinen alten Heizkessel gegen eine moderne Erdgas-Heizung eintauschen, um sich so mit dem Online-Gewinnspiel bis zum 26.12. u.a. die Chance auf einen Modernisierungszuschuss zu sichern.

   Unter diesem Langtext steht als neue größere Überschrift die Aufforderung „Jetzt mitmachen auf: www.erdgas.info“. Darunter befindet sich ein 4-zeiliger Text mit rechtlichen Hinweisen und Voraussetzungen für die Teilnahme am Gewinnspiel. Rechts unten im Kasten steht in Großbuchstaben der Name der Unternehmensgruppe, rechts daneben das Firmenlogo in Form eines weißen stilisierten Blattes. Unter dem Firmennamen steht der Firmenslogan „Natürlich effizient“.

   Es handelt sich um eine Low-Involvement-WA, da Abbildung und Farben eindeutig die Werbebotschaft dominieren und an die Emotionen der Rezipienten appellieren. Die Schlagzeile gibt nur den Bildinhalt wieder. Der kürzere Langtext vermittelt nur wenig wirkliche Informationen und steht nicht im Vordergrund. Zwar ist die Zielgruppe nicht passiv, sondern sehr aktiv, jedoch mehr empfänglich für subjektives Empfinden als für nüchterne Zahlen u. Fakten.

3. Interpretation der WA

Der Hauptblickfang ist zunächst das nur in Umrissen gezeichnete Einfamilienhaus mit der 4-köpfigen Familie. Ganz bewusst wird keine realistische Darstellung eines Einfamilienhauses gezeigt, da dies nur von der tatsächlichen Werbebotschaft ablenken würde. Die unregelmäßigen Striche und die kindlich wirkenden Zeichnungen insgesamt vermitteln ein gewolltes Bild von Unperfektheit, da Äußerlichkeiten und Korrektheit im Detail in dieser Zielgruppe sicher keinen hohen Stellenwert haben. Der Gasbrenner im Keller ist zwar fotorealisch, aber ohne Produktnamen dargestellt. Die weiß umrandete Linie soll nämlich signalisieren, dass es nicht um eine konkrete Marke geht, sondern hier jeder Gasbrenner eingesetzt werden könnte. Entscheidend ist, dass er wenig Platz einnimmt. Ein Einfamilienhaus ist nicht nur teurer als ein Reihenhaus, sondern signalisiert auch mehr Individualität, was für die Zielgruppe sicher sehr wichtig ist.

Die Sonnenkollektoren auf dem Dach sind direkt über dem Gasbrenner angeordnet, um die gute Kombination dieser alternativen Energien (Erdgas + Solar) auch optisch zu unterstreichen. Die elliptische und dadurch prägnant wirkende Schlagzeile ist doppeldeutig. Denn Erdgas + Solar ist nicht nur ein Geschenk zu Weihnachten, sondern auch für die Umwelt, womit an Kreativität und Sprachwitz der Rezipienten appelliert wird. Der Doppelpunkt soll die Aufmerksamkeit auf die darunter stehenden Produkte lenken. Das Dunkelblau der Sonnenkollektoren findet sich farblich im Pulli des Vaters wieder, womit eine subtile (unterschwellige) Verbindung zwischen dem Mann und den Sonnenkollektoren hergestellt wird.

Einen 2. Blickfang stellt der große rotbraune Kasten neben dem Gasbrenner bzw. dem Hauskeller dar. Damit wird an das Bedürfnis appelliert, zu Weihnachten etwas ganz Besonderes zu schenken und gleichzeitig dabei noch 6.000 € zu gewinnen. Der Schlitten mit dem Weihnachtsmann zeigt hier sehr deutlich, dass die WA fast ganz auf wirkliche Sachinformationen verzichtet, sondern nur an ökologisch und kindlich inspirierte Emotionen der Rezipienten appelliert (Rentier Rudolph, s.o.). Gerade Familien mit kleinen Kindern werden sich dadurch angesprochen fühlen.

Auch die überdimensional große und daher sehr auffallende 4-köpfige Familie links neben dem Haus repräsentiert neben der möglichen Zielgruppe das erstrebte Lebensgefühl, das mit diesen alternativen Energien erreicht werden soll. Diese Familie ist ebenfalls mit einer weißen Linie umrandet, als ob sie aus einem anderen Bild ausgeschnitten und hier etwas unterhalb der ebenerdigen Linie eingesetzt worden wäre. Hier könnte jede Familie der Zielgruppe abgebildet sein, besonders natürlich die der Rezipienten. Diese Familie sieht dank der alternativen Energien sehr glücklich aus und ist sehr leger gekleidet. Der Vater trägt die Tochter auf dem Arm, die ihre Arme um den Hals ihres Vaters geschlungen hat, zum Zeichen inniger Verbundenheit. Ihre Hände ruhen dabei auf denen ihrer Mutter, die sich an ihren Mann anlehnt, ihre Hände auf die rechte Schulter ihres Mannes gelegt hat und wie die gesamte Familie lächelnd zum Rezipienten schaut.

Der sich an Vater u. Tochter anlehnende, cool blickende Sohn mit verschränkten Armen komplettiert dieses Bild der rundum harmonischen und in sich ruhenden, idealen Familie. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass Sohn und Mutter sich jeweils leicht zum Vater mit der Tochter auf dem Arm hin neigen, was deren Zusammengehörigkeitsgefühl unterstreicht.

Der z. T. abgerundete u. dadurch eleganter und natürlicher wirkende blattgrüne Kasten rundet die WA ab. Sehr geschickt wird wieder durch den ebenfalls grünen Pulli der Mutter auch optisch die Verbindung der Familie mit dem Produkt und dem Info-Kasten hergestellt. Die Natürlichkeit und der Umweltaspekt dieser WA werden durch die durchscheinenden Blattrippen des Kastens noch zusätzlich betont.

Die 1-zeilige Schlagzeile über dem Langtext „ERDGAS + Solar macht Weihnachten noch gemütlicher.“ hebt mit diesem Versprechen den Zusatznutzen für die Rezipienten hervor: Jede/r möchte es schließlich Weihnachten gemütlich – am besten: noch gemütlicher – haben, wobei die weiße Schrift unbewusst an Unschuld (der Natur) appelliert. Besonders wird betont, dass Erdgas besonders CO2-arm ist, da dieses Gas bekanntermaßen entscheidend zur Erderwärmung beiträgt. Hier wird also wieder die Erhaltung der Umwelt appelliert. Damit hat auch die Umwelt – wie die Familie des Rezipienten – einen Grund, an Weihnachten zu feiern. Diese Personifizierung passt gut zu der kindlich-naiven Gestaltung der WA.

Die persönliche Ansprache und die direkten Aufforderungen („Tauschen Sie … und sichern Sie sich …“), verbunden mit dem Gewinnanreiz über 6.000 € sowie die aufwertenden Adverbien und Adjektive („besonders“, „moderne“, „satten“, „attraktive“ etc.) erhöhen beim Rezipienten die Aufnahmebereitschaft für die Werbebotschaft der WA, wozu auch der harmonische Effekt der Alliterationen („nicht nur“, „sichern Sie sich“) und das abschließende „Viel Glück!“ beitragen.

Die 2. Überschrift darunter „Jetzt mitmachen auf: www.erdgas.info“ appelliert nochmals an den Rezipienten, die Gewinnchance zu ergreifen. Jedoch weist der sehr klein gedruckte Text einschränkend darauf hin, dass das Los entscheidet, also nur eine Person 6.000 € gewinnen kann, wobei die Modernisierung mit Erdgas nachweislich bis zum 30. Juni erfolgt sein muss. Erst danach wird ein etwaiger Gewinn ausgezahlt. Der Hinweis auf die Website suggeriert zumindest, dass dort die hier fehlenden Detailinformationen zu finden seien. Rechts unten im Kasten steht der Name der Unternehmensgruppe ERDGAS, rechts daneben das Firmenlogo in Form eines weißen, stilisierten Blattes, auch wieder ein Hinweis auf Umwelt. Unter dem Firmennamen steht der Firmenslogan „Natürlich effizient“, wieder ein Wortspiel, da „natürlich“ sowohl von Natur abgeleitet ist, als auch selbstverständlich bedeutet.

4. Fazit

Die WA ist sehr einfach und übersichtlich gestaltet, wobei die serifenlose Schrift den Eindruck von Einfachheit und Natürlichkeit unterstreicht. Die Farben wirken harmonisch und sind gut aufeinander abgestimmt. (grün = Umwelt, weiß = Unschuld und unberührte Natur, rot bzw. rotbraun: weihnachtlich-festlich wie Weihnachtsmann. Bewusst wird auf Detailinformationen und Fachbegriffe verzichtet. Dominierend ist die kindlich-naive Gestaltung. Hier wird in 1. Linie an gesunde Umwelt und intakte, harmonische, glückliche Familie, Kinderfreundlichkeit, Sicherheit, aber auch Sparsamkeit und Sprachwitz appelliert. Es wird bewusst auf die üblichen Tricks von WAs (Erotik, leere Versprechen) verzichtet, da die sicherlich stark ökologisch orientierte Zielgruppe hierfür wohl nicht besonders empfänglich ist.

Daher muss sie auch nicht aufwändig von den Vorteilen alternativen Energien überzeugt werden. Ob diese gebildete Zielgruppe jedoch durch die recht naive Gestaltung der WA wirklich den entscheidenden Anstoß zur Entscheidung für diese alternativen Energiearten erhält, ist fraglich. Auch die klischeehaft dargestellte Familie ist weniger zielgruppengerecht. Ferner entsteht durch die Austauschbarkeit vieler Elemente der Eindruck von Beliebigkeit der WA. Durch den Reaktorunfall von Fukushima wird der Trend – trotz aktueller Reduzierung der Solarenergieförderung – jedoch ohnehin stärker zu diesen Energieträgern gehen, so dass es solcher Werbemaßnahmen wohl gar nicht mehr bedarf. Dabei spielt mangels Alternativen (Atomstrom, Öl) der Preis bald nur noch eine untergeordnete Rolle.

 

3. Analyse der WA „Erdgas + Solar“

1. Überblicksinformation

Die vorliegende farbige WA im DIN-A4-Format stellt eine Produktwerbung für Erdgas und Solarenergie im Haus dar. Die Absatzwerbung der unter dem Namen ERDGAS zusammengefassten führenden Unternehmen der Gaswirtschaft und starker Partner aus Verbänden der Branche ist im Spiegel Nr. 6 (07.02.2011, S. 45) erschienen. (Der appellative Charakter kommt in 2 Texthandlungen zum Ausdruck, die die WA realisiert. So wird über das Produkt u. seine Vorteile informiert und damit zum Kauf der Produkte angeregt.)

Die WA richtet sich an jüngere, politisch interessierte, Spiegel lesende Eltern (ca. 40 Jahre) mit einem (vorhandenen oder geplanten) Einfamilienhaus, die der besser verdienenden gehobenen Mittelschicht angehören, denen Umweltschutz und Kinderfreundlichkeit viel bedeuten.

2. Formale Analyse der WA

Die WA ist vertikal in 2 Teile (4/5 u. 1/5) gegliedert, wobei sich im obersten Fünftel (in schwarzen Buchstaben die 3-zeilige Schlagzeile „Gut kombiniert: Erdgas im Keller und Solar auf dem Dach.“ befindet. Die gesamte Schlagzeile ist nicht ganz mittig, sondern etwas nach links verschoben und nimmt etwa 1/2 der waagerechten Fläche ein. Die 1. Zeile ist normal, die etwas nach rechts verschobene 2. und 3. Zeile dagegen fett gedruckt. Es handelt sich hierbei um eine etwas kindlich wirkende Schreibschrift, wobei die einzelnen Buchstaben z. T. wie Druckbuchstaben durch eine kleine Lücke voneinander getrennt sind und sich gut vom fast milchig-weißen Hintergrund abheben. Die Zeilen 1 +3  neigen sich leicht nach unten, die 2. Zeile tendiert ganz leicht nach oben.

Unter der Schlagzeile befindet sich eine Abbildung mit einem kindlich umrisshaft, mit unregelmäßigen schwarzen Strichen gezeichneten Einfamilienhaus, die ca. 3/5 der WA umfasst. Die dem Betrachter zugewandte Seite des Hausdachs wird durch 6 dunkelblaue Sonnenkollektoren weitgehend ausgefüllt.

Dem größtenteils verdeckten Schornstein entsteigen lauter kleine Blumen statt Rauch, wobei fast nur die etwa zur Hälfte orangefarbenen Blüten zu sehen sind. Die schwarz umrandeten farblosen Blumen sehen aus wie von Kinderhand gezeichnet. Die ebene Erde ist ebenfalls durch einen waagerechten unebenen, handgezeichneten Strich dargestellt. Der eigentlich nicht sichtbare Keller wird durch eine gestrichelte Linie verdeutlicht, in dem sich im rechten Teil des Kellers ein sehr hellgrauer Gasbrenner befindet, umrandet mit einer weißen Linie und einer grünen waagerechten Linie im unteren Bereich.

Rechts über dem Haus befindet sich in Höhe der aus dem Schornstein aufsteigenden Blümchen eine ebenfalls kindlich gezeichnete gelbe, lachende Sonne mit sehr unregelmäßig gezackten Strahlen, einem großen, geöffneten Mund und 2 schwarzen Punkten als Augen.

An der linken Hauswand ist eine überproportional abgebildete 4-köpfige Familie zu sehen, ebenso mit weißer Linie umrandet. Der Vater hat einen dunkelblauen Pullover und eine dunkle Jeans an und trägt die ca. 6-jährige Tochter, die einen rosafarbenen Pulli anhat, auf dem Arm. Rechts neben ihrem Mann steht die Mutter, die eine beigefarbene Jeans trägt sowie einen dunkelgrünen Pullover. Links neben dem Vater steht der ältere, ca. 10-jährige Bruder, der auch mit Jeans und bläulich-grauem Pulli bekleidet ist. Rechts neben dem Haus sind 3 kindlich stilisierte Blümchen abgebildet mit rotbraunen Blütenblättern.

Im gesamten unteren 1/5 befindet sich ein rechteckiger, oben links und unten rechts abgerundeter, blattgrüner Kasten, in dem alle Buchstaben u. Symbole in Weiß gehalten sind und sich dadurch von Untergrund abheben. Über dem 6-zeiligen Langtext – in serifenloser Schrift wie die gesamte WA – befindet sich in erheblich größeren Buchstaben die einzeilige Schlagzeile „Gut für die Umwelt und fürs Portemonnaie: Erdgas + Solar.“ Darunter steht ein 6-zeiliger Langtext mit der Aufzählung der ökologischen Vorteile dieser Energiearten. Rechts unten im Kasten befindet sich in Großbuchstaben der Name der Unternehmensgruppe, rechts daneben das Firmenlogo in Form eines weißen stilisierten Blattes. Unter dem Firmennamen steht der Firmenslogan „Natürlich effizient“. Links unten findet sich ein 1-zeiliger Hinweis auf weitere Informationen mit Angabe der Webseite der werbenden Unternehmensgruppe.

Es handelt sich um eine vorrangig Low-Involvement-WA, da die Abbildung und die Farben eindeutig die Werbebotschaft dominieren und an die Emotionen der Rezipienten appellieren. Die Schlagzeile gibt nur den Bildinhalt wieder. Es findet sich hier auch ein kürzerer Langtext, der aber wenig wirkliche Informationen vermittelt und nicht im Vordergrund steht. Zwar ist die Zielgruppe nicht passiv, sondern im Gegenteil sehr aktiv, jedoch mehr empfänglich für subjektives Empfinden als für nüchterne Zahlen und Fakten.

3. Interpretation der WA

Der Hauptblickfang ist natürlich das nur in Umrissen gezeichnete Einfamilienhaus mit der 4-köpfigen Familie. Ganz bewusst wird keine realistische Darstellung eines Einfamilienhauses gezeigt, da dies nur von der tatsächlichen Werbebotschaft ablenken würde. Die unregelmäßigen Striche und die kindlich wirkenden Zeichnungen insgesamt vermitteln ein gewolltes Bild von Unperfektheit, da Äußerlichkeiten und Korrektheit im Detail in dieser Zielgruppe sicher keinen hohen Stellenwert haben. Der Gasbrenner im Keller ist zwar fotorealisch, aber ohne Produktnamen dargestellt. Die weiß umrandete Linie soll nämlich signalisieren, dass es nicht um eine konkrete Marke geht, sondern hier jeder Gasbrenner eingesetzt werden könnte. Entscheidend ist, dass er wenig Platz einnimmt. Ein Einfamilienhaus ist nicht nur teurer als ein Reihenhaus, sondern signalisiert auch mehr Individualität, was für diese Zielgruppe sicher sehr wichtig ist.

Die Sonnenkollektoren auf dem Dach sind direkt über dem Gasbrenner angeordnet, um die gute Kombination (Schlagzeile oben) dieser alternativen Energien (Erdgas + Solar) auch optisch zu unterstreichen. Die elliptische und dadurch prägnant wirkende Schlagzeile ist doppeldeutig. Denn wer dies tut, hat gut kombiniert und kann gut kombinieren, womit an Kreativität und Sprachwitz der Rezipienten appelliert wird. Der Doppelpunkt soll die Aufmerksamkeit auf die geschickter weise untereinander stehenden Produkte lenken. Das Dunkelblau der Sonnenkollektoren findet sich farblich im Pulli des Vaters wieder, womit eine subtile (unterschwellige) Verbindung zwischen dem Mann und den Sonnenkollektoren hergestellt wird.

Die aus dem Schornstein aufsteigenden, z.T. kindlich stilisierten Blümchen sind Symbole für die Umweltfreundlichkeit des Gasbrenners, wobei der Eindruck erweckt wird, als würden dabei überhaupt keine schädlichen Abgase dem Schornstein entweichen. Hier zeigt sich sehr deutlich, dass die WA fast ganz auf wirkliche Sachinformationen verzichtet, sondern nur an ökologisch und kindlich inspirierte Emotionen der Rezipienten appelliert.

Auch die rechts neben dem Haus stehenden 3 Blümchen mit rotbraunen Blütenblättern wirken wie kindlich gemalt. Sie haben orangefarbene Gesichter, erkennbar an den angedeuteten lachenden Mündern und den Augenpaaren. Die grünen Blätter an den grünen Stängeln sehen wie Ärmchen aus. Gerade Familien mit kleinen Kindern werden sich dadurch angesprochen fühlen. Die ebenso kindlich-naiv dargestellte lachende Sonne, die den Sonnenkollektoren (Schattierungen!) Energie spendet, soll symbolisieren, dass diese dank gesunder Atmosphäre Grund zur Freude hat. Die unregelmäßig langen und angeordneten Sonnenstrahlen stehen wiederum für Natürlichkeit. Die weiße Umrandung verdeutlicht, dass Solar auch bei verdeckter Sonne oder bewölktem Himmel funktioniert.

Auch die überdimensional große und daher sehr auffallende 4-köpfige Familie links neben dem Haus repräsentiert neben der möglichen Zielgruppe das erstrebte Lebensgefühl, das mit diesen alternativen Energien erreicht werden soll. Diese Familie ist ebenfalls mit einer weißen Linie umrandet, als ob sie aus einem anderen Bild ausgeschnitten und hier etwas unterhalb der ebenerdigen Linie eingesetzt worden wäre. Hier könnte jede Familie der Zielgruppe abgebildet sein, besonders natürlich die der Rezipienten. Diese Familie sieht dank der alternativen Energien sehr glücklich aus und ist sehr leger gekleidet. Der Vater trägt die Tochter auf dem Arm, die ihre Arme um den Hals ihres Vaters geschlungen hat, zum Zeichen inniger Verbundenheit. Ihre Hände ruhen dabei auf denen ihrer Mutter, die sich an ihren Mann anlehnt, ihre Hände auf die rechte Schulter ihres Mannes gelegt hat und wie die gesamte Familie lächelnd zum Rezipienten schaut. Der sich an Vater und Tochter anlehnende, cool blickende Sohn mit verschränkten Armen komplettiert dieses Bild der rundum harmonischen und in sich ruhenden, idealen Familie. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass Sohn und Mutter sich jeweils leicht zum Vater mit der Tochter auf dem Arm hin neigen, was das Zusammengehörigkeitsgefühl dieser Familie unterstreicht.

Der z.T. abgerundete u. dadurch eleganter und natürlicher wirkende blattgrüne Kasten rundet die WA ab. Sehr geschickt wird wieder durch den ebenfalls grünen Pulli der Mutter auch optisch die Verbindung der Familie mit dem Produkt und dem Info-Kasten hergestellt. Die Natürlichkeit und der Umweltaspekt dieser WA werden durch die durchscheinenden Blattrippen des Kastens noch zusätzlich betont. Die Schlagzeile „Gut für die Umwelt und fürs Portemonnaie: Erdgas + Solar.“ hebt den Zusatznutzen für die Rezipienten hervor: Er schont die Umwelt und auch seinen Geldbeutel, was auch für ihn selbst Vorteile bringt. Gut ist eine positiv besetzte Anapher. Die elliptische Form verstärkt noch deren einprägsame Wirkung, wobei die weiße Schrift unbewusst an Unschuld (der Natur) appelliert.

Im darunter stehenden Langtext werden nochmals alle Vorteile aufgezählt: „Brennwerttechnik und Solarthermie schonen die Umwelt u. ihr Portemonnaie“. Die Fachbegriffe und Fremdwörter sollen Wissenschaftlichkeit signalisieren. Zugleich wird der Rezipient direkt angesprochen (ihr). Die anschließende Frage „Wie das geht?“, setzt eine entsprechende direkte Frage voraus, so dass der Eindruck eines Dialoges entsteht. Die Antwort wird mit der beruhigenden Ellipse „Ganz einfach“ eingeleitet. Die anschließende Erklärung erfüllt auch diesen Anspruch, da bei Sonnenschein „die Sonnenenergie zur Wassererwärmung und zum Heizen genutzt“ wird. „Und sonst sorgt Erdgas für die nötige Energie.“ Dies klingt sehr überzeugend, wobei die Alliterationen den positiven Aspekt noch unterstreichen. Auf die finanziellen Einsparungen geht dieser Text überhaupt nicht mehr ein, da sich dieser Vorteil (kostenlose Sonnenenergie) scheinbar von selbst ergibt. Die abschließende Feststellung, dass man umweltschonende Technologien kaum einfacher und effizienter kombinieren könne, wird sprachlich durch Fremd- bzw. Fachwörter sowie aufwertende Hochwörter (sehr einfach und hocheffizient, gut) verstärkt. Die serifenlose Schrift verdeutlicht den Eindruck von Einfachheit und Natürlichkeit.

Links unten findet sich die Angabe der Webseite der werbenden Unternehmensgruppe, bei der man weitere Informationen erhalten kann. Damit wird der Eindruck erweckt, als ob dort die hier fehlenden Informationen zu finden seien. Rechts unten im Kasten steht der Name der Unternehmensgruppe ERDGAS, rechts daneben das Firmenlogo in Form eines weißen, stilisierten Blattes, auch wieder ein Hinweis auf Umwelt. Unter dem Firmennamen steht der Firmenslogan „Natürlich effizient“, wieder ein Wortspiel, da natürlich sowohl von Natur abgeleitet ist, als auch selbstverständlich bedeutet.

4. Fazit

Die WA ist sehr einfach u. übersichtlich gestaltet. Die Farben wirken harmonisch und sind gut aufeinander abgestimmt (grün = Umwelt, weiß = Unschuld bzw. unberührte Natur). Dominierend ist die kindlich-naive Gestaltung. Hier wird in 1. Linie an gesunde Umwelt sowie intakte, harmonische, glückliche Familie, Kinderfreundlichkeit, Sicherheit, aber auch Sparsamkeit sowie Sprachwitz appelliert. Es wird bewusst auf die üblichen Tricks von WAs (Erotik, leere Versprechen, scheinbare Rabatte etc.) verzichtet, da die sicherlich stark ökologisch orientierte Zielgruppe hierfür wohl nicht besonders empfänglich ist.

Daher muss sie auch nicht aufwändig von den Vorteilen alternativen Energien überzeugt werden. Ob diese überdurchschnittlich gebildete Zielgruppe jedoch durch die meines Erachtens reichlich naive Gestaltung der WA wirklich den entscheidenden Anstoß zur Entscheidung für diese alternativen Energiearten erhält, halte ich für fraglich. Auch die klischeehaft dargestellte Familie ist weniger zielgruppengerecht .Ferner entsteht durch die Austauschbarkeit vieler Elemente der Eindruck von Beliebigkeit der WA. Seit dem Reaktorunfall von Fukushima geht der Trend jedoch ohnehin so stark zu diesen Energieträgern, dass es solcher Werbemaßnahmen gar nicht mehr bedarf. Dabei spielt mangels Alternativen (Atomstrom, Öl) der Preis bald keine Rolle mehr.

4. Analyse der WA der Fa. Toshiba für Notebook Tecra A9

1. Überblicksinformation

Die vorliegende farbige Werbeanzeige (WA) im DIN-A4-Format ist im Fach- bzw. Anwendermagazin „Akcente“ (2008), Ausgabe 34, S. 31 erschienen u. stellt eine Produktwerbung für das Notebook Toshiba Tecra A9 dar. Als Wirtschaftswerbung und besonders hier taktische Aktionswerbung dient die Werbeanzeige der Förderung des Absatzes.

Der appellative Charakter dieser Werbung kommt in 2 Texthandlungen zum Ausdruck, die die Werbeanzeige realisiert. So wird über das Produkt u. seine Beschaffenheit informiert und zugleich zum Kauf des dargestellten Notebooks angeregt. Die WA richtet sich an die Zielgruppe der vorwiegend männlichen jüngeren, aufstiegsorientierten, unter 40-jährigen, die in kaufmännischen Berufen arbeiten und Notebooks beruflich nutzen.

2.1. Formale Analyse der WA

Die WA ist vertikal in 3 Teile und horizontal in 5 Teile gegliedert. Das linke Drittel nimmt etwa die Hälfte der Anzeige ein, so viel wie die 2 anderen Teile. Ganz oben links befindet sich die Topline „Toshiba empfiehlt Windows Vista ® Business“ mit dem registriertem Warenzeichen ®, etwas darunter als Schlüsselbild das – im Vergleich zum Foto des Pokerspielers – überdimensional groß abgebildete silberfarbene Notebook mit dem in weißen Großbuchstaben gehaltenen Firmennamen TOSHIBA. Rechts davon im 2. Drittel, etwa auf gleicher Höhe wie der Laptop, die 3-teilige Schlagzeile, darunter die 2-zeilige Unterschlagzeile und nach einem kleinen Absatz ein 8-zeiliger Langtext – beides in Schwarz (wiederum mit dem registrierten Warenzeichen ® für „Intel ® Centrino ® 2 Prozessortechnologie“) –, der Nennung des Produktnamens und Informationen zur Doppelgarantie. Darunter wiederum ein Slogan in Schwarz, der diesen Informationstext abrundet, sowie als Texteinschub der Hinweis auf die Website von Toshiba, wo man die genauen Teilnahmebedingungen hierfür findet.

Unter diesem Textblock steht in Großbuchstaben der Firmenname in Rot und darunter der Slogan von Toshiba („Leading Innovation“).

Sehr weit unten u. rechts von der Anzeigenmitte unter dem Slogan befindet sich ein Foto eines Pokerspielers (Kameraperspektive unter Tischhöhe) mit dunklem Anzug und rotem Schlips, der ein Kartenspiel mit roter Rückseite in den Händen hält und auch das 3. vertikale Drittel einnimmt.

Ganz unten, unter dem Pokerspieler, über die gesamte Schmalseite der WA gehend, befindet sich in Schwarz und klein gedruckt ein 4-zeiliger Langtext u.a. mit rechtlichen Hinweisen zu den Teilnahmebedingungen für den Erhalt und die Inanspruchnahme der Doppelgarantie.

Oben rechts im 3. vertikalen Drittel in Höhe der Topline befindet sich ein Bildtext, der aus einem vertikal lang gestreckten, abgerundeten Rechteck in Blau besteht. Etwa 2/3 des oberen Bereichs innerhalb dieses Rechtecks nimmt auf weiß-rotem Hintergrund das Logo der Firma Intel und ihr Produkt (intel Centrino®2 insideTM in blauen, roten bzw. weißen Buchstaben) ein. Darunter steht in Weiß auf blauem Hintergrund der 2-zeilige Slogan der Firma Intel: „Leistung zum Mitnehmen“, wobei der Zeilensprung die Aufforderung zum Mitnehmen unterstreicht.

Es handelt sich um eine überwiegend High-Involvement-WA, da sie in einem Fachmagazin erschienen ist, die sprachlichen Textelemente und das Produkt bei der Gestaltung der Werbebotschaft stärker im Vordergrund stehen, das Foto des Pokerspielers unterdimensional und nicht in der Mitte der WA abgebildet ist und die Rezipienten dieser Zielgruppe Werbung auch zu Informationszwecken nutzen sowie subjektives Interesse an dem Werbeobjekt haben.

2.2. Interpretation der WA

Der Hauptblickfang ist neben dem Laptop natürlich der unten rechts abgebildete Pokerspieler. Dieser sitzt wohl an einem dunkelroten Tisch (edel), der ganz unten rechts noch zu erkennen ist. Er hat extrem kurz geschorene Haare, einen leichten 3-Tage-Bart, trägt einen dunklen Nadelstreifenanzug mit Weste, ein weißes Hemd mit Manschettenknöpfen und eine knallrote Krawatte, die leicht gelockert ist, so dass der geöffnete Hemdkragen als Zeichen der Entspanntheit zu sehen ist. Seine Hände sind vergrößert abgebildet, (deutlich sichtbar der silberne Ring am linken Daumen), damit sie und das Kartenspiel besser in das Blickfeld geraten. Mimik, Gestik und Outfit des Pokerspielers vermitteln zielgruppengerecht den Eindruck von Coolness, Entschlossenheit, Unangepasstheit, aber dennoch eleganter und teurer Kleidung. Es sieht so aus, als mische er gerade die Karten neu.

Dieser Pokerspieler verkörpert von Typ, Aussehen und Gestik die anvisierte Zielgruppe: risikobereit, entspannt, flexibel und bereit, die Karten ganz neu zu mischen sowie die sich ergreifende Chance im Beruf konsequent und clever zu nutzen. Sein Kopf ist vom Betrachter aus etwas rechts angewinkelt, als wolle er die anderen am Tisch mustern, taxieren und versuchen einzuschätzen (typisches Pokerface). Sicherlich auch eine wichtige Eigenschaft im Geschäftsleben.

Die rote Signalfarbe setzt sich fort im Firmennamen (TOSHIBA), im Bildtext oben rechts mit dem Produktnamen Centrino 2 der Firma Intel und schließlich in den 3 pfeilartigen Spiegelstrichen in Form des Größer-gleich-Zeichens vor der 3-teiligen Schlagzeile. Diese ist in edlen, grauen Großbuchstaben gefasst und bezieht sich direkt auf die abgebildete Person und die Situation (Pokerspiel).

Dieser Pokerspieler „braucht ein Ass im Ärmel“. Die Zweiteiligkeit betont wiederum das Wort Ass. Dieses bildhafte (Metapher) Wortspiel steht für Glück, aber auch unfaire Methoden. Der 2. Teil der Schlagzeile besteht nur aus der elliptischen direkten Anrede „Sie nicht“, was bedeutet, dass der Rezipient solche Tricksereien nicht nötig hat. Dann folgt der 3. Teil mit der nochmals wiederholten Anrede des Rezipienten (Anapher): „Sie haben die Doppelgarantie!“

Das 2. bildhafte (Metapher) Wortspiel der Unterschlagzeile „Pokern Sie nicht, wenn es um die Qualität Ihres Notebooks geht“, setzt die direkte Anrede fort und appelliert wieder an das Sicherheitsbedürfnis dieser Zielgruppe, die schließlich oft schon eine Partnerin hat und von daher tatsächlich nur begrenzte Risiken eingehen möchte.

Im Langtext darunter wird das Wortspiel mit dem Pokern fortgeführt, da die Rezipienten mit dem Tecra A9-Notebok dank der Aktion „Doppelgarantie“ das „perfekte Blatt“ (Pokersprache) hätten. Das ist der Traum jedes Pokerspielers, da er dann wirklich kein „Ass im Ärmel“ braucht.

Im Folgenden wird dann erklärt, worin die Doppelgarantie besteht (kostenlose Reparatur und zusätzliche Erstattung des vollen Kaufpreises). Dies ist sicher für die in Frage kommenden Rezipienten, die wahrscheinlich täglich mit Preiskalkulationen zu tun hat, sehr attraktiv, so dass sie dies als Kaufargument empfinden werden.

Zusätzlich wird noch mit „sorgenlose(r) Mobilität dank überragender Qualität und der modernsten Intel Centrino Prozessortechnologie“ geworben. Gerade die anvisierte Zielgruppe, die z.B. aufgrund ihrer Kundenbetreuung sehr mobil ist und trotzdem online sein muss, wird sich hier angesprochen fühlen, da diesbezügliche Funktionsprobleme der Albtraum jedes Benutzers sind.

Das Fachvokabular verstärkt noch den Eindruck der Seriosität der WA, wobei die Superlative (modernste, überragend) das Produkt zusätzlich aufwerten. Auch die Symbole ® (= eingetragenes Warenzeichen) und TM (= Unregistered Trade Mark) als eingetragene bzw. noch unregistrierte Warenzeichen unterstreichen den seriösen und qualitätsbetonten Charakter der WA. Der Slogan „Das kann nur Toshiba.“ betont die Einzigartigkeit von Toshiba und rundet diesen Kurztext ab.

Ein weiterer Hauptslogan unter dem Firmennamen in roten Großbuchstaben („Leading Innovation“) wertet die Firma mit Hochwörtern als führend bei technischen Neuheiten auf. Die 3 kleinen, nach rechts zeigenden Pfeilspitzen, die zunehmend fetter gedruckt sind, weisen auf die untere Abbildung hin.

Oben links unter dem Intel Logo wird wiederum im 2-teiligen Slogan die Leistung betont, die man einfach nur mitnehmen möchte, wobei Leistung wiederum ein Wert ist, der in dieser Zielgruppe ganz oben angesiedelt ist.

Links oben ist das Produkt abgebildet, wobei der Laptop etwas aufgeklappt (wie ein A: Assoziation zur Typenbezeichnung A9 oder zum ASS) an und auf den Längsseiten stehend zum Betrachter hin gewandt ist, so dass man rechts einen kleinen Teil des Displays erkennen kann.

Das Notebook hat eine auffällig glänzende, silberfarbene, nach oben hin fast schwarz werdende Beschichtung, die sehr edel aussieht. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass der Laptop wohl auf einem Glastisch steht, worauf die unterhalb angedeutete Spiegelung des Notebooks hinweist.

   Der klein gedruckte Langtext ganz unten enthält rechtliche Hinweise in der Kaufleuten vertrauten juristischen Fachsprache, welche Voraussetzungen zur Erlangung der Doppelgarantie notwendig sind (Garantieregistrierung, Anmeldung zur Aktion Doppelgarantie und Gültigkeitsfrist dieser Aktion) sowie u.a. Erklärungen zu den Marken von Intel und den eingetragenen Warenzeichen). Diese Einschränkungen im Kleingedruckten sind typisch für Werbung.

3. Fazit

Die WA ist recht gut auf die Zielgruppe abgestimmt u. appelliert geschickt an deren sozialen Status, Prestige, Schaffensdrang, Fachkompetenz, aber auch Risikofreude u. Humor sowie deren Bedürfnis nach hochwertiger Technik u. zugleich störungsfreiem Gebrauch eines Laptops. Der abgebildete Pokerspieler u. die Pokersprache sind ebenfalls zielgruppengerecht, ebenso wie die Doppelgarantie, die den Eindruck erweckt, dass hier Qualität u. Preis-Leistungsverhältnis stimmen.

   Schließlich muss sich Toshiba von den zahllosen Sonderangeboten der Billigdiscounter Lidl, Aldi etc. abheben, mit deren Niedrigpreisen die Firma sicher nicht konkurrieren kann, da es sich hier um eine gehobene Preisklasse handelt, für die die anvisierte Zielgruppe aber meist das Geld hat u. auch auszugeben bereit ist.

   Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch genügend Personen dieser Zielgruppe, die sehr stark auf den Preis schauen u. genau überlegen, ob sie für ihre beruflichen Zwecke wirklich solch ein anspruchsvolles Notebook brauchen. Von daher wird die Käuferschicht trotz aller Qualität, je nach Einkommen, doch recht begrenzt bleiben, da gerade in dieser Branche der Arbeitsplatz gerade bei den Jüngeren keineswegs immer sicher ist, so dass Familienväter wohl bei solchen Anschaffungen zurückhaltender sein werden.

5. Analyse der WA für das Monatsmagazin „NEON“

1. Überblicksinformation

Die vorliegende farbige Werbeanzeige (WA) fast im DIN-A4-Format stellt eine Produktwerbung für das Monatsmagazin „NEON“ des Hamburger Verlagshauses Gruner u. Jahr dar. Sie ist farbig gestaltet. Als Wirtschaftswerbung, u. bes. taktische Aktionswerbung dient die WA der Förderung des Absatzes.

Sie ist in der Zeitschrift „Stern“ vom 03.09.2009 erschienen. Der appellative Charakter dieser Produktwerbung kommt in 2 Texthandlungen zum Ausdruck, die die WA realisiert. So wird über das Produkt und seine Beschaffenheit informiert u. zugleich zum Kauf des Magazins angeregt.

„NEON“ richtet sich an die Zielgruppe der vorwiegend weiblichen 20- bis 30-jährigen, die schon erwachsen sind, aber sich noch zu jung dafür fühlen.

2.1. Formale Analyse der WA

Die WA ist vertikal in 3 Teile gegliedert, wobei sich das abgebildete, aufgeklappte NEON-Magazin vom Oktober 2009 in der Anzeigenmitte befindet u. knapp 1/2 der Anzeige einnimmt, so dass die 2 Umschlagseiten sichtbar sind. Rechts von der Bildmitte befindet sich das Deckblatt des Magazins.

Links davon sieht man das 48-seitige Modeheft, das als Zugabe anders herum an das Magazin angeheftet ist, so dass die letzte Umschlagsseite mit dem Modeteil auf dem Kopf steht. Dies soll den Eindruck verstärken, dass der Modeteil genauso wichtig ist wie das Magazin selbst. Der Leser soll selbst entscheiden, welcher Teil vorne und hinten bzw. wichtiger und unwichtiger ist. Über und unter dem Magazin befindet sich je eine nur leicht abgewandelte Schlagzeile mit einem Kurztext, wobei der unter dem Magazin stehende Textteil ebenfalls auf dem Kopf steht. Unten links gibt es noch einen weiteren Kurztext, der auch oben rechts wiederum auf dem Kopf stehend abgedruckt ist. Der Hintergrund der Anzeige ist dunkel gehalten, so dass sich das farbige Magazin und die weißen Buchstaben der Kurztexte umso wirkungsvoller davon abheben.

Mit Ausnahme der oben rechts und unten links abgedruckten Kurztexte sind Schlagzeilen und Kurztexte über und unter dem Magazin sowie die abgebildete Zeitschrift selbst nicht waagerecht angeordnet, sondern neigen sich von rechts nach links leicht nach oben (positiv-optimistische Aufwärtsrichtung), wobei das Magazin selbst links und rechts etwas größer abgebildet ist als im DIN A4-Format, so dass der linke und rechte Rand der Zeitschrift nicht ganz sichtbar ist. Somit wird der Anschein erweckt, dass das Magazin in Wirklichkeit noch größer und bedeutender ist.

Auf den beiden Umschlagsseiten des Magazins ist nicht nur das Logo NEON in Großbuchstaben oben bzw. unten und auf dem Kopf stehend abgebildet, sondern auch links am Rand das Stern-Logo auf rotem, auf dem Kopf stehenden Rechteck – kleiner als die Buchstaben von NEON – und darunter in Weiß die Internetadresse von NEON, die jeweils links und rechts bündig mit dem roten Rechteck abschließt.

Über dem Logo NEON des Magazins befindet sich in kleiner schwarzer Schrift ein Hinweis auf den Extra-Modeteil mit Offenbarung von Geheimnissen der Leser. Auf dem schmalen Rücken des Magazins stehen noch der Name des Magazins sowie Monats- und Jahresangabe dieser Ausgabe.

Die auf dem Kopf stehende und links von der Bildmitte befindliche Vorderseite des Modeteils zeigt auf sehr hellgrauem Hintergrund eine junge Frau mit kurzärmeligem rotem Kleid und links daneben eine Schlagzeile in Zitatform mit Angabe von Namen und Alter der Frau darunter in Klammern. Unten links ist ein kleiner schwarzer Kreis mit gut lesbarem einzeiligen Hinweis auf den angehängten Modeteil und weiterem sehr klein gedruckten Info-Kurztext in Weiß abgebildet.

Rechts davon befindet sich die Umschlagseite des Magazins NEON, dessen Hintergrund einen Gesichtsausschnitt eines aufeinander liegenden Liebespaars beim Küssen bildet. Links unten wiederum – diesmal auf grünem Hintergrund – ein kleiner Kreis mit weißen Buchstaben, der die gut sichtbare 2-zeilige Schlagzeile „sofort verlieben!“ in weißen Buchstaben enthält, und darunter ein sehr klein gedruckter Kurztext als Erklärung.

Es handelt sich um eine Low-Involvement-Anzeige, da die z.T. erotischen Bilder die Werbebotschaft dominieren und entsprechende Emotionen auslösen sollen.

 2.2. Interpretation der WA

Der Hauptblickfang ist natürlich der die ganze Umschlagsseite des Magazins einnehmende Gesichtsausschnitt des aufeinanderliegenden, küssenden Paares, wobei die Frau unten liegt. Die Lippen von beiden sind geöffnet und vermitteln den Eindruck momentaner sinnlicher Erotik. Die Frau hat zum Zeichen höchster Lust die Augen geschlossen, so dass nur die Wimpern sowie die linke Augenbraue zu sehen sind. Die makellos-schöne, leicht gebräunte Gesichtshaut des Paares verstärkt noch den angestrebten Effekt. Die Haarfarbe ist nicht zu sehen, da z.B. blonde oder schwarze Haare infolge unterschiedlicher Vorlieben beim Rezipienten die angestrebte erotische Wirkung vermindern könnten.

Auf der linken Backe der Frau befindet sich der einem Aufkleber ähnelnde grüne (=Umwelt) Kreis mit der gut sichtbaren 2-zeiligen Aufforderung bzw. dem Versprechen in Weiß „Sofort verlieben!“, der die emotionalen, erotischen Appelle auch sprachlich sehr wirkungsvoll unterstützt. Darunter wird in einem Kurztext angedeutet, dass die/der Leser/-in im Heft erfährt, warum wir (Alliteration) der „Liebe auf den ersten Blick“ (klischeehafte Redewendung) vertrauen können – und wo sie zu finden sei. Natürlich ist das wohl der geheime Wunsch der meisten – jüngeren – Rezipienten, die oft noch auf der Suche nach dem richtigen Partner sind, so dass deren Neugier hier sicherlich geweckt wird.

Über dem Bild und unterhalb des NEON-Logos werden 4 Hauptthemen mit Überschriften und Untertiteln untereinander aufgeführt: „Schlacht am Meer“ – ein Bericht über den Kampf militanter Tierschützer gegen das Millionengeschäft des Walfangs; „Leben mit dem Tod“ (Oxymoron) – wie junge Menschen mit dem plötzlichen Tod des Partners (Alliteration) zurechtkommen; „Ellbogen im Büro“ – über gemeine Intrigen von Kollegen im Büro zur Jobsicherung und Standardfragen „Ah, und was machst du so?“ – über gelungene Kommunikation mit bisher unbekannten Menschen.

Diese Themen sind recht gut auf die Zielgruppe abgestimmt, da bei diesen Rezipienten Tierschutz einen hohen Stellenwert besitzt und bei jungen Paaren sicherlich die unterschwellige Angst vor dem Verlust des Partners durch Unfall oder Tod vorhanden ist.

Da Personen dieser Altersgruppe wohl gerade in das Berufsleben eingestiegen sind, erleben sie natürlich auch Mobbing und verschiedene Intrigen im Beruf. Mangels ausreichender Berufs- und Lebenserfahrung wissen sie oft nicht, wie sie darauf angemessen reagieren sollen.

Auch das Thema, sinnvoll und erfolgversprechend mit Menschen zu kommunizieren, die man neu kennen lernt, ohne sich z.B. zu blamieren, ist etwas, was diese Gruppe in ihrem Lebensalltag sicherlich mehr bewegt als ältere Leute mit einem festen, stabilen Freundeskreis und Partner.

Ein weiterer Blickfang ist die auf dem Kopf stehende Umschlagsseite des angehefteten Modeheftes, die eine junge Frau mit kurzärmeligem rotem T-Shirt zeigt. Sie trägt vorne einen Pony, wobei ihr Haarzopf über ihrer linken Schulter liegt. Sie sieht recht selbstbewusst und herausfordernd aus, hat aber die Lippen sinnlich geöffnet, was durch die rote Signalfarbe des T-Shirts noch verstärkt wird. Ihre linke Hand hat sie unter ihrer rechten Achsel verschränkt, so dass ihr rechter Arm, der stark gebeugt ist, besonders hervorgehoben wird, und speziell ihr Handy, das sie triumphierend/provozierend in der Hand hält (fast als Wurfgeschoss), als ob sie dies jemandem zeigen bzw. unter die Nase halten wolle. Hierzu passt perfekt das wohl gerade aus ihrem Munde kommende Zitat, das links neben ihrem Kopf als 3-zeilige Schlagzeile steht: „Daniel, ich lese heimlich deine SMS“. Das Schlüsselwort „heimlich“ weckt natürlich Neugier und regt so zum Kauf an. Die Angabe von Name und Alter der Frau darunter in Klammern soll authentisch wirken und durch die Altersangabe „25 Jahre“ genau die Zielgruppe ansprechen. Auch die Vornamen Stefanie und Daniel sind sehr weit verbreitet, so dass dieser Effekt noch verstärkt wird. Hier wird das Dauerthema Eifersucht angesprochen, das beide Geschlechter sicher auch im Alltag bewegt und deshalb Neugier erweckt. Dem gleichen Zweck dient der unten links neben der Frau befindliche kleine schwarze Kreis mit der einzeiligen weißen Überschrift „Mode-Extra“. Im kleiner darunter stehenden 3-zeiligen Text steht, dass 38 Neon-Leser uns (Einbeziehung des Rezipienten) im Heft ihre Geheimnisse gestehen.

Die beiden elliptischen Schlagzeilen (Anapher) über und unter dem abgebildeten Magazin enthalten ein Wortspiel und wandeln den weltbekannten Buch- und Filmtitel des Bestsellers von Johannes Mario Simmel „Der Stoff, aus dem die Träume sind“ leicht ab. Thematisch geht es in diesem spannenden Buch auch um die Machenschaften der Boulevardpresse, von der sich NEON natürlich positiv abheben möchte. Zugleich weckt das 2-mal zu ergänzende Wort „Träume“ auch emotionale Appelle wie Streben nach Selbstverwirklichung, Verwirklichung von Lebensträumen etc. Darüber hinaus haben die 2 Begriffe „Leben“ u. „Wahrheit“ auch programmatischen Charakter für NEON. Zunächst soll im Unterschied zu anderen konkurrierenden Zeitschriften oder der Regenbogenpresse die Wahrheit über bestimmte Themen berichtet werden. Ferner soll keine Scheinwelt präsentiert, sondern das wirkliche Leben behandelt werden, indem möglichst authentisch die Themen angesprochen werden, die im richtigen Leben dieser Zielgruppe eine wichtige Rolle spielen. Die jeweiligen Untertitel informieren dann sachlich über die Gratiszugabe des Modehefts beim Kauf der abgebildeten Ausgabe des Magazins (Alliteration: neue NEON-Heft, um den Wohlklang der Texte zu verstärken).

Dem gleichen Zweck dient auch der identische Kurztext unten links und – auf dem Kopf stehend – oben rechts. Die Aufforderung, sofort 6 Ausgaben zu sichern, und der Appell „einfach anrufen“ mit dem zugesagten Preisnachlass von 6% beim Kauf von 6 Ausgaben und zusätzlichem Gratisexemplar begründet.

Die Telefonnummer der Hotline mit Preisangabe für den Anruf in Klammern sowie die Angabe der Bestellnummer runden diesen Kurztext ab.

Die Anzeige enthält unterschiedliche Schrifttypen und –größen, dabei fast alles in Weiß. Das NEON-Logo ist auf der Magazinseite in fast den ganzen oberen Teil einnehmenden serifenlosen Großbuchstaben gehalten, beim Modeteil infolge des hellen Hintergrundes dagegen in Schwarz. Die beiden Schlagzeilen sind sehr gut sichtbar quer über die Anzeige in einer dicken, die Untertitel dagegen in einer sehr schlanken und wesentlich kleineren Serifenschrift abgefasst. Auch die jeweilige Überschrift in den beiden kleinen Kreisen der Umschlagsseiten sind beim rechten Bild recht groß, beim Modeteil dagegen erheblich kleiner. Die Wirkung der Schrift ist daher sehr abwechslungsreich, nie eintönig oder immer gleich, wie auch der Inhalt von NEON sein soll.

Die einzelnen Bild- und Textelemente der WA wirken meines Erachtens recht gut zusammen. Die emotionalen Appelle der einzelnen Elemente der WA ergänzen und verstärken sich gegenseitig. Der versprochene Zusatznutzen besteht darin, dass man „das Leben“ u. „die Wahrheit“ mit dem Kauf von NEON erhält. Umgekehrt stehen die Begriffe zusammen mit „der Weg“ für Jesus, eine unterschwellige Assoziation an positiv besetzte religiöse Werte.

Die WA enthält viele emotionale Appelle z.B. an Erotik, Gesundheit, Geborgenheit, erfüllte Partnerschaft, Neugierde, Sicherheit am Arbeitsplatz, in der Kommunikation, Verwirklichung von Träumen, Selbstverwirklichung, Selbstdarstellung, sinnerfülltes, wahres Leben, Erhaltung der Umwelt etc., die durch den Kauf von NEON realisiert werden sollen.

3. Fazit

Die WA ist ansprechend und abwechslungsreich gestaltet sowie auch farblich gut aufeinander abgestimmt (grün = Umwelt, rot = Liebe, weiß = Unschuld etc.), wobei der erotische Appell des Titelbildes meines Erachtens doch etwas aufdringlich wirkt. Auf der anderen Seite steht NEON in Konkurrenz mit vielen Zeitschriften und Magazinen, die sehr offensiv mit Erotik werben. Das Stern-Logo dient dazu, dem nicht besonders auflagenstarken Magazin eine gewisse Seriosität und Bekanntheit zu verleihen. Die Themen (Mode !) zeigen z.T., dass besonders die Gruppe der hauptsächlich weiblichen 20- bis 25-jährigen angesprochen wird, da einige Themen und Appelle für männliche 30-jährige wohl recht naiv wirken („Sofort verlieben!“).

Der Name NEON steht für neu (neo-) und grellleuchtend und ist auch inhaltliches Programm des Magazins, das bereits einige Medienpreise erhalten hat und seinen innovativen Charakter durch die WA unterstreicht.

Ob sich das seit 2004 monatlich erscheinende Magazin bei dem sich ständig ändernden Geschmack, den Gewohnheiten und Prioritäten der anvisierten Zielgruppe dauerhaft auf dem hart umkämpften Markt behaupten kann, bleibt abzuwarten.

6. Analyse der WA der Norddeutschen Klassenlotterie (NKL)

1. Überblicksinformation

Die vorliegende farbige WA im DIN-A4-Format ist im Wochenmagazin „Der Spiegel“, Nr. 9, vom 27.02.2012 (S.127) erschienen und stellt eine Produktwerbung der NKL für ihre Lose dar. Als Wirtschaftswerbung und besonders hier taktische Aktionswerbung dient die WA der Absatzförderung. Der appellative Charakter der Werbung kommt in 2 Texthandlungen zum Ausdruck, die die WA realisiert. So wird über das Produkt u. seine Vorteile informiert und zugleich mit großen Gewinnversprechen zum Kauf der Lose angeregt. Die WA richtet sich vorwiegend an die Zielgruppe von Personen der gehobenen Mittelschicht eher ab 50 Jahre, die eine Alternative zum normalen Lotto suchen und bereit sind, etwas mehr Geld auszugeben und langfristiger zu spielen.

2.1. Formale Analyse der WA

Die WA ist horizontal in 2 Teile gegliedert, wobei der linke Teil ca. 2/3 der Anzeige einnimmt, und vertikal in 5 Teile unterteilt ist. Im linken oberen Viertel befindet sich ein Bild, das ausschnitthaft ein Paar zeigt, das entspannt in ihrem Segelboot sitzt, wovon nur ein kleiner Teil zu sehen ist, wobei die vorwiegend dezent grau-weißen und hellblauen Farbtöne nur von einzelnen blau- und rotfarbigen Flächen unterbrochen werden (Genaueres s.u.).

Unter dem Bild steht groß in fetten, dunkelgrünen Buchstaben die 2-zeilige Schlagzeile „Kurs nehmen – auf den 32-Millionen-€-Jackpot, wobei das Sternchen hinter der Zahl 32 auf den ganz unten abgedruckten Langtext verweist.

Darunter befindet sich in schwarzer Serifenschrift und normaler Größe ein 2-spaltiger, 28-zeiliger Langtext in Blocksatz (wie Zeitungsartikel) mit einer 4-zeiligen Überschrift in etwas größerer Schrift, die die Realisierung der auf dem Bild sichtbaren Träume mit der NKL verspricht und auf den bes. großen Jubiläums-Sonderjackpot hinweist. Nur diese ersten 1,5 Zeilen der rechten Spalte sind kursiv und in Dunkelgrün gedruckt. Dieser Teil nimmt über 1/3 der linken WA-Fläche ein.

Dann folgt ein hellgraues Rechteck mit der weiteren dunkelgrünen einzeiligen Schlagzeile „Viel zu gewinnen – wenig zu tun!“. Darunter die Angaben, was man tun muss, und dann fett gedruckt die 4-zeilige Adresse von NKL. Ganz unten im Rechteck der 2-zeilige Hinweis auf Hotline und NKL-Website.

Danach in großen, fettgedruckten, dunkelgrünen Großbuchstaben NKL mit einem kleinen roten Kreis unten links am N. Darunter in Schwarz der NKL-Slogan „Wir machen Millionäre“. Rechts davon 3-zeilig in Gold und Dunkelgrün „400 Jahre Staatslotterie“. Oben rechts unter dem hellgrauen Rechteck nochmals kursiv und in Dunkelgrün die NKL-Website.

Darunter und über dem abschließenden 8-zeiligen Langtext klein und fett der 2-zeilige rechtliche Hinweis auf das Mindestalter (18 Jahre) der Spielteilnehmer.

Rechts daneben ein langgestrecktes, kleines, an der linken Seite nach rechts abgeschrägtes, mit kleinen Bodenstützen versehenes, dreidimensional wirkendes, viereckiges Warnschild mit der 2-zeiligen Aufforderung in kleinen weißen Großbuchstaben: Verantwortungsbewusst spielen. Darunter (ganz klein und praktisch unlesbar): NKL informiert über Glücksspielsucht. Ganz unten sehr klein gedruckt im Blocksatz ein 8-zeiliger Langtext, der Funktionsweise des Jackpots und Dauer der Ausspielung sowie Gewinnchance und Verlustrisiko erklärt. Die unteren 3 Teile nehmen ebenfalls mehr als 1/3 der linken WA-Fläche ein.

Das rechte 1/3 der WA besteht aus einem Bestellschein mit einer senkrecht gestrichelten Linie und 2 kleinen Scheren oben und unten am linken Rand, der ausgeschnitten und abgeschickt werden soll. Ferner ist er grün umrandet, wobei ca. 40% des oberen Teils einen grünen Hintergrund aufweisen. Dieser Teil enthält die 2-zeilige Aufforderung in Weiß, dem Einsender eines oder mehrere der 3 folgenden Lose zuzuschicken, wobei das „Angebot“ eine verbindliche Bestellung ist.

Darunter sind 3 Losarten aufgeführt, die jeweils mit 3 gleich großen, abgerundeten Rechtecken umrandet sind, wobei die oberste „Loskombi“(einladende, griffige Abkürzung) als NKL-Tipp zusätzlich mit kleinem roten, weiß umrandeten und abgerundeten, rechts nach oben geneigten Rechteck und weißer Aufschrift als NKL-Tipp gekennzeichnet ist. Es werden jeweils Preis (in Weiß, links 3-zeilig), Trefferchance (rechts, 3-zeilig, 3. Zeile in Gelb) und Spitzengewinn (einzeilig in Gelb) genannt. Man braucht nur noch die Anzahl im kleinen, weißen, abgerundeten Rechteck über dem möglichen Spitzengewinn mit Hand einzutragen.

Danach kann dann auf weißem Hintergrund das Geschlecht angekreuzt und in 4 Zeilen Name, Anschrift und Geburtsdatum eingetragen werden, wobei der kleine 5-zeilige Kurztext hierzu auf die Verpflichtung von NKL verweist, die Volljährigkeit zu überprüfen. Ferner wird nochmals auf die Website und die Spielbedingungen verwiesen. In 2 Zeilen darunter soll Telefonnummer und E-Mail-Adresse eingetragen werden. Direkt darunter ein 6-zeiliger Text mit Datenschutzhinweisen. In Dunkelgrün und fett steht einzeilig darunter: „Die Zahlung soll erfolgen:“, wobei man Überweisung oder Bankeinzug ankreuzen kann.

Danach ist in 4 Zeilen Name des Kontoinhabers, Geldinstituts, BLZ u. Kontonummer einzutragen und zu unterschreiben. Ganz unten dann nochmals sehr klein ein 11-zeiliger Langtext mit rechtlichen Hinweisen über die erteilte Einzugsermächtigung, die Teilnahme, die nach Eingang verschickten Spielbedingungen sowie die Voraussetzungen für das 14-tägige gesetzliche Widerrufsrecht.

Es handelt sich um eine Low-Involvement-WA, da sie zwar viele rechtliche Hinweise und unterschiedliche Textelemente, aber nur wenig wirkliche Informationen über die tatsächlichen Gewinnchancen enthält. Das Bild spielt aber eine wichtige Rolle bei der Werbebotschaft und die WA richtet sich an eine Zielgruppe, die kein subjektives oder spezielles Interesse an dem Werbeobjekt hat.

2.2. Interpretation der WA

Der Hauptblickfang ist natürlich das als Nahaufnahme (Urlaubsfoto!) mittig ins Bild gesetzte, glücklich und entspannt wirkende Paar (ohne Ehering als Zeichen von Freiheit und Ungebundenheit), das, an den blauen Segelmast gelehnt, im nur ausschnitthaft zu sehenden Segelboot sitzt. Beide tragen dezente, aber elegant wirkende Freizeitkleidung: Der Mann eine graue Weste (oder Pulli über der Schulter), ein hellblaues Hemd und eine beige Jeans, wie die Frau, die ein mintfarbenes T-Shirt anhat. Der Mann ist Brillenträger, grauhaarig, über 55 Jahre alt und wirkt recht intellektuell, wobei die etwas jüngere Frau über das ganze Gesicht strahlt, die Augen zum Zeichen höchstes Genusses fast geschlossen hat und liebevoll ihren linken Arm um seinen Hals legt. Auch der Mann hat die linke Hand auf ihr Knie und den rechten Arm um ihre Schulter gelegt, was den Eindruck eines rundum glücklichen Paares verstärkt. Im Hintergrund sind sehr unscharf 1-2 Schiffe zu erkennen und ein Poller am Hafenkai. Das Tau ist bereits gelöst, so dass sie mit ihrem Segelboot – dank NKL – den 32-Mio.-Jackpot ansteuern können.

Die serifenlose, kursiv und dadurch edel und schwungvoll wirkende, dunkelgrüne, 2-zeilige Schlagzeile darunter nimmt auf das Bild Bezug mit der elliptischen Metapher aus der Seemannssprache „Kurs nehmen“, d.h. ein Ziel – hier den 32-Mio. €-Jackpot – ansteuern, der durch den Zeilensprung noch stärker hervorgehoben wird. Das gleiche gilt für die folgende Metapher „sich einfach mal treiben lassen“, und den Appell, nur das zu tun, wozu man Lust hat. Durch den Gedankenstrich und den 2-fachen Zeilensprung der Überschrift wird die Aufmerksamkeit des Rezipienten optisch auf die NKL gelenkt, mit der solche Träume ganz schnell wahr werden (Alliteration) können.

Der Wohlklang der rhetorischen Fragen im folgenden Langtext wird noch durch Alliterationen (Wie wäre) und Anaphern (wenn …, Wenn..) verstärkt. Mit dem Appell an den Freiheitsdrang und die Möglichkeit, sich den schönen und angenehmen Dingen des Lebens zu widmen (Hier werden – auch sprachlich – eher ältere, schöngeistig interessierte Zielgruppen angesprochen). Durch die scheinbar ungläubige Gegenfrage, ob das nicht bloß ein Traum sei, wird der Anschein eines Dialogs erweckt. Eine weitere Metapher erklärt, dass man seinem Glück nur ein bisschen auf die Sprünge helfen müsse. Die folgende Ellipse bringt die Lösung des Rätsels: Z. B. mit einem NKL-Los, das sich in der 128. Ziehung ganz besonders lohnt, womit wieder aufwertende Hochwörter verwendet werden.

In der rechten Spalte des Langtextes wird in ähnlich werbewirksamer Weise auf den „Jubiläumsjackpot von bis zu 32 Mio. €“ in edlem Dunkelgrün verwiesen, den zweithöchsten Jackpot in der Geschichte Deutschlands. Der Hinweis auf 400 Jahre Staatslotterie verleiht NKL einen quasi staatlich-seriösen Charakter mit uralter, bewährter Tradition. Dies sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen und sich die Chance auf höchst beeindruckende über 400 Mio. Gewinne sichern. Insgesamt würden bei der 6-monatigen Lotterie sogar Geldgewinne von über 1,4 Mrd. € ausgespielt.

Daran knüpft dann die antithetische Schlagzeile darunter an mit der Aufforderung „Viel zu gewinnen – wenig zu tun!“, nämlich einfach nur den Coupon ausfüllen und an NKL schicken. Mit der Angabe einer Hotline wird bewusst der falsche Eindruck erweckt, dort die hier fehlenden Informationen zu erhalten.

Das darunter abgebildete große Logo von NKL mit dem roten, ins Auge springenden Punkt am Anfang ist ebenfalls in edlen, dunkelgrünen Großbuchstaben gehalten, wobei dieser besondere Effekt noch durch den leichten Lichteinfall von oben verstärkt wird. Der NKL-Slogan „Wir machen Millionäre“ enthält nicht nur eine Alliteration, sondern auch die Botschaft, dass NKL schon alles für den Rezipienten macht, wenn er nur ein Los kauft.

Das rechts daneben abgebildete, dreidimensionale, dunkelgrüne, abgerundete Rechteck mit der 3-zeiligen, goldenen Aufschrift in Großbuchstaben „400 Jahre Staatslotterie“, bei dem die Zahl 400 darüber hinausragt, verweist nochmals – auch optisch – auf das herausragende Ereignis. Darunter wird im kleinen Warnschild zwar darauf hingewiesen, dass NKL über Glücksspielsucht informiert, aber praktisch unlesbar und nur als Alibi, da NKL ja schließlich auf der Spielsucht basiert.

Ganz unten im kleingedruckten Langtext gibt es dann erhebliche Einschränkungen: einen bis zu 32 Mio. € Jackpot nur unter ganz bestimmten, seltenen Voraussetzungen, wobei die Gewinnchance nur 1 : 68.343.759 beträgt.

Auch auf dem Coupon ganz unten gibt es im Kleingedruckten ebenfalls rechtliche Hinweise, wie die Einzugsermächtigung widerrufen werden muss, damit sie wirksam wird. Sogar das 14-tägige Widerrufsrecht gilt hier nur für den eher seltenen Fall der telefonischen Erteilung der Einzugsermächtigung. Wer diesen Teil nicht gelesen hat, kann sehr teure Überraschungen erleben. So kosten z.B. vier 1/1-Jahreslose über 8.000 €!

3. Fazit

Die WA ist recht gut auf die Zielgruppe abgestimmt und appelliert geschickt an deren sozialen Status, Wohlstand, Selbstverwirklichung, Verwirklichung von Träumen, sorgenfreies Leben, erfüllte Partnerschaft, aber auch begrenzte Risiko- und Spielfreude, Abenteuerlust u. Fernweh.

Die Farbgebung wirkt sehr dezent, edel und seriös (z.B. weiß wie Zeitungsartikel) und unterstreicht wirkungsvoll die entsprechenden Bedürfnisse dieser Zielgruppe. Das vorherrschende Grün symbolisiert sicherlich die – ganz unwahrscheinliche – Hoffnung auf diese Supergewinne. Auch die Signalfarbe Rot ist im Bild, im NKL-Logo und als Tipp vertreten. Blau soll auf Treue und Vertrauen verweisen. Gold ist die edelste Farbe, die es gibt, und steht für den Jackpot sowie 400 Jahre Staatslotterie, wobei dies gar nicht stimmt, da es erst seit 1871 Deutschland als Staat gibt. Zudem erlaubt sich diese Staatslotterie, ihre Bürger/-innen grob zu täuschen, das Widerrufsrecht unzulässig einzuschränken und nur versteckt darauf hinzuweisen, dass es sich um monatlich abgebuchte Preise handelt. Ebenfalls eine Täuschung ist das Wort „Angebot“, das nicht unverbindlich ist, sondern per Coupon eine rechtswirksame Bestellung.

Der Hinweis auf die Spielsucht ist unleserlich, so dass hier auch die sonst so betonte staatliche Aufklärungspflicht bei Suchtmitteln (Rauchen!) in grober Weise missachtet wird.

Natürlich hofft diese Zielgruppe, die als Spiegelleser eher zu der gebildeten, gehobenen, beruflich gefestigten Mittelschicht gehört und sich diese teuren Lose (Monatspreise!) sicher leisten kann, dass die Erlöse für soziale Zwecke ausgegeben werden, was vor 400 Jahren, aber heute leider nicht mehr der Fall ist, da es reine Staatseinnahmen sind. D.h. der Staat bzw. die Bundesländer verdienen einfach an der Spielsucht der deutschen Bevölkerung mit. Die „Aktion Mensch“ ist zwar ebenfalls eine Los-Lotterie, sie unterstützt aber im Gegensatz zu NKL wirklich und vorbildlich zahlreiche soziale Projekte.

Die Zielgruppe ist wohl eher schöngeistig orientiert, so dass sie leichter auf die scheinbar beeindruckende Darstellung von Gewinnmöglichkeiten, die finanziellen Fallen beim Loskauf und das eingeschränkte Widerrufsrecht hereinfällt als z.B. Geschäftsleute, die eher das Kleingedruckte lesen.