Konkrete Poesie

Definition

Die konkrete Poesie nutzt nur die visuellen und akustischen Dimensionen. Dadurch werden die sprachlichen Elemente von ihrer eigentlichen Funktion befreit. Interpunktion, Buchstaben und Wörter werden von ihrem Sinn gelöst, stehen nur für sich und werden dadurch konkret. Hierdurch lassen sich Wirkungen erzielen, die über die herkömmliche Poesie hinausgehen.

Im Folgenden einige Beispiele von Gomringer, Morgenstern, Bense, Jandl und Apollinaire. Vielleicht regt das den einen oder anderen an, selbst einmal konkrete Poesie zu verfassen.

Eugen Gomringer (1988)

ordnung ordnung

ordnung ordnung

ordnung ordnung

ordnung ordnung

ordnung ordnung

ordnung ordnung

ordnung    unordn   g

ordnung ordnung

ordnung ordnung

ordnung ordnung

ordnung ordnung

ordnung ordnung

ordnung ordnung

Eugen Gomringer (2005)

es – immer wieder gelingt es

frühling

immer wieder gelingt es

immer wieder dringt es

immer wieder treibt es

immer wieder lockt es

immer wieder berührt es

immer wieder verführt es

immer wieder schreibt es

             sommer

immer wieder stockt es                                             

immer wieder schaut es                                             

immer wieder traut es

immer wieder greift es                                     

immer wieder füllt es                                                

             herbst                                                        

immer wieder reift es                                                 

immer wieder hüllt es                                               

immer wieder reicht es                                              

              winter                                                      

immer wieder gleicht es

              frühling

immer wieder gelingt es

Eugen Gomringer (1988)

schweigen schweigen schweigen

schweigen schweigen schweigen

schweigen                 schweigen

schweigen schweigen schweigen

schweigen schweigen schweigen

Christian Morgenstern – Die Trichter (1902)

Zwei Trichter wandeln durch die Nacht
durch ihres Rumpfs verengten Schacht
fließt weißes Mondlicht
still und heiter
auf ihren
Waldweg
u.s.
w.

Christian Morgenstern: Fisches Nachtgesang (1932)

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Max Bense

wolke     wolke

wolkewolkewolkewolke

wolkewolkewolkewolke

wolkewolkewolkewolke

 wolke     wolke

B        B

 L          Lb

          I         I  l  i  t z

    T          T   i

    Z          Z     tz

Ernst Jandl: ottos mops (1970)

ottos mops trotzt

otto: fort mops fort

ottos mops hopst fort

otto: soso

otto holt koks

otto holt obst

otto horcht

otto: mops mops

otto hofft

ottos mops klopft

otto: komm mops komm

ottos mops kommt

ottos mops kotzt

otto: ogottogott

Ernst Jandl: schtzngrmm (1957)

                                    schtzngrmm

schtzngrmm

t-t-t-t

t-t-t-t

grrmnunmm

t-t-t-t

s-c-h

tzngrmm

tzngrmm

tzngrmm

grrmmmmm

schtzn

schtzn

t-t-t-t

t-t-t-t

schtzngrmm

schtzngrmm

tssssssssssssss

grrt

grrrrt

grrrrrrrrt

scht

scht

t-t-t-t-t-t-t-t-t-t-t

scht

tzngrmm

tzngrimmm

t-t-t-t-t-t-t-t-t-t-t

scht

scht

scht

scht

scht

grrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr

t-t t

Ernst Jandl (1981)

Guillaume Apollinaire: Poèmes à Lou (1914)