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GREGOR SCHRÖDER

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Gregor Schröder

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Weisheiten, Lyrik & Humor

Weisheiten, Lyrik & Humor

Nonsens-Lyrik

Im Folgenden finden sich zunächst eigene Nonsens-Verse meist von mir (Sroggy), dann folgen Gedichte der Altmeister der Nonsens-Lyrik: Wilhelm Busch, Robert Gernhardt, Christian Morgenstern und Joachim Ringelnatz.

Vielleicht versucht ihr Euch selber mal an Gedichten welcher Art oder Unart auch immer. Dem Schwachsinn sind hierbei keinerlei Grenzen gesetzt.

Lust auf mehr? Dann ab mit TUI in den sonnigen Süden.

Merke:

Bei Loriot erfahren wir, dass ein Leben ohne Mops sinnlos ist, bei Stefan Bollmann lesen wir, warum ein Leben ohne Goethe sinnlos ist. Ein Leben ohne Katze ist möglich, aber trotzdem sinnlos.

Hier erfährt man, dass ein Leben ohne Sroggy freudlos ist.

Schwachsinn pur von Sroggy nur.

Denn der Nonsens-Vers ist der Stiefvater der Porzellankiste.


Frau Meier und die zwei Eier

99 Rosen lagen auf ihrem Grab

Und ein Mann lief auf und ab

Er hieß Anton Müller

Und war ihr Killer

Er wollte sie gar nicht erschießen

Er wollte sie nur grüßen

Und sagen: „Guten Tag, Frau Meier“

Da trat sie ihm in die Eier

Und er rechnete mit ihr ab

Und die Moral von der Geschicht‘

Tritt niemandem in die Eier nicht


Küssen verboten

Bitte nicht küssen

Sagte ich zu ihr

Und sie schnalzte mit den Lippen

Oder mit der Zunge

Erst später dann beim Bier

Da merkte ich

Sie war ein Junge


Streit der Körperteile

 

Ein Körper hatte Langeweile

Da stritten sich die Körperteile

Gar heftig und mit viel Geschrei

Wer wohl der Boss von ihnen sei.

„Ich bin der Boss“ – sprach das Gehirn

„Ich sitz ganz hoch hinter der Stirn

Ich muss stets denken und euch leiten.

Ich bin der Boss! Wer will`s bestreiten?“.

 

Die Beine sagten halb im Spaße:

„Gib nicht so an, du weiche Masse!

Durch uns der Mensch sich fortbewegt

Ein Mädchenbein den Mann erregt

Der Mensch wirkt doch durch uns erst groß

Ganz ohne Zweifel: Wir sind Boss!“

 

Die Augen funkelten und sprühten:

„Wer soll euch vor Gefahr behüten?

Wenn wir nicht ständig wachsam wären?

Uns sollte man zum Boss erklären!“

 

Das Herz, die Nieren und die Lunge

Die Ohren, Arme und die Zunge

Ein jeder legte schlüssig klar:

„Der Boss bin ich! Das ist doch klar!“

Ja selbst der Penis reckt sich groß,

Und rief ganz keck: „Ich bin der Boss!

Die Menschheit kann mich niemals missen

Denn ich bin nicht nur da zum pissen.“

 

Bevor man die Debatte schloss,

Da furzt der Arsch: „Ich bin der Boss!“

Hei, wie die Konkurrenten lachten

Und bitterböse Späße machten

Das Arschloch war drauf recht verdrossen

Und hat sich also gleich verschlossen

Es dachte konsequent bei sich:

„Die Zeit, die arbeitet für mich!

Wenn ich mich weigere´, zu scheißen

Werd’ ich die Macht schon an mich reißen.“

 

Schlaff wurden Penis, Arme, Beine

Die Galle produzierte Steine.

Das Herz, es stockte schon bedenklich

Auch das Gehirn fühlte sich kränklich

Das Arschloch war nicht zu erweichen

Ließ hie und da ein Fürzchen streichen

Zum Schluss, da sahen alle ein:

„Der Boss kann nur das Arschloch sein!“

Und die Moral von der Geschicht’:

Mit Fleiß und Arbeit schafft man`s nicht

Um Boss zu werden hilft allein

Ein Arschloch von Format zu sein!

Das mit viel Lärm und ungeniert

Nichts – als nur Scheiße produziert!


    

Törn, Törn, Törn

Eine Segeltörn im Ijsselmeer mit dem VLBS

Wer kennt die Völker, nennt die Namen

Die alle hier zusammen kamen.

Die BKs Opladen und Rheine

Machten allen andern Beine

Auch die aus Düsseldorf und Essen.

Den Rest kann man getrost vergessen


Von Harlingen stachen wir in See

Mal kreuzten wir Luv, mal einfach nur Lee.

Unser Schiff hieß Ambulant

Der Skipper Jauke war charmant.

War das Wetter kalt und nass

Hatten wir dennoch Heidenspaß.


Uli, Birte und Marayle vom Verband

Arbeiteten hervorragend Hand in Hand.

Wir kochten, lachten und zechten vom Fass

Zum Bechern gab‘s mehr als einen Anlass.

War‘n die Kajüten voll jungem Gemüse

Schliefen die Alten in der Kombüse.


In Terschelling legten wir an am Kai

Unsere Kopfschmerzen kamen nicht vom Tee.

Spornstreichs gings zum Radl-Verhuur

Doch diese stellten sich erst mal stur

Nur die Hälfte bekam noch Radln

Der Rest benutzte seine Wadln


Mit Hein erspürten wir die Natur

Doch statt Ameisenlöwe gab‘s Möwen nur.

Unser Peter lehrte uns dann Qi Gong

Es war der Renner der Saison.

Mit Marayle lernten wir kooperativ

Bis Smutje uns zum Essen rief.


Die Annemie lehrte uns das Segeln

Sie sprach von Klüver, Fock und Regeln.

Kaum hatten wir den Knoten raus

War die Segeltörn schon aus.

Und die Moral von der Geschicht’:

Segeln mit vlbs ist ein Gedicht!



Was klingeln matte Lichter
Ob meiner Seele Sumpf
Was züngeln Quergesichter
Um meiner Hoffnung Stumpf?
O Schlingel ihr und Wichter
Benagt nur meinen Rumpf
Ich fühl's, ich bin ein Dichter
Heut ist Meschugge Trumpf!



Ein Hund lief in die Küche
Und stahl dem Koch ein Ei
Da nahm der Koch den Löffel
Und schlug den Hund zu Brei.


Da kamen viele Hunde
Und gruben ihm ein Grab
Und setzten ihm ein Grabstein
Worauf geschrieben stand:

Ein Hund lief in die Küche
Und stahl dem Koch ..."



Sag ich zu meinem Schwesterlein

Nimm dich in Acht, du Lästerschwein

Wer nicht stets die Wahrheit spricht

Sich irgendwann den Hals noch bricht!



Es gibt Gerüchte

Dass Hülsenfrüchte

In Mengen genommen

Nicht gut bekommen

Das stört mich nicht

Ich finde das fein!

Warum soll man nicht

Mal ein BLÄHBOY sein?



Von langen Leid bist du genesen

Zu früh schon sind wir froh gewesen



Gestern war der Frosch noch krank

Heut‘ verwest er unterm Schrank



Zwei Mädchen liefen durch's hohe Gras

Dem einen wurden die Höschen nass

Dem andern nur die Beine

Denn Höschen trug es keine



So warnte einst die Bayerische Verkehrswacht.

(Abschreckender und klarer kann man nicht warnen!)


Die Straßen waren regenglatt

Der Bircher Beni lebenssatt

Fuhr um die Kurve wie a Blödl

Zum Leichenschmaus gab’s Leberknödel


Die Haxen einer Bauerndirn

Benebelten sein Fahrerhirn

Als er grad bei den Wadln war

Da war’s mit allen Madeln gar



Die wundersame Heilung von Grit

Sie war nicht mehr im Schritt fit

Drum sie bei jedem Schritt litt

Und auch wenn sie dann ritt, litt

Sich dabei in die Klit schnitt

Da sagt‘ sie, wenn sie litt: Shit

Sie bekam auf ihre Bitt‘ Kitt

Sie nahm dann bei dem Ritt Kitt

Doch half ihr auch der Kitt nit

Nahm, da es besser glitt, Pritt

Doch erst als sie nahm Shit mit

Und entgegen aller Sitt‘ ritt

Sie nicht mehr bei dem Ritt litt

Denn sie war jetzt im Schritt fit

Und deshalb wie ein Hit ritt

Jetzt sogar ritt zu dritt Grit

Wat et nit doch all jit, Pitt.



Das weite Meer

Ich mag das weite Meer sehr

Drum fahr ich mit der Fähr‘ her

Wenn ich mich um den Bär scher‘

Dann brauch‘ ich doch kein Heer mehr

Was eine Frag‘ der Ehr‘ wär‘

Zumal ich keine Wehr nähr‘

Die Serpentin‘ deckt der Teer

Drum ist auch diese Kehr‘ fair

Und es gibt nicht viel Verkehr

Ich leider von der Ähr‘ zehr‘

Da ich mit Kumpel Peer kehr‘

Warum liegt denn dein Ger quer?

Vom Teller du die Beer‘ leer‘

Dafür braucht‘s keinen Lehrer

Ich dich jetzt ohne Scher‘ lehr‘

Das ist ja auch viel fairer.



Lyrik für Dummies

Jeder Blödel hat ’nen Dödel

Drum nicht trödel oder rödel

Mach aus Brödel keine Brösel

Selbst ich drösel nicht, du Schnösel



Bauer sucht keine Frau

Jeder Bauer isst mal sauer

Doch nicht jedes Schwein hat Hauer

Baust aus Trauer eine Mauer

Und ’nen Tower voller Power

Dann als Bauer auf ihr kauer

Liegst auf Dauer auf der Lauer

Auch der Stauer wird jetzt rauer

Selbst der Klauer ist schon grauer

Auch der Tau, er ist ein Lauer

Selbst der Brauer war mal blauer



Die verwanzte Emanze

Weil ich oft mit der Wanze tanze

Geht die Emanze gern aufs Ganze

Doch sagt sie nie zum Schwanze Lanze

Das tötet die Romanze, fand se

Und wenn ich Münzen stanze, rannt se

Zur Pomeranze, denn die kannt se

Drum schnell ich band se, diese Schranze

Mit dem Kranze an der Hand se



Nicht jeder Furz, ob lang, ob kurz

Führt bei Gewurz zu einem Sturz



Sprach Abraham zu Bebraham

Kann ich mal dein Zebra ham?



Ein Bierzelt heißt Bierzelt

Weil im Bierzelt nur das Bier zählt



Wenn Fliegen fliegen, fliegen Fliegen fliegen nach



Partisan und Parmesan, wo sind sie geblieben?

Parmesan und Partisan werden leicht zerrieben



Zum Kollegen sprach der Geheimpolizist:

„Meiner lieber Freund, geh heim, Polizist“



Es freut uns heut der Genitiv

Auch wenn du rätst mir: „Geh nie tief“



Denn schon sagt mir mein Urinstinkt

Nach kurzer Zeit: Dein Urin stinkt




Verse mit Gleichklang

Was macht denn Amanda am Mann da?


Was selbst ein Iman ihm ansah.


Dann hol dir ‘ne Dirne.


Herr Dingsbums macht mit seinem Dings bums.


Sie erblickt einen Panda mit Pan da.




Wilhelm Busch: Der humorvolle Vogel                       

Es sitzt ein Vogel auf dem Leim

Er flattert sehr und kann nicht heim

Ein schwarzer Kater schleicht herzu

Die Krallen scharf, die Augen gluh.

Am Baum hinauf und immer höher

Kommt er dem armen Vogel näher


Der Vogel denkt: Weil das so ist

Und weil mich doch der Kater frisst

So will ich keine Zeit verlieren

Will noch ein wenig quinquilieren

Und lustig pfeifen wie zuvor

Der Vogel, scheint mir, hat Humor



Wilhelm Busch: Die Selbstkritik hat viel für sich

Die Selbstkritik hat viel für sich

Gesetzt den Fall, ich tadle mich:

So hab ich erstens den Gewinn

Dass ich so hübsch bescheiden bin

Zum zweiten denken sich die Leut‘

Der Mann ist lauter Redlichkeit

Auch schnapp ich drittens diesen Bissen

Vorweg den andern Kritiküssen

Und viertens hoff ich außerdem

Auf Widerspruch, der mir genehm

So kommt es denn zuletzt heraus

Dass ich ein ganz famoses Haus



Wilhelm Busch: Ein dicker Sack

Ein dicker Sack – den Bauer Bolte

Der ihn zur Mühle tragen wollte

Um auszuruh‘n, mal hingestellt

Dicht an ein reifes Ährenfeld

Legt sich in würdevolle Falten

Und fängt ‘ne Rede an zu halten

Ich, sprach er, bin der volle Sack

Ihr Ähren seid nur dünnes Pack

Ich bin‘s, der euch auf dieser Welt

In Einigkeit zusammenhält

Ich bin‘s, der hoch vonnöten ist

Dass euch das Federvieh nicht frisst

Ich, dessen hohe Fassungskraft

Euch schließlich in die Mühle schafft

Verneigt euch tief, denn ich bin Der!

Was wäret ihr, wenn ich nicht wär?

Sanft rauschen die Ähren:

Du wärst ein leerer Schlauch, wenn wir nicht wären



Wilhelm Busch: Mich wurmt es ...

Mich wurmt es, wenn ich nur dran denke

Es saß zu München in der Schenke

Ein Protz mit dunkelroter Nase

Beim elften oder zwölften Glase

Da schlich sich kümmerlich heran

Ein armer alter Bettelmann

Zog vor dem Protzen seinen Hut

Und fleht: Gnä Herr, ach sein S’ so gut!

Der Protz jedoch, fuchsteufelswild

Statt was zu geben, flucht und schilt:

Gehst raus, du alter Lump, du schlechter!

Nix möcht’ er, als grad saufen möcht’ er!



Wilhelm Busch: Sehr tadelnswert ist unser Tun

Sehr tadelnswert ist unser Tun

Wir sind nicht brav und bieder

Gesetzt den Fall, es käme nun

Die Sündflut noch mal wieder


Das wär ein Zappeln und Geschreck!

Wir tauchten alle unter

Dann kröchen wir wieder aus dem Dreck

Und wären, wie sonst, recht munter




Robert Gernhardt: Trost im Gedicht

Denk dir ein Trüffelschwein

Denks wieder weg:

Wird es auch noch so klein

Wird nie verschwunden sein

Bleibt doch als Fleck


Was je ein Mensch gedacht

Lässt eine Spur

Wirkt als verborg‘ne Macht

Und erst die letzte Nacht

Löscht die Kontur


Hat auch der Schein sein Sein

Und seinen Sinn

Musst ihm nur Sein verleihn:

Denk dir kein Trüffelschwein

Denks wieder hin



Robert Gernhardt: Deutung eines allegorischen Gemäldes

Fünf Männer seh‘ ich

inhaltsschwer –

Wer sind die fünf?

Wofür steht wer?



Des ersten Wams strahlt

Blutigrot –

Das ist der Tod

Das ist der Tod


Der zweite hält die

Geißel fest –

Das ist die Pest

Das ist die Pest


Der dritte sitzt in

Grauem Kleid –

Das ist das Leid

Das ist das Leid


Des vierten Schild trieft

Giftignass –

Das ist der Hass

Das ist der Hass


Der fünfte bringt stumm

Wein herein –

Das wird der

Weinreinbringer sein.



Robert Gernhardt: Ich sprach

Ich sprach nachts: Es werde Licht!

Aber heller wurd' es nicht


Ich sprach: Wasser werde Wein!

Doch das Wasser ließ das sein


Ich sprach: Lahmer, Du kannst gehen!

Doch er blieb auf Krücken stehen


Da ward auch dem Dümmsten klar

Dass ich nicht der Heiland war



Robert Gernhardt: Der Dachs

Die Dächsin sprach zum Dachsen

'Mann, bist du gut gewachsen’

Der Dachs, der lächelte verhalten

Denn er hielt nichts von seiner Alten



Robert Gernhardt: Gebet

Lieber Gott, nimm es hin,

Dass ich was Besond’res bin

Und gib ruhig einmal zu

Dass ich klüger bin als du

Preise künftig meinen Namen

Denn sonst setzt es etwas. Amen.



Robert Gernhardt: Gespräch des Geschöpfs mit dem Schöpfer

„Schier sechzig Jahr auf deiner Welt –

Bekomme ich jetzt Schmerzensgeld?"

„Mein Kind, mir geht dein Wunsch zu Herzen:

Geld hab ich keins, doch kriegst du Schmerzen!“



Robert Gernhardt: Enttarnt

Durch einen Fehler im Weltenplan

Lockerte sich mein Schneidezahn

Da schoss es mir eiskalt durch den Sinn:

Wie, wenn ich nicht unsterblich bin?

Da schien mir urplötzlich sonnenklar

Dass ich ein endliches Wesen war

Da war ich schlagartig gewarnt:

So habe ich Gott als Mörder enttarnt



Robert Gernhardt: Ostfriesische Romanze


Zwei Leben werden enggeführt

Zwei Blicke werden sehr gespürt

Zwei Hirne werden sehr erregt

Zwei Herzen werden sehr bewegt

Zwei Körper werden sehr begehrt

Zwei Seelen werden sehr versehrt

Zwei Wochen lang wird sehr geflennt

Dann hat man sich in Leer getrennt



Robert Gernhardt: Das Gleichnis

Wie wenn da einer, und er hielte

Ein frühgereiftes Kind, das schielte

Hoch in den Himmel und er bäte:

„Du hörst jetzt auf den Namen Käthe!“

Wär dieser nicht dem Elch vergleichbar

Der tief im Sumpf und unerreichbar

Nach Wurzeln, Halmen, Stauden sucht

Und dabei stumm den Tag verflucht

An dem er dieser Erde Licht …

Nein? Nicht vergleichbar? Na, dann nicht!



Robert Gernhardt: Folgen der Trunksucht

Seht ihn an, den Texter

Trinkt er nicht, dann wächst er

Misst nur einen halben Meter -

Weshalb, das erklär ich später


Seht ihn an, den Schreiner

Trinkt er, wird er kleiner

Schaut, wie flink und frettchenhaft

Er an seinem Brettchen schafft


Seht ihn an, den Hummer

Trinkt er, wird er dummer

Hört, wie er durchs Nordmeer keift

Ob ihm wer die Scheren schleift


Seht sie an, die Meise

Trinkt sie, baut sie Scheiße

Da! Grad rauscht ihr drittes Ei

Wieder voll am Nest vorbei


Seht ihn an, den Dichter

Trinkt er, wird er schlichter

Ach, schon fällt ihm gar kein Reim

Auf das Reimwort "Reim" mehr ein



Robert Gernhardt: Denkt euch

Denkt euch, ich habe den Tod geseh‘n

Es ging ihm gar nicht gut.

Seine Hände wirkten so seltsam bleich

So gar nicht wie Fleisch und Blut

Und auf dem dürren Hals saß gar

Ein Kopf, der ganz aus Knochen war

Aus Knochen, ganz aus Knochen, denkt!

Da hab ich ihm fünf Mark geschenkt



Robert Gernhardt: Von den Gästen

Was einer ist, was einer war

Beim Scheiden wird es offenbar


Ruft er „Auf Nimmerwiedersehen“

Dann lass‘ ihn frohen Herzens geh‘n


Sagt er: „Lebt wohl, so leid mir's tut“

Dann sei mal lieber auf der Hut


Tut er nur „Tschau, bis dann dann“ brommen

Dann will das Arschloch wiederkommen.



Robert Gernhardt: Vom Leben

Dein Leben ist dir nur gelieh‘n

Du sollst nicht daraus Vorteil zieh‘n


Du sollst es ganz dem Andern weih‘n

Und der kannst nicht du selber sein

Der andre, das bin ich, mein Lieber

Nu komm schon mit den Kohlen rüber



Robert Gernhardt: Trost und Rat

Ja wer wird denn gleich verzweifeln

Weil er klein und laut und dumm ist?

Jedes Leben endet. Leb so

Dass du, wenn dein Leben um ist


Von dir sagen kannst: Na wenn schon!

Ist mein Leben jetzt auch um

Habe ich doch was geleistet:

Ich war klein und laut und dumm



Robert Gernhardt: Dreißigwortgedicht

Siebzehn Worte schreibe ich

Auf dies leere Blatt

Acht hab' ich bereits vertan

Jetzt schon sechzehn und

Es hat alles längst mehr keinen Sinn

Ich schreibe lieber dreißig hin:

Dreißig.



Robert Gernhardt: Dringliche Anfrage

Wer hat ein Alibi für mich?

Ich brauche eins für morgen

da soll ich es um 12 Uhr 10

der Königin besorgen.


Die Königin ist klein und rund

Der König groß und eckig

Dem, den sein Misstrau‘n auch nur streift

Geht es entsetzlich dreckig

Um 12 Uhr 10 bin ich bestellt

Ich trau mich gar nicht, hinzugeh‘n

Es sei, ich hätt' ein Alibi

Wer sah mich morgen, 12 Uhr 10?



Robert Gernhardt: Schön, schöner, am schönsten

Schön ist es

Champagner bis zum Anschlag zu trinken

Und dabei den süßen Mädels zuzuwinken:

Das ist schön.


Schöner ist es

Andere Menschen davor zu bewahren

Allzusehr auf weltliche Werte abzufahren:

Das ist schöner


Noch schöner ist es

Speziell der Jugend aller Rassen

Eine Ahnung von geistigen Gütern

Zukommen zu lassen:

Das ist noch schöner


Am schönsten ist es

Mit so geretteten süßen Geschöpfen

Einige gute Flaschen Schampus zu köpfen:

Das ist am allerschönsten.



Christian Morgenstern: Das ästhetische Wiesel

Ein Wiesel

Saß auf einem Kiesel

Mitten im  Bachgeriesel


Wisst ihr

Weshalb?


Das Mondkalb

Verriet es mir

Im Stillen:


Das raffinier-

te Tier

Tat's um des Reimes willen



Christian Morgenstern: Der Lattenzaun

Es war einmal ein Lattenzaun

Mit Zwischenraum, hindurch zu schau‘n


Ein Architekt, der dieses sah

Stand eines Abends plötzlich da


Und nahm den Zwischenraum heraus

Und baute draus ein großes Haus.


Der Zaun indessen stand ganz dumm

Mit Latten ohne was herum


Ein Anblick grässlich und gemein

Drum zog ihn der Senat auch ein


Der Architekt jedoch entfloh

Nach Afri- od- Ameriko.



Nach Christian Morgenstern:

Ein Gedicht voller Oxymora und Paradoxien

Dunkel war’s, der Mond schien helle

Schneebedeckt die grüne Flur

Als ein Wagen Blitzes schnelle

Langsam um die Ecke fuhr


Drinnen saßen stehend Leute

Schweigend ins Gespräch vertieft

Als ein tot geschoss’ner Hase

Auf der Sandbank Schlittschuh lief


Und ein blondgelockter Jüngling

Mit kohlrabenschwarzem Haar

Saß auf einer grünen Kiste

Die rot angestrichen war.


Neben ihm ’ne alte Schrulle

Zählte kaum erst sechzehn Jahr

In der Hand ’ne Butterstulle

Die mit Schmalz bestrichen war


Droben auf dem Apfelbaume

Der sehr süße Birnen trug

Hing des Frühlings letzte Pflaume

Und an Nüssen noch genug.


Auf 'ner grünen Rasenbanke             

Die rot angestrichen war               

Saß ein blondgelockter Jüngling       

mit kohlrabenschwarzem Haar


Holder Engel, süßer Bengel           

Furchtbar liebes Trampeltier      

Du hast Augen wie Sardellen        

Alle Ochsen gleichen Dir


Rings herum herrscht tiefes Schweigen

Und mit fürchterlichem Krach

Spielen in des Grases Zweigen

Zwei Kamele lautlos Schach


Und zwei Fische liefen munter

Durch das blaue Kornfeld hin

Endlich ging die Sonne unter

Und ein grauer Tag erschien


Und der Wagen fuhr im Trabe     

Rückwärts einen Berg hinauf   

Droben zog ein alter Rabe            

Grade eine Turmuhr auf


Von der regennassen Straße

Wirbelte der Staub empor

Und der Junge bei der Hitze

Mächtig an den Ohren fror


Beide Hände in den Taschen

Hielt er sich die Augen zu

Denn er konnte nicht ertragen

Wie nach Veilchen roch die Kuh


Diese traurige Geschichte

War so lustig wie noch nie

Deshalb heißt's auf Wiedersehen

Bleibe bei mir, oh Marie!


Dies Gedicht von Wolfgang Goethe                

Schrieb Schiller tags bei Morgenröte                                    

Als er auf dem Nachttopf saß,           

Und die Morgenzeitung las...    



Joachim Ringelnatz

Ich habe meinen Soldaten aus Blei

Als Kind Verdienstkreuzchen eingeritzt

Mir selber ging alle Ehre vorbei

Bis auf zwei Orden, die jeder besitzt


Und ich pfeife durchaus nicht auf Ehre

Im Gegenteil. Mein Ideal wäre

Dass man nach meinem Tod (grano salis)

Ein Gässchen nach mir benennt, ein ganz schmales

Und krummes Gässchen, mit niedrigen Türchen

Mit steilen Treppchen und feilen Hürchen

Mit Schatten und schiefen Fensterluken


Dort würde ich spuken.



Joachim Ringelnatz: Im Park

Ein ganz kleines Reh stand am ganz kleinen Baum

Still und verklärt wie im Traum

Das war des Nachts elf Uhr zwei

Und dann kam ich um vier

Morgens wieder vorbei

Und da träumte noch immer das Tier

Nun schlich ich mich leise – ich atmete kaum –

Gegen den Wind an den Baum

Und gab dem Reh einen ganz kleinen Stips

Und da war es aus Gips