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GREGOR SCHRÖDER

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Gregor Schröder

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Kurzgeschichten

Definition

Die Kurzgeschichte (KG), englisch: short story, ist eine moderne literarische Form der Prosa, deren Hauptmerkmal in ihrer Kürze liegt. Dies wird oft durch eine starke Komprimierung des Inhaltes erreicht.

KG basieren nicht auf einer wahren Begebenheit, sondern sind lediglich eine literarische Auseinandersetzung des/der DichterIn mit der modernen Wirklichkeit (in Deutschland meist nach 1945).

Es gibt folgende typische Merkmale der KG, die bei den Texten oft nur z.T. zutreffen. Die Übergänge z.B. zur Anekdote sind manchmal fließend (PDF-Datei Merkmale der KG und der Anekdote):

1. Struktur: unvermittelter Beginn: Steigerung der Spannung bis zum Höhepunkt, der zum Wendepunkt führt und eine Verhaltensänderung der Hauptfigur bewirkt; offener Schluss

2. Thematik: typischer Ausschnitt aus dem Leben von Alltagsmenschen, die oft ein schicksalhaftes Ereignis erleben, was meist zu einem Wendepunkt in ihrem Leben führt und eine Verhaltensänderung bewirkt.

3. Sprache: knapp, sachlich; oft nur andeutend; realitätsnahe Umgangssprache; bildhaft (Metaphern)

4. Absicht des/der AutorIn: LeserInnen durch offenen Schluss zur Auseinandersetzung mit dem (auch künftigen) Verhalten der Figuren anzuregen und sie auf die oft verborgene Bedeutsamkeit von oft ganz alltäglichen Situationen aufmerksam zu machen

5. Erzählperspektive: meist personal, Bericht aus der Distanz, z.T. auch Ich-Erzähler oder auktorial

Es folgen nun ausführliche Interpretationen zu den 11 folgenden KG anhand der unter den Texten stehenden Aufgabenstellungen. Alle KG-Texte – auch die zu Übungszwecken – finden sich in der PDF-Datei im Anhang.

Gerade die Charakterisierung von Figuren und Verhaltensweisen fällt oft nicht leicht und setzt einen recht großen und differenzierten Wortschatz voraus.

Typischer Schülertext zur Charakterisierung:

„Er reagierte sauer, worauf sie zickig wurde. Das fand er total nervig, stressig peinlich, sinnlos, voll behindert und daneben“.

Solche Adjektive charakterisieren keine Verhaltensweisen und sollten deshalb bei einer Interpretation nicht verwendet werden. Hier findet sich deshalb ein Arbeitsblatt mit 240 Adjektiven, die sich für sinnvolle Charakterisierungen eignen nebst Lösung. Zu Übungszwecken können Charakterzüge den Personen aus 5 KG zugeordnet werden. (Ergänzung in Schwarz:) Ferner finden sich im Anhang 140 charakteristische Unterschiede zwischen Männern und Frauen (mit Lösungsvorschlag) verlinken?!, was besonders Schülern helfen könnte, ein etwas differenziertes Frauenbild zu erhalten, und sie hoffentlich zu einer angemesseneren Analyse der Verhaltensweisen von der Personen einer KG befähigt.


Interpretationen zu folgenden KG:

1. Ilse Aichinger: Das Fenstertheater (1963) Als PDF zum Ausdrucken

2. Peter Bichsel: Die Tochter (1964) Als PDF zum Ausdrucken

3. Peter Bichsel: San Salvador (1964) Als PDF zum Ausdrucken

4. Heinrich Böll: Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral (1967) Als PDF zum Ausdrucken

5. Wolfgang Borchert: Nachts schlafen die Ratten doch (1947) Als PDF zum Ausdrucken

6. Rainer Brambach: Känsterle (1972) Als PDF zum Ausdrucken

7. Max Frisch: Der Andorranische Jude (1946) Als PDF zum Ausdrucken

8. Wolfgang Hildesheimer: Eine größere Anschaffung (1962) Als PDF zum Ausdrucken

9. Günther Weisenborn: Zwei Männer (1949) Als PDF zum Ausdrucken

10. Gabriele Wohmann: Ein netter Kerl (1978) Als PDF zum Ausdrucken

11. Gabriele Wohmann: Es war ein Wunder (1994) Als PDF zum Ausdrucken


Weitere KG zu Übungszwecken im PDF-Anhang:

12. Peter Bichsel: Immer wieder Weisshaupt (1988)

13. Peter Handke: Versuch des Exorzismus der einen Geschichte durch eine andere (1990)

14. Christoph Hein: Die Vergewaltigung (1990)

15. Judith Hermann: Sonja (1999)

16. Felicitas Hoppe: Die Hochzeit (1996)

17. Franz Kafka: Der Nachbar (1917 / 1953)

18. Brigitte Kronauer: Dri Chinisin (2004)

19. Brigitte Kronauer: Ehepaar Dortwang (1993)

20. Siegfried Lenz: Ein Freund der Regierung (1960)

21. Herbert Malecha: Die Probe (1955)

22. Kurt Marti: Neapel sehen (1965)

23. Rafik Schami: Der Kummer des Beamten Müller (1988)

24. Botho Strauß: Tag und Nacht (1987)

25. Gabriele Wohmann: Die Klavierstunde (1966)

26. Gabriele Wohmann: Schönes goldenes Haar (1966)

27. Gabriele Wohmann: Verjährt


1. Interpretation

Ilse Aichinger: Das Fenstertheater (1963)

1. Überblicksinformation

Die KG “Das Fenstertheater” (1963) von I. Aichinger spielt um 1960 in einer Wohnblocksiedlung  (Z.5) und handelt von einem Alten, der am Fenster für einen kleinen Jungen Theater spielt, um diesen aufzumuntern. Dies wird von einer Frau aus dem gegenüberliegenden Fenster beobachtet, fehlinterpretiert und zum willkommenen Anlass genommen, die Polizei zu alarmieren.


2. Charakteristik a) Frau, b) alter Mann, c) kl. Knabe, d) Beziehung + Handlungsverlauf

a) Die Frau „im vorletzten Stock“ (Z.5) eines Wohnblocks scheint einsam und nicht berufstätig zu sein, da sie am Fenster lehnt u. auf etwas „Neues“ (Z.2) wartet. Auch hat sie einen „starren Blick“, der „unersättlich“ (Z.2f.) ist, und hofft sensationslüstern auf einen Autounfall vor ihrem Haus. Sie bemerkt den Alten im Wohnblock gegenüber, der in seinem Zimmer Licht anmacht, obwohl es „noch ganz hell“ (Z.8) ist. Als der Mann das Fenster öffnet und herüber nickt, bezieht sie dies auf sich, da sie die Wohnungen über und unter ihr für nicht bewohnt hält (Z.14f.). Der Alte setzt einen Hut auf, lehnt sich sehr weit aus dem Fenster und winkt mit einem weißen Schal.

Er bindet sich eine Art Turban um den Kopf, verneigt sich und zwinkert mit dem linken Auge, was die Frau als „geheimes Einverständnis“ (Z.28) zwischen ihnen auffasst. Es bereitet „ihr so lange Vergnügen“ (Z.28), bis er einen Kopfstand macht und sie „die geflickten Samthosen“ sieht (Z.29). Dann verständigt sie „nicht sehr klar“ u. „erregt“ (Z.35) die Polizei, die mit einem „Überfallauto“ (Z.34) erscheint, von dessen Anblick sie sich kaum losreißen kann (Z.39f.).

Atemlos kommt sie unten an und schleicht den Polizisten hinterher bis zur Wohnung des Alten. Als diese die Tür aufbrechen, da der schwerhörige Alte die Klingel nicht hört, stellt sich heraus, dass der Alte für einen Knaben, der sich allein in der neu bezogenen Wohnung oberhalb der Frau aufhält, „Fenstertheater“ (Titel) spielt, wobei die Frau jetzt „in ihr eigenes finsteres Fenster“ (Z.60) blickt.

Dies zeigt, dass die Frau egozentrisch alles auf sich bezieht, kaum Kontakt mit Nachbarn hat und nichts über sie weiß. Sie ist engstirnig, fantasielos, hat ‘finstere’ (Z.60) Gedanken, da sie alles Neue negativ deutet. Zwar hat sie anfangs Vergnügen an dem merkwürdigen Verhalten des Alten. Sein Kopfstand in geflickten Hosen aber ist für sie unnormal, pervers und gefährlich, so dass sie die Polizei ruft, damit diese Normalität und Ordnung wiederherstellt. Sie versucht nicht herauszufinden, was der Alte da macht, da sie ängstlich, unsicher, nicht selbstbewusst und kontaktscheu ist. Zwar wartet sie auf etwas Neues, aber ihre Sensationsgier verhindert, dass sie dies wirklich richtig, angemessen und unvoreingenommen aufnimmt. In Wahrheit sind Neuigkeiten für sie ein nur ein Anlass, ihre festgefügten, stereotypen Meinungen und Vorurteile und damit ihre traditionellen Ordnungsvorstellungen zu bestätigen.

b) Der Alte wohnt auch im Wohnblock, ist ebenso einsam, „schwerhörig“(Z.58) und arm („geflickten Samthosen“, Z.29). Im Grunde ist er in einer noch schlechteren Situation als die Frau. Jedoch ist er lustig („lächelte“, Z.18), lebhaft, kontaktfreudig („winken“, „immer eifriger“, Z.19f., „kniff er das linke Auge zu“, Z.27) und geht fantasievoll mit seiner Situation um. Er ist „freundlich“ (Z.31), hat Mitleid mit dem Kleinen und scheint kinderlieb zu sein. Anstatt sich darüber aufzuregen, dass die Eltern den Kleinen allein gelassen haben (was die Frau vielleicht getan hätte!), gelingt es ihm, den Jungen durch sein kreatives Fenstertheater aufzumuntern.

c) Der Knabe wohnt im gleichen Wohnblock wie die Frau und ist ca. 1 Jahr alt, da er in einem „Gitterbett“ (Z.63) steht. Die abwesenden Eltern haben ihn mit dem Bett ans Fenster geschoben, damit er nach draußen sehen kann, und das Licht eingeschaltet, damit er sich nicht ängstigt, wenn es dunkel wird. Der Alte hat offensichtlich von gegenüber bemerkt, dass der Knabe sich einsam fühlt und weint, weshalb er ihm zuwinkt und für ihn „Fenstertheater“ spielt. Auf die ‘Faxen’ des Alten reagiert der Junge sehr schnell. Er imitiert dessen Verhalten („Auch er trug sein Kissen auf dem Kopf und die Bettdecke um die Schultern.“, „winkte herüber“, Z.64f.) und kräht „vor Jubel“ (Z.65). Unbewusst wirft er sein nachahmendes Lachen „mit aller Kraft den Wachleuten ins Gesicht.“, Z.68).

d) Beziehung zwischen den 3 Personen

Die Frau hat zum Alten und Knaben keine Beziehung. Sie bezieht nur irrtümlich Mimik und Gestik des Alten auf sich. Ihre Egozentrik und fehlende Bereitschaft, Neues positiv aufzunehmen, verhindert, dass sie nicht über den Sinn seiner ‘Faxen’ nachdenkt. Der Alte und der Knabe haben eine sehr positive Beziehung zueinander. Sie verständigen sich mit Gesten, die hier viel wirkungsvoller sind als alle Worte.

3. Funktion des Lachens und des Lichtes im Text

Lachen steht für Freude, Kontaktaufnahme (Z.37f.), Fantasie, Selbstbewusstsein (Alte und Knabe lachen, Z.36,66), aber auch für verlachen und auslachen (Z.67f.). Das Licht symbolisiert Kreativität, Freude, Erkenntnis (‘Ihm geht ein Licht auf.’). Das Gegenteil von hell ist finster (düster, unheilvoll, engstirnig). Daher sind die Zimmer des Alten und des Knaben erleuchtet, das der Frau finster (Z.7f.,63,69).

4. Absicht der Autorin mit Titel + Verhalten und Lebensumstände der 3 Personen

Die Autorin will mit dem Titel „Fenstertheater“ die szenische Handlung unterstreichen (Fenster des Alten als Bühne, Frau und Kind als Zuschauer). Auch zeigt das Verhalten der 3 einsamen Personen deren unterschiedliche Weltsicht und Umgang mit ihrer Situation. Die Frau ist ich-bezogen, engstirnig, verbittert, so dass sie Gefühle wie Freude nicht bei sich zulässt. Sie wartet auf etwas Neues (in Wahrheit: Schlimmes), damit sie sich über die Schlechtigkeit der Welt aufregen und die ‘Ordnungshüter’ zu deren Wiederherstellung rufen kann.

Der Alte verhält sich ihrer Ansicht nach unnormal, unanständig, ja pervers, da er ihr traditionelles Weltbild auf den Kopf stellt. In Wahrheit geht dieser sehr kreativ, einfühlsam und selbstbewusst mit seiner Lage und der des Kindes um. Aichinger möchte zeigen, dass ein solch offener, spielerischer Umgang mit Situationen und dem Leben viel angemessener ist, als sich so wie die Frau zu verhalten. Auch die Frau ‘macht Theater’, aber im negativen Sinne, da sie theatralisch und völlig unangemessen die Polizei ruft und so beide lächerlich macht.

Mimik und Gestik des Alten sind Musterbeispiele gelungener Kommunikation und viel wirksamer als tröstende Worte für den Kleinen.

5. Übertragung dieser Aussageabsicht auf heutige Zeit + eigene Lebenswirklichkeit

Auch heute noch gibt es viele Menschen (in Nachbarschaft, Freundeskreis, Verwandtschaft etc.), die Verhalten von anderen als normal bzw. unnormal einstufen und mit Vorurteilen bewerten. Oft sind dabei engstirniges Verhalten, fehlende Gelassenheit, unangebrachte Aufregung, mangelnde Flexibilität und Kreativität zu beobachten, was jedoch – meist nicht vorhandenes – Selbstbewusstsein erfordert.   

Oft ist ein kreativer Umgang mit Situationen erfolgversprechender, als diese nur zu beklagen und so fehlende Initiative zu verdrängen.

6. Inwiefern weist der Text Merkmale der KG auf?

Der Beginn ist typisch unvermittelt, da nähere Informationen zur Frau fehlen. Es gibt auch eine Steigerung der Spannung (die immer wilderen Gesten des Alten) bis zum Höhepunkt (Kopfstand des Alten, Z.30), der zur Verhaltensänderung der Frau (statt Vergnügen Alarmierung der Polizei) führt. Wendepunkt und z.T. offener Schluss fallen hier zusammen (Man erfährt, dass die seltsame Gestik des Alten weder der Frau galt, noch gefährlich, sondern nur Fenstertheater ist, um den Jungen aufzumuntern. Offen bleibt, wie die der Lächerlichkeit preisgegebenen Polizisten reagieren und ob die blamierte Frau jetzt bzw. künftig die richtigen Konsequenzen aus diesem für sie peinlichen Vorfall zieht.

Die Sprache ist KG-typisch, d.h. sachlich, alltäglich (aber ohne Umgangssprache) und fast ohne Ironie (außer Z.3f.). Es gibt  keine direkte Rede, aber andeutenden Erzählstil (Gefühle meist nur angedeutet) und einige Metaphern („Der Wind trieb ... u. brachte nichts Neues“, Z.1f.; „... sich von seinem Anblick loszureißen“, Z. 39f.; „Fenstertheater“, „Lachen“, „Licht“, „finsteres“; s.o., Aufgabe 3).

7. Sprachliche Gestalt der KG, Erzählperspektive/-haltung,

-form + Darbietungsformen

Die KG enthält meist recht kurze (Haupt-)Sätze. Neben Metaphern gibt es Vergleiche (Z.10f., 25, 27f.) und Alliterationen (Z.2, 4, 38, 60, 64).

Die Erzählperspektive ist personal (Blickwinkel der Frau), selten auktorial (Z.2f.). Der Text ist in der Er/Sie-Form verfasst. Als Darbietungsformen gibt es meist Erzählerbericht, eine indirekte Rede (Z.45) und inneren Monolog (Z.13).)


2. Interpretation

Peter Bichsel: Die Tochter (1964)

1. Überblicksinformation

Die KG „Die Tochter“ (1964) von P. Bichsel spielt um 1960 auf dem Lande am Abendessentisch einer sehr einfachen dt. Familie.

Sie handelt von den idealisierten Vorstellungen der Eltern über ihre ganz normale Tochter. Monika arbeitet als Bürokauffrau in der Stadt, wohnt aber noch bei ihren Eltern. Sie schämt sich ihrer Eltern und leidet unter deren durch sie selbst herbeigeführte Bewunderung. Daher reden Tochter und Eltern kaum mehr miteinander und leben fast kommunikations- und beziehungslos nebeneinander her.

2a) Charakteristik des Vaters

Der Vater ist ein einfacher Arbeiter („Lohntüte“, Z.12), Familienoberhaupt („Vater oben“, Z. 4), wortkarg (kaum direkte Rede), höflich („bedankte“ sich, Z.14), etwas einfältig („bestaunte das sanfte Geräusch der Rechenmaschine“, Z.13), seinen Gewohnheiten treu u. sehr unflexibel (regelmäßiges Essen bzw. eine Stunde Warten auf Monika am gedeckten Tisch, Z.3f.+23f.). Sein geistiger Horizont geht über seinen Arbeitsplatz (Büro) und seine 4 Wände nicht hinaus. Er empfindet Hochachtung vor Lebensstil und Können seiner Tochter („Für uns wäre das zu schwer“, Z.37). Jedoch zeigt er weder Einfühlungsvermögen noch echtes Interesse an Monika, der er immer nur oberflächliche Fragen stellt (Z.17, 35). Da er und seine Frau fast nur über Monika reden, scheint er mit seiner Frau kein persönliches Gesprächsthema und zu ihr auch nur eine oberflächliche Beziehung zu haben.  

2b) Charakteristik der Mutter

Die Mutter ist eine typische Hausfrau (“nahe der Küchentür”, Z.4f.), fürsorglich (pünktlich gedeckter Tisch, Z.3f.), stolz auf ihre Tochter (Aussehen, Stimme, Z.7f. + Z.30f.; Fähigkeiten wie Französisch + Steno, Z.37 etc.), verständnisvoll (Rauchen verzeihlich, „liebes Kind“, Z.32 + Z.8). Ihr Horizont ist begrenzt durch ihre Rolle als Mutter und Hausfrau. Sie zeigt das gleiche starre und unflexible Verhalten wie ihr Mann und bewundert die Lebensweise ihrer Tochter (s.o., Vater). Sie sieht in Monika immer noch das kleine liebe Kind und behandelt sie nicht wie eine Erwachsene. Auch besitzt sie weder Einfühlungsvermögen, noch interessiert sie sich für Monika, der sie wie ihr Mann immer nur belanglose Fragen stellt (Z.17, 35f.). Sie redet gleichfalls fast nur über Monika und hat zu ihrem Mann anscheinend ebenfalls nur eine sehr oberflächliche Beziehung.  

3a) Vorstellungen der Eltern über ihre Tochter       

Die Eltern bewundern Monika. Alles wird positiv gewertet, hochstilisiert bzw. entschuldigt. Monika steht im Mittelpunkt. Sie unterscheidet sich positiv von anderen („größer“, „blonder“, „feine Haut“, Z.7). Sie ist kenntnisreich (Plattenstars, Z.9, Steno, Französisch) und scheinbar modern (Kosmetik, „Modejournal“, „Tearoom“, Z.9, 15, 23) sowie beliebt (angeregte Unterhaltung, „lächelnd“, Z.20). Die Eltern projizieren ihre Wünsche und ihren Stolz auf sie.

3b) Reale Charakterisierung der Tochter

Der äußeren Erscheinung nach ist sie ziemlich groß und blond. Sie arbeitet in der Stadt als Büroangestellte („auch bei einem Bürofräulein“, Z.12). Sie hat eine längere Bahnfahrt ins Büro; Monika wirkt wie ein Mädchen aus einem Werbefilm, wie „ein Fräulein, das in Tearooms lächelnd Zigaretten raucht“ (Z.16). Die sie umgebenden Attribute könnten alle damals modernen Werbeangeboten entnommen sein („Plattenspieler“, Z.27; „Fläschchen und Döschen“, „Hocker aus marokkanischem Leder“, „Zigaretten“, Z.10f.; „rotes Etui“, Z.18f.; „Modejournal“, „Vase aus blauem schwedischen Glas“, Z.28f.). Nichts verweist auf eigenen Geschmack („Vase“ ist „ein Geschenkvorschlag aus dem Modejournal“, Z.28f.). Monika spielt Weltläufigkeit und Souveränität nur vor.

Sie ist ein Durchschnittsmädchen (Steno + Französisch für kaufmännische Angestellte damals selbstverständlich) und zwar modebewusst, in Wahrheit aber weder modern noch selbstbewusst. Sie ist ihren Eltern viel ähnlicher, als sie vielleicht wahrhaben will (Gewohnheiten usw.) und genauso festgelegt in ihren Verhaltensweisen sowie Gewohnheiten (s.u.). Monika scheint kaum Beziehungen zu anderen zu haben und wie ihre Eltern eher in einer Scheinwelt zu leben. Ihre Erlebnisse in der Stadt und im Büro scheinen sicher nicht sehr aufregend zu sein, so dass ihr Leben eher langweilig verläuft. Sie wird sich wohl bald ein Zimmer nehmen (Z.25), da sie die Situation zu Hause und besonders am Abendessentisch wohl als unerträglich beschämend empfindet.

4a) Ausmaß der Kommunikationsstörungen zwischen Eltern und Tochter

Die Tochter reagiert auf die Fragen der Eltern gar nicht (Sie sagt nicht, was sie in der Stadt und im Büro tut, sie spricht nicht vor den Eltern Französisch, Z.17, 36). Sie geht überhaupt nicht auf sie ein. Beide Generationen leben aneinander vorbei, wobei die wachsende Entfremdung von den Beteiligten als Schicksal hingenommen wird (Allerdings wird sich Monika bald ein Zimmer in der Stadt nehmen, Z.25). Auch die Eltern reden aneinander (Z.30-34) vorbei und nur über die Tochter sowie nicht miteinander.

4b) Ursachen der Kommunikationsstörungen

Die Eltern interessieren sich nicht wirklich für die Sorgen, Nöte, Ängste und Wünsche ihrer Tochter. Alles läuft auf einer äußerlichen Ebene (gemeinsames Essen, stereotype Fragen) ab. Monikas ‘Sprachlosigkeit’ (Sie fährt z.B. nicht aus der Haut trotz der ewigen Fragerei!) ist Ausdruck von Unsicherheit, mangelndem Selbstwertgefühl u.ä.

Gegenseitige Fehleinschätzungen, falsche Vorerwartungen und die Unfähigkeit, die bestehenden Probleme zu erkennen, anzusprechen und über Lösungsmöglichkeiten nachzudenken, führen hier zu einer stark gestörten Kommunikation.

Warum spricht Monika nicht mit ihren Eltern?

Sie will ihren Eltern möglicherweise etwas verschweigen (Probleme im Beruf?), ihnen ihre Illusionen über sie, an denen sie wohl mitgewirkt hat, nicht zerstören. Monika ist unfähig, eine Kommunikationsbasis mit ihren Eltern herzustellen und auf die Interessen und wirklichen Bedürfnisse der Eltern einzugehen.

5. Absicht des Autors (Titel !)

Der Autor beschreibt ein Verhältnis, das sich auf starre, nicht auf persönliche, individuelle Rollen bezieht (Tochter, nicht Monika!). Ferner will er ein typisches Verhältnis zwischen den Generationen aufzeigen und auf die gestörte Kommunikation als Ursache des Generationenkonfliktes hinweisen.

Meines Erachtens möchte er auch verdeutlichen, dass Eltern gerade ältere Kinder weder idealisieren noch verniedlichen („liebes Kind“, Z.8), sondern als Partner mit all ihren Problemen ernst nehmen sollten, da sie sonst nicht eigenständig und selbstbewusst werden können.

6. Inwiefern weist der Text Merkmale der Kurzgeschichte auf?

Der Text hat einen unvermittelten Beginn, da er ohne Einleitung (z.B. Vorstellung der Personen) direkt beginnt. Er ist spannungsarm und weist weder Höhe- noch Wendepunkt noch Verhaltensänderungen auf. Der Schluss ist eigentlich nicht offen, da zu erwarten ist, dass die Tochter mit dem Zug kommt und sich wie immer verhält.  Es bleibt nur offen, wie lange die Tochter diesen Zustand noch erträgt. Fast keine Metaphern im Text, z.B. „sanfte Geräusch der Rechenmaschine“ (Z.13), Da Sprache und Satzbau sehr einfach sind, spiegeln sie Einfachheit und Fantasielosigkeit der Eltern wider.

Nur bei den fantasievollen Vorstellungen der Eltern über Monika ist auch der Satzbau komplexer.

7. Erzählform, -haltung und Darbietungsformen:

Er/Sie-Erzählform; durchgehend neutrale Erzählhaltung und Erzählerbericht. Über die Gefühle der Personen erfährt man hier im Text gar nichts. Nur die meist unrealistischen Vorstellungen und Gedanken der Eltern werden wiedergegeben.


3. Interpretation

Peter Bichsel: San Salvador (1964)

1. Überblicksinformation

Die KG „San Salvador“ (1964) von Peter Bichsel spielt Anfang der 60er Jahre in einer scheinbar normalen Kleinfamilie.

Sie handelt von dem vergeblichen Versuch Pauls, eines intelligenten, aber unter mangelndem Selbstwertgefühl leidenden, vereinsamten Vaters von 2 Kindern, zu Hause seiner abwesenden Frau Hildegard einen Abschiedsbrief zu schreiben.   

Seine Unfähigkeit, sich von ihr zu trennen oder wenigstens Gründe hierfür zu nennen, lassen vermuten, dass er depressiv oder sogar lebensmüde ist und irgendwann Selbstmord begehen wird.

2. Charakteristik von a)Paul und b) Hildegard + Beziehung

a) Paul steht unter hohem psychischen Druck und ist unfähig, an Hildegard einen richtigen Abschiedsbrief zu schreiben. (Er schreibt nur: „Mir ist es hier zu kalt.“ „Ich gehe nach Südamerika.“ „Paul“, Z.5, 9). Stattdessen probiert er den extra neu gekauften Füller aus, schreibt seine Adresse und die seiner Eltern (Z.2-4), füllt und entleert den Füller (Z.13) und liest dessen mehrsprachige Gebrauchsanweisung. Er zeigt ein typisches Vermeidungsverhalten, da er nicht ausdrücken kann oder will, warum er Hildegard verlassen möchte.

Dennoch ist er wohl recht gebildet (Kenntnisse in Englisch, Französisch (Z.33), wohl auch Spanisch (Titel und „Südamerika“, Z.5). Er liest mehrere „Zeitungen“ (Z.11). Auch Wörter wie „Initialen“ (Z.2), „Papeterie“ etc. (Z.7) unterstreichen dies.

Da Hildegard „in den ‘Löwen’ telefonieren“ (Z.25) würde, wenn er nicht zu Hause wäre, scheint er täglich dorthin zu gehen, was darauf schließen lässt, dass er wohl regelmäßig Alkohol trinkt.

Sie würde „das mit Südamerika“ (Z.22f.) nicht glauben, „die Hemden im Kasten zählen“ (Z.23) und sich „damit abfinden“ (Z.27). Das zeigt, dass Hildegard von Paul nichts hält und ihm nichts zutraut. Deshalb wird er wohl nicht der Haupternährer der Familie sein.

Wahrscheinlich ist er trotz seiner Bildung arbeitslos. Wenn er weg wäre, würde Hildegard wohl „sich damit abfinden“ (Z.27). Ferner denkt er nicht an eine Kündigung seiner Arbeit. Aufgrund seiner momentanen psychischen Verfassung ist er vermutlich auch kaum in der Lage, einen seinen Fähigkeiten entsprechenden Beruf auszuüben.

Paul leidet sehr unter Hildegards Beziehungskälte („Mir ist es hier zu kalt“, Z.5), da sie sehr großen Wert auf Pünktlichkeit, Korrektheit und Ordnung legt (Sie kommt stets pünktlich „um halb zehn“, Z.36; „Hemden im Kasten zählen“; immer die gleichen Handbewegungen und Verhaltensweisen Z.28ff. u. 37).

Aus lauter Angst, von ihr getadelt zu werden, versucht er genauso ordentlich und sorgfältig bei den ‘Vorbereitungen’ für den Abschiedsbrief vorzugehen (Kauf eines Füllers, um besonders schön schreiben bzw. ‘zeichnen’ (Z.4) zu können; er nimmt „einen neuen Bogen“ und faltet „ihn sorgfältig“ (Z.4) usw.

Paul scheint sich selbst infolge seines mangelnden Selbstwertgefühls für einen Versager zu halten. Er unternimmt nichts, um seinen Wunsch, sich von Hildegard zu trennen und nach Südamerika zu gehen, konkret in die Tat umzusetzen. Er wirkt fast wie ein kleines Kind, das spontan einen Wunsch äußert, ohne diesen verwirklichen zu können. Auf diesen Rückfall in seine Kindheit deutet auch das Schreiben der Adresse seiner Eltern hin. Paul scheint überhaupt keine sinnvolle berufliche oder sonstige Perspektive zu haben (Er träumt lediglich von „Südamerika“ (Z.5) und „Palmen“ (Z.34).

Er hat offensichtlich keine Freunde, da er nicht weiß, „wem er einen Brief schreiben könnte“ (Z.31).

Seine Bindungslosigkeit und Unfähigkeit, seiner Rolle als Vater gerecht zu werden, zeigt sich daran, dass er nie – auch während er den Abschiedsbrief schreibt – an seine Kinder denkt.

2b) Charakteristik von Hildegard und Beziehung zu Paul

b) Hildegard scheint im Gegensatz zu Paul extrem korrekt und ordentlich sein, legt viel Wert auf Äußerlichkeiten, ist emotional aber sehr kühl („zu kalt“, Z,5), worunter Paul sehr leidet (Sie kommt stets pünktlich „um halb zehn“, Z.36; „Hemden im Kasten zählen“; immer die gleichen Handbewegungen und Verhaltensweisen, Z.28ff. u. 37).

Offensichtlich hat sie sich damit abgefunden, dass er ein Versager ist. Sie beachtet ihn fast gar nicht mehr und fragt ihn nur noch statt einer Begrüßung: „Schlafen die Kinder?“ (Z.36). Hildegard scheint sehr gläubig zu sein („Probe des Kirchenchores“, Z.15) und erträgt ihr Schicksal („Paul“) wohl mit christlicher Demut, da für gläubige Christen die Ehe unauflöslich und zudem eine Scheidung erst ab 1977 ohne Einwilligung des anderen Ehepartners möglich und gesellschaftlich akzeptiert ist.

Da Paul vor lauter äußerer Sorgfalt und ‘Vorbereitungen’ nicht dazu kommt, einen richtigen Abschiedsbrief zu schreiben, scheint für Hildegard die äußere Korrektheit und Ordnung das Wesentliche in ihrem Leben und ihrer Beziehung zu Paul zu sein.

Ihr ist wichtig, dass alle Hemden im Kasten sind. Sie neigt zu stereotypen, voraussehbaren Verhaltensweisen (Z.28f.). Auch scheint sie unfähig, mit Paul über ihre völlig erkaltete Beziehung oder überhaupt mit ihm zu reden.

3. Absicht des Autors unter Einbeziehung des Titels

Der Titel der KG weist darauf hin, dass Paul von dieser für ihn unerträglichen Beziehung, aus der er sich selbst nicht befreien kann, erlöst werden will. Da aber christliche Erlösung nach dem Tode im Jenseits erfolgt, drückt dies den unbewussten oder gar bewussten Todeswunsch Pauls aus. Angesichts der Hoffnungs- und Ausweglosigkeit seiner Lage bleibt ihm wohl nur die ‘Erlösung’ durch Selbstmord.

Der Autor will mit dieser Geschichte auch zeigen, wie wichtig die gegenseitige emotionale Zuwendung in einer Partnerschaft ist und welche Auswirkungen die Nichtbeachtung und die Geringschätzung des Partners haben können.

4. Einsatz sprachlicher Mittel im Hinblick auf die Autorenabsicht

Die Sprache ist durch einen Wechsel von kurzen Sätzen (Pauls Langeweils u. Eintönigkeit) und langen Sätzen (innere Erregung Pauls) gekennzeichnet (z.B. Z.1, 2-9 u.10). Sie ist sachlich und emotionslos, womit u.a. Hildegards Verhalten gekennzeichnet wird. Die Verwendung von Hochsprache und Fremdwörtern verweist auf Pauls Bildungsgrad.

5. Inwiefern weist der Text Merkmale der Kurzgeschichte auf?

Es gibt einen unvermittelten Beginn, da man anfangs gar nicht weiß, wer weshalb eine Füllfeder gekauft hat und dass es um einen Abschiedsbrief für seine Frau Hildegard geht.

Der Text ist spannungsarm und weist weder Höhe- noch Wendepunkt noch Verhaltensänderungen auf.

Der Schluss ist eigentlich nicht offen, da Hildegard ihm gegenüber sich wiederum genauso wie immer verhalten wird. Auch bei Paul ist keine Verhaltensänderung zu erwarten. Es bleibt nur offen, wie lange Paul diesen Zustand noch erträgt, ohne die aufgestauten Frustrationen bzw. Aggressionen gegen sich selbst (Selbstmord) oder vielleicht sogar gegen Hildegard zu richten (Mord).

Es gibt einige Alltagsmetaphern im Text, z.B. „Wellenlinien“(Z.3), „zu kalt“ (Z.5 = Beziehungskälte), „überflog die Kinoinserate“ (Z.11), „Feder“ (Z,13), „mit dem Ringfinger beidseitig der Schläfe entlangfahren“ (Z.28f.), „dachte an Palmen“ (Z,34 = Wunsch, völlig ungebunden und ohne irgendwelche Verpflichtungen oder Zwänge zu leben. Diese sprachlichen Bilder (Fantasie) werden verwendet, wenn es um die gestörte Beziehung zu Hildegard und um seine unerfüllten Wünsche geht, und stehen im Gegensatz zu seinem eintönigen tristen Alltag.

6. Erzählform, -haltung u. Darbietungsformen

Er/Sie-Erzählform. Nach anfänglich neutraler Erzählhaltung überwiegt im 2. Teil die personale Erzählhaltung (Sicht von Paul). Darbietungsformen: Im 1.Teil Erzählerbericht, dann die erlebte Rede (Gedanken u. Gefühle Pauls), am Schluss wieder Erzählerbericht.


4. Interpretation

Heinrich Böll: Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral (1967)

1. Überblicksinformation

Die KG „Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral“ (1967) von Heinrich Böll spielt in den 60er Jahren „in einem Hafen an einer westlichen Küste Europas“ (Z.1). Sie handelt vom gescheiterten Versuch eines dt. Touristen, seine übertriebene Arbeits-einstellung einem einheimischen Fischer aufzudrängen, der nur arbeitet, um zu leben. Letzterer entlarvt die Arbeitsmoral des Fremden als unlogisch, da der Fischer das, was der Fremde erst als fernes Ziel verspricht (sich beruhigt zu entspannen), jetzt schon macht.

2. Charakterisierung des Fischers und des Touristen mit Arbeitsmoral + Gesprächsverlauf

Ein „ärmlich gekleideter“ (Z.1) Fischer, der in seinem Boot liegt und döst, wird von einem „schick“ (Z.2) angezogenen, dauernd fotografierenden Touristen geweckt. Dieser wirkt hektisch (dauerndes „Klick“, Z.5ff.), übereifrig und aufdringlich („feindselige Geräusch“ der Kamera, Z.6; „Zuviel an flinker Höflichkeit“, Z.12), während der Fischer Ruhe und Gelassenheit ausstrahlt.

Der „der Landesprache mächtig(e)“ (Z.13), redegewandte Fremde sagt dem eher wortkargen Fischer wegen des günstigen Wetters für heute einen guten Fang voraus. Als dieser dies verneint, obwohl er sich „fantastisch“ (Z.26) fühle, wird der wohl wenig selbstbewusste Tourist, der sich nur scheinbar um dessen „Wohl“ (Z.20) sorgt und „die verpasste Gelegenheit“ (Z.21) bedauert, „immer unglücklicher“ (Z.27).

Als der Tourist ihn voller Ungeduld fragt, warum er nicht ausfahre, antwortet dieser ihm, dass er heute schon hinausgefahren sei. Der Fang sei so gut gewesen, dass er für 3 Tage genug gefangen habe. Dabei klopft er dem Fremden gelassen und „beruhigend auf die Schultern“ wegen dessen „unangebrachter, doch rührender Kümmernis“ (Z.35ff.).

Der Tourist beginnt nun besserwisserisch und bevormundend („Ich will mich ja nicht in Ihre persönlichen Angelegenheiten mischen, aber..., Z.44), dem Fischer seine unternehmerisch-egozentrische Arbeitsmoral der rücksichtslosen Ausbeutung und Gewinnmaximierung als die beste aufzuzeigen.  

Er solle bei jedem guten Fangwetter mehrmals auszufahren. So könne er sich bald einen Kutter leisten, den zusätzlichen Gewinn investieren, seinen Betrieb immer weiter vergrößern und direkt ins Ausland exportieren. Dabei verschlägt mehrfach „die „Begeisterung dem Fremden die Sprache“ (Z.62f.), was seine Selbstüberschätzung und fehlende Selbstwahrnehmung zeigt. Seine „Urlaubsfreude“ ist fast weg, da er tief „betrübt“ auf die „ungefangenen Fische“ (Z.63ff.) blickt. Der selbstbewusste Fischer ist davon unbeeindruckt und reagiert auf das ihm kindlich-naiv erscheinende Verhalten des Fremden eher väterlich-besorgt (Z.67).

Als der Tourist sagt, dann könne er „beruhigt hier im Hafen sitzen“ (Z.69f.) und dösen, entgegnet ihm der Fischer selbstbewusst und schlagfertig, dass er dies ja schon jetzt tue (Z.71).

Daraufhin geht der wenig selbstbewusste, nur scheinbar rationale und so „belehrte Tourist“ (Z.73) fort und empfindet statt Mitleid nun „ein wenig Neid“ (Z.76) für den Fischer, der ohne übertriebenen Arbeitseinsatz zufrieden lebt. Der Tourist hat jetzt erkannt, dass er als Arbeitssüchtiger gar nicht aufhören kann zu arbeiten und nach der Arbeitsmoral, die er dem Fischer aufdrängen will, selbst nicht lebt.

3. Absicht des Autors

Der Autor will mit dieser KG die übertriebene Arbeitsmoral des Touristen (Titel: „Senkung der Arbeitsmoral“) in Frage stellen. Er zeigt einen typisch dt. Unternehmer der 60er Jahre, der als ‘Workaholic’ selbst im Urlaub nur an Arbeit und Geld denken kann.   

Der Fischer beweist dem Touristen schlagfertig, dass dessen Arbeitsmoral unlogisch ist und zu Dauerstress, Unzufriedenheit, Überheblichkeit und Intoleranz führt. Zwar ist der Tourist gebildet und kann sich mit dem einheimischen Fischer unterhalten. Er interessiert sich jedoch nicht wirklich für ihn, sondern will ihm nur seine völlig unrealistischen Vorstellungen aufdrängen, die die lokale Marktsituation des kleinen Fischerdorfes im damaligen Spanien/Portugal zudem völlig missachten.

Sehr anschaulich zeigt Böll hier, dass es dem scheinbar so armen, unwissenden Fischer in Wahrheit sehr gut geht und dieser selbstbewusst und gelassen ist. Er ist mit sich und seiner Umwelt zufrieden und im Einklang, so dass er die im Grunde herablassende, belehrende und aufdringliche Art des Fremden ihm gegenüber mit souveränem Gleichmut erträgt. Der reiche, gebildete, scheinbar rational denkende Tourist entpuppt sich dagegen als wenig selbstbewusst, unglücklich, hektisch, völlig unausgeglichen, sehr naiv, völlig unrealistisch, voller Arbeitswut und Geldgier und wirkt aufgrund seiner mangelnden Selbstwahrnehmung lächerlich und bemitleidenswert. Damit will Böll meines Erachtens auch den abwertenden Hochmut der reichen Staaten gegenüber den ach so ungebildeten armen Ländern bloßstellen.

4. Kritische Stellungnahme zur Arbeitsmoral der 2 Personen aus heutiger, wirtschaftlicher / ökologischer Sicht

Zwar gehört die Sympathie des Lesers und des Autors dem Fischer. Jedoch ist dessen Arbeitsmoral nicht auf Industrienationen und damit auch nicht auf das heutige Portugal oder Spanien übertragbar. Konnte der Fischer damals noch bei Krankheit und im Alter auf die Hilfe seiner großen Familie zählen, muss heute jeder Arbeiternehmer und Selbständige auch für sein Alter bzw. für schlechte Zeiten vorsorgen. Es gibt immer weniger Großfamilien, die ihre Alten versorgen. Wer Angestellte hat oder sonstige fixe Kosten, muss Rücklagen bilden, da er sonst sehr schnell Pleite gehen kann.

Die übertriebene Arbeitswut des Touristen ist aber heute auch nicht mehr zeitgemäß, zumal solche Workaholics oft stressbedingt erkranken.

Ferner hat gerade der rücksichtslose, groß industrielle Fischfang, wie ihn der Tourist vorschlägt, zur Überfischung der Weltmeere, zum Verlust vieler Arbeitsplätze in der Fischerei und zu ökologischen Katastrophen geführt.

5. Inwiefern weist der Texte Merkmale der KG und der Anekdote auf?

Der Beginn ist nicht unvermittelt, sondern wie bei einer Anekdote erzählend. Es gibt die für eine KG typische Steigerung der Spannung (Was schlägt der immer erregtere Fremde dem Fischer alles vor?) bis zum Höhepunkt (Dann könne der Fischer beruhigt am Hafen sitzen, Z.69f.), der zum Wendepunkt (dessen schlagfertige Erwiderung, Z.71f.) führt und eine Verhaltensänderung des Touristen (Neid statt Mitleid für den Fischer, Z.75f.) bewirkt.

Der Schluss ist insofern offen, als der Tourist „nur ein wenig Neid“ (Z.76) für den Fischer empfindet, so dass fraglich bleibt, ob er künftig seine Einstellung zur Arbeit wirklich wesentlich ändern wird.

Typisch für eine Anekdote ist wiederum, dass der Schluss erzählend ist (Z.73ff.) und es eine witzige Schlusspointe (Z.71f.) gibt.

Von der Thematik ist die etwas längere Erzählung eher als KG (typischer Ausschnitt aus dem Leben von Alltagsmenschen, aber kein schicksalhaftes Ereignis) einzuordnen, da es sich nicht um historische oder bedeutende Persönlichkeiten handelt. Jedoch bleibt der Held (hier der Fischer) in allem Herr der Situation.

Sprachlich ist der Text viel mehr eine Anekdote, da er weder knapp noch sachlich ist, sondern z.T. sehr lange Sätze aufweist, die viele satirische Elemente enthalten (s.u.). Es gibt viel direkte Rede, keinen andeutenden Erzählstil, keine realitätsnahe Umgangssprache (s.u.), aber viele Metaphern, („ärmlich gekleideter Mann“, Z.1; „friedlichen schneeweißen Wellenkämmen“, Z.4; „feindselige Geräusch“,Z.6; „ ... durch ein Gespräch zu überbrücken versucht“, Z.13 etc.) was für eine KG typisch ist. Die Absicht des Autors weist sowohl auf die KG (nachdenken über – auch künftiges – Verhalten des Touristen) als auch auf die Anekedote (unterhalten und belehren) hin, so dass es sich bei diesem Text um eine satirische, anekdotenhafte KG handelt.

6. Sprachliche Gestalt der KG

Der Text weist viele rhetorische Figuren auf wie zahlreiche Metaphern (s.o.), Ellipsen (Z.3-6, 15, 17, 19) Aufzählungen (Z.3-11, 33f., 45f., 53-62), Anaphern (Z.5f., 15+19, 62+65), Alliterationen (Z.5, 6, 11, 23, 25f., 58, 64), Wiederholungen (Z.7, „Klick“, Z.5+6+10, Z.15+19) und Übertreibungen (Z.53ff.). Der Tourist verwendet echte (Z.32, 39) und rhetorische Fragen (Z.22, 51) und gebraucht die wirtschaftliche Fachsprache („Kutter“, Z.55; „Kühlhaus“, „Räucherei“, „Marinadenfabrik“, „Fischschwärme, „Lachsrechte“, „Zwischenhändler“, Z.58-61) dieser Branche sowie die Hochsprache. Damit unterstreicht der Autor die zentralen Charakterzüge des Touristen (Begeisterung, Aufdringlichkeit, Hartnäckigkeit, den Fischer nicht ernst nehmen, hoher Bildungsgrad, Fachwissen, Überredungskunst, aber auch blühende Fantasie und mangelnden Realitätssinn). Der Fischer verwendet Zeichensprache und eine klare, einfache Sprache, was dessen Gelassenheit und Realitätssinn zeigt.

Die ironisch-satirischen Formulierungen („wahrhaft gesprochenen Wort“, Z.23; Z.28, 37, 63-65) sollen das Verhalten des Touristen kritisieren und lächerlich machen sowie dessen völlig unrealistische Ansichten karikieren.


5. Interpretation

Wolfgang Borchert: Nachts schlafen die Ratten doch (1947)

Überblicksinformation

Die Kurzgeschichte von Wolfgang Borchert „Nachts schlafen die Ratten doch“ (1947) spielt gegen Ende des 2. Weltkrieges in einer durch einen Bombenangriff zerstörten Stadt. Sie handelt von der schicksalhaften Begegnung zwischen einem kleinen Jungen und einem älteren Mann, der ersterem neuen Lebensmut gibt.

1. Beschreibe die Anfangssituation Jürgens (Z.1-8) und analysiere den Gesprächsverlauf bezüglich der Absichten des älteren Mannes u. des Jungen sowie seine Reaktionen.

Der 9-jährige Jürgen haust seit Tagen völlig verzweifelt und apathisch in einer verlassenen „Schuttwüste“ (Z.2f.), weil er eine Art Totenwache für seinen verschütteten 4-jährigen Bruder hält. Als er einen älteren Mann mit einem Messer sieht, denkt er wohl, dass man ihn zu seinen Eltern zurückbringen wolle („Jetzt haben sie mich!“, Z.4), und reagiert auf ihn ängstlich und misstrauisch. Seinen Stock hält er „mutig“ (Z.13) fest, um sich verteidigen zu können. Die Fragen des Mannes beantwortet er kurz und ausweichend („Das kann ich nicht sagen.“, Z.15. „Ich kann es nicht sagen. Was anderes eben.“, Z.20).

Der Mann, der zufällig vorbeikommt, um Kaninchenfutter zu sammeln, will herausfinden, worauf der Junge aufpasst. Denn er möchte ihn von diesem trostlosen Ort weglocken und zu seinen Eltern bringen. Deshalb versucht er mit dem Hinweis auf seine Kaninchen, Jürgens Neugier („Jürgen machte einen runden Mund. 27?“, Z.31) zu wecken. Zugleich lobt er ihn („Donnerwetter, ja! ... Bist ja ein fixer Kerl“, Z.24), begibt sich auf dessen kindliche Ebene und gewinnt so schrittweise sein Vertrauen. Dieser „flüstert“ (Z.36), ist aber noch „unsicher“, (Z.33), ob er ihm schon ganz vertrauen soll. Jürgen ist sehr traurig, dass er hier aufpassen muss („Nein, sagte Jürgen traurig, nein, nein.“, Z.44).

Um den Jungen nun zu einer Entscheidung für ihn zu zwingen, greift der Mann zu einem weiteren psychologischen Trick, indem er sich scheinbar zum Gehen wendet („Na ja, wenn du hierbleiben musst – schade. Und er drehte sich um.“, Z.45f.).

Jürgen fürchtet, wieder allein zu sein in dieser trostlosen und „vereinsamten“ (Z.1) Gegend. Daher teilt er ihm sein Geheimnis mit, dass er eine Art Totenwache für seinen Bruder halte, da sein Lehrer ihm gesagt habe, dass Ratten „von Toten“ äßen (Z.49).

Der Mann benutzt nun eine Notlüge, indem er behauptet, „dass die Ratten nachts schlafen“ (Z.59), da dies die einzige Möglichkeit ist, um den Jungen von dessen sinnloser Totenwache abzubringen. Außerdem spielt er geschickt sein neu gewonnenes Vertrauen gegen die Aussage des Lehrers aus („... das ist aber ein Lehrer, wenn er das nicht mal weiß.“, Z.61).

Jürgen wird unsicher („Ich weiß nicht, ..., wenn sie wirklich nachts schlafen.“, Z.70f.), will dem Mann aber glauben, da er dann nach Hause gehen kann, und zeigt jetzt seine völlige Erschöpfung („sah mit einmal ganz müde aus“, Z.60). Er macht „kleine Kuhlen in den Schutt“ (Z.69), die für ihn „lauter kleine Betten“ (Z.64) und „lauter kleine Kaninchen” (Z.69) sind. Dies zeigt, dass er sich nach etwas Lebendigem sehnt, vielleicht als Ersatz für seinen toten Bruder („Wenn ich eins kriegen kann? Ein weißes vielleicht?“, Z.74). Der Wunsch nach Betten zeigt auch, dass er diese nicht nur für die Kaninchen, sondern auch für sich wünscht, da er total übermüdet ist.

Er gibt nun die unnatürliche Erwachsenrolle auf (Verantwortung für seinen toten Bruder Z.53-57, Verteidigung, Z.13, keine Schwäche zeigen, Z.13,18, Rauchen, Z.40, und Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln, Z.38), verbirgt nicht mehr seine Müdigkeit (Z.60) und zeigt kindliche Begeisterung („Ja, rief Jürgen, ich warte. Ich muss ja noch aufpassen, bis es dunkel wird ... Wir haben ja noch Bretter zu Hause. Kistenbretter, rief er.“, Z.79). Er ist jetzt bereit, mit dem Mann nach Hause zu gehen.

2. Charakterisiere den Jungen und erläutere dessen Verhaltensweisen inkl. Ursachen

Der 9-jährige Jürgen ist für sein Alter sehr mutig, reif und aufgeweckt. Die Hälfte seines Lebens hat er den Krieg miterlebt und seit einiger Zeit wohl auch die Angriffe der Alliierten. Sehr früh wird er mit den Schrecken des Krieges und Tod konfrontiert. Er liebt seinen kleinen Bruder sehr, da sein schrecklicher Tod ein furchtbarer Verlust für ihn ist. Seine Eltern fliehen zu Bekannten, als ihr Haus bombardiert wird, und haben wohl auch kaum Zeit, mit Jürgen zusammen den Verlust des 4-jährigen aufzuarbeiten. So wird Jürgen wohl mit diesem Erlebnis alleingelassen, was bei ihm zu einem schweren Trauma führt. Als er in der Schule erfährt, dass Ratten von Toten essen, geht er heimlich zum früheren Elternhaus, um dies zu verhindern und dort für seinen Bruder Totenwache zu halten. Tagelang haust er in der Schuttwüste, erlebt sicher Fliegerangriffe und viele beängstigende Situationen in der Nacht, die er aber seinem toten Bruder zuliebe durchsteht.

Als er dem älteren Mann begegnet, ist er zuerst abweisend und misstrauisch. Die kindgerechte Art des Mannes flößt ihm jedoch Vertrauen ein, zumal er froh ist, nach so langer wieder mit einem Menschen zu sprechen. Da er Angst hat, dass der Erwachsene ihn wegen seiner sinnlosen Totenwache auslacht bzw. gewaltsam nach Hause bringen will, traut er sich lange nicht, ihm den Grund seines Hierseins zu verraten. Erst als der Mann wieder zu gehen droht, gibt er sein Geheimnis preis.

Der Mann gibt ihm das, was Jürgen dringend braucht: Lob, Anerkennung, Verständnis, emotionale Zuwendung, positive Verstärkung und etwas Lebendiges - ein Kaninchen, was ihm psychologisch über den Verlust seines Bruders hinweghelfen kann (Diese Kurzgeschichte ist im Übrigen ein Musterbeispiel für die erstaunliche Wirkung rundum gelungener Kommunikation!). Jetzt traut er sich wieder, Kind zu sein. Er ist begeistert und zeigt seine Freude (Z.78f.). Ob Jürgens Verhaltensänderung dauerhaft ist, bleibt zu hoffen, ist aber keineswegs sicher.

3. Inwiefern spiegelt die Beschreibung der Umwelt des Jungen am Anfang (Z.12-8) und Ende (Z.80ff.) dessen geänderte Lebenseinstellung wider?

Adjektive wie hohl, vereinsamt, „blaurot“ (Z.1), steilgereckt (Z.2), „dunkel“ (Z.3f.) und Verben wie gähnen (Z.1), dösen (Z.3), stehen (Z.6)  und Metaphern wie Schuttwüste und Staubgewölbe (Z.2), schildern anfangs das Trost- und Leblose sowie Düstere dieser Umwelt, was Jürgens Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit unterstreicht.

Am Ende wird dieselbe Umwelt geschildert. Allerdings ist die Umwelt belebt („Er lief“, Z.80; „der Korb schwenkte aufgeregt hin und her“, Z.82f.). Die rote Farbe der Sonne signalisiert Liebe und Wärme. „Grünes Kaninchenfutter“ (Z.83) steht für die neue Hoffnung Jürgens. Allerdings ist es „etwas grau vom Schutt“ (Z.84). Die Zerstörung der Häuser und der Tod seines kleinen Bruders – also die äußeren Umstände – sind unverändert. Jürgens dauerhafte Verhaltensänderung ist keineswegs gesichert.  

4. Erläutere die Absicht des Autors.

(1) Borchert möchte mit dieser Geschichte zunächst zeigen, wie es einem einfühlsamen, psychologisch sehr geschickten Erwachsenen gelingen kann, einen schwer traumatisierten kleinen Jungen von seinem gut gemeinten, aber sinnlosen Verhalten so abzubringen, dass er dies freiwillig tut und die Chance erhält, für sich eine hoffnungsvolle Lebensperspektive zu entwickeln.

(2) Ferner möchte der Autor auch verdeutlichen, dass eine Notlüge in solch einer Extremsituation gerechtfertigt ist.

(3) Schließlich möchte er auch die Schrecken des Krieges schildern, die gerade die Zivilbevölkerung und besonders die Kinder trifft.

(4) Zugleich bietet diese Geschichte die Hoffnung, dass es einen Neubeginn gibt, wenn die Älteren so vorbildlich wie hier mit den schwer (psychisch und physisch) geschädigten Kindern umgehen.

5. Inwiefern weist der Text Merkmale der Kurzgeschichte auf?

Der Text weist die typischen Strukturmerkmale der KG auf. Er hat einen unvermittelten Beginn (Man erfährt z.B. nicht, was mit Jürgen los ist.), es gibt eine Steigerung der Spannung (Jürgens Geheimnis) bis zum Höhepunkt (Preisgabe, Z.48ff.). Der Wendepunkt und Jürgens Verhaltensänderung (Aufgabe der Totenwache, Z.78ff.) wird mit der Notlüge des Mannes (Z.59) eingeleitet. Der Schluss ist offen, da man nicht weiß, ob Jürgen wirklich seine „Totenwache“ dauerhaft aufgibt und seinen neuen Lebensmut behält.

Die Sprache ist knapp und sachlich (ohne Ironie) und weist einige Metaphern auf („vereinsamten Mauer“, „gähnte blaurot“, Z.1; „Staubgewölbe“, Z.2), die das Lebensbedrohliche der Umwelt unterstreichen sollen. Die „Kuhlen“ (Z.69) symbolisieren für Jürgen Betten und Kaninchen, seine geheimen Wünsche, die er sich kaum auszusprechen traut.

Die direkte Rede ist einfach und umgangssprachlich („Wohl auf Geld, was?“, Z.20) und zeigt die kindgerechte Art des Mannes. Der andeutende Sprachstil fordert den Leser dazu auf, die wirklichen Empfindungen und Schlussfolgerungen selbst nachzuvollziehen.

6. Übertrage diese Geschichte auf die heute Zeit und deine eigene Lebenswirklichkeit.

Zwar spiegelt diese Geschichte die spezielle Situation des Kriegsendes wider. Ähnliches erleben allerdings Kinder zu allen Zeiten während eines Krieges, der in anderen Ländern oft viele Jahrzehnte und bis heute andauert (Libanon, Afghanistan, Somalia, Kongo, Birma usw.).

Die kindgerechte Art des älteren Mannes ist auch ein Modell dafür, wie Ältere mit Kindern bzw. Jugendlichen umgehen sollten. In Freundeskreis, Nachbarschaft etc. erlebt man oft, dass den Erwachsenen das erforderliche Verständnis für die Bedürfnisse von Jugendlichen fehlt. Da jeder Mensch (und besonders Kinder) Anerkennung, Verständnis und liebevolle Zuwendung braucht, führt deren Fehlen zu Verunsicherung, mangelndem Selbstwertgefühl, Wut, Enttäuschung und dann zu Aggression und Gewalt, worüber die Medien täglich berichten.)


6. Interpretation

Rainer Brambach: Känsterle (1972)

1. Überblicksinformation

R. Brambachs KG „Känsterle“ (1972) spielt in einer typisch dt. 4-köpfigen Familie der 60er Jahre in der Vorweihnachtszeit. Sie handelt von der gestörten Beziehung zwischen den Eltern, wobei sich der einfache Schlosser infolge der dauernden Demütigungen durch seine Frau nur mit einem hilflosen Gewaltausbruch gegen sie und auf sie bezogene Teile der Wohnungseinrichtung wehren kann, der die Beziehung noch weiter verschlechtert.

2a) Charakteristik von Rosa

Rosa erwartet als Hausfrau u. Mutter zweier Kinder zu Recht, dass ihr Mann nach Feierabend zu Hause mit ihr redet. Jedoch nimmt sie dabei keine Rücksicht auf sein Bedürfnis, sich zunächst nach der Arbeit zu entspannen, erkundigt sich nicht nach seiner Arbeit, sondern überfällt ihn, den Handwerker, mit Renovierungsarbeiten, die er unbedingt erledigen muss.

Sie ist sehr extrovertiert und hat ein sehr starkes Redebedürfnis, womit Wallfried völlig überfordert ist.

Ständig vergleicht sie ihn mit ‘Mustermännern’ wie Herrn Hansmann, der für sie „so ein ordentlicher Mann“ (Z.19) ist, weil er wohl seiner Frau zu Liebe ohne Not Winterfenster streicht (Z.17f.) und setzt ihn damit herab.

Sie legt sehr viel Wert auf das Urteil der Nachbarn („Niemand im Haus hat so schäbige Winterfenster wie wir!“, Z.10), was ihre konservative Spießigkeit, Oberflächlichkeit und ihr mangelndes Selbstbewusstsein zeigt. Sie „glättet mit der Hand das Tischtuch“ (Z.35), eine unbewusste Reaktion, die ihren übertriebenen Ordnungssinn zeigt. Nur scheinbar nimmt sie Rücksicht auf ihre schlafenden Kinder, da sie ihrem Mann laut rufend (Z.4+31) befiehlt, leise zu sein, bzw. ihn sogar anschreit.

Ihre mangelnde Sensibilität, ihr Egoismus, ihre Ich-Bezogenheit und ihre Gefühllosigkeit und fehlende Sensibilität werden deutlich, als sie ohne Bedauern vom Tode Weckhammers berichtet und sofort hinzufügt, dass dessen Witwe ihnen billig eine Nikolauskutte verkaufe, die Wallfried nur noch abholen müsse.

Ihr scheint es egal zu sein, dass die Kutte für Wallfried viel zu groß ist. So groß wie Weckhammer soll ihr Mann sein. Daher versucht sie erst gar nicht, die Kutte zu kürzen oder ihren Mann vorher um Einverständnis zu fragen. Ihre Bevormundung, Dominanz, Rücksichts- und Lieblosigkeit zeigt sich darin, dass sie seine Einwände, dass er sich die Nikolausrolle nicht zutraue, starrsinnig ignoriert, ihn beleidigt und ihn mit dem Hinweis „Nicht einmal den eigenen Buben willst du diese Freude machen!“ (Z.37f.), zwingt, diese Rolle zu spielen. Als er die Treppe hinunterfällt und sich wehtut, demütigt sie ihn nochmals, als sie ihn beschimpft, statt Mitleid zu zeigen (Z.58f.). Ihre fehlende Selbstreflexion und ihre Art, die Fehler ihres Mannes zu übertreiben, zeigt sich, indem sie nach seinem Wutanfall ihn vor den Nachbarn zu Unrecht beschuldigt („Er schlachtet die Buben ab!“, Z.66).

2b) Charakteristik von Wallfried

Wallfried, ein „einfacher Schlosser“ (Z.1), sieht nach Feierabend regelmäßig fern („Wo denn sonst?“, Z.29), wohl auch, um nicht mit Rosa reden zu müssen, von der er sich ständig anhören muss, was er alles im Haus tun soll. Die dauernden Vergleiche mit ‘Mustermännern’ der Nachbarschaft und ihre Hinweise auf noch nicht erledigte Hausarbeiten führen dazu, dass er gar nicht mehr den Versuch macht, mit seiner Frau zu reden oder ihr gar zu widersprechen. Er scheint nicht zu begreifen, dass Rosa zu Recht von ihrem Mann Aufmerksamkeit, Zuwendung und Anerkennung in ihrer Rolle als Ehefrau, Hausfrau und Mutter erwartet, da sie den ganzen Tag mit Kindern und Haushalt beschäftigt ist.

Seine Hilflosigkeit u. sein mangelndes Selbstwertgefühl werden durch Rosas Beleidigungen, Demütigungen und Bevormundungen noch verstärkt, so dass er sich die Nikolausrolle nicht zutraut, da er kein geübter Redner sei und nicht gut bzw. viel sprechen könne (Z.32-34). Er ist ein sehr einfacher, introvertierter, auch ich-bezogener, wenig kommunikativer, ruhiger, wenig einfühlsamer Mensch, der mit Rosas Temperament und Redefluss völlig überfordert ist.   

Auch seine heftige Reaktion am Schluss ist Ausdruck seiner Hilflosigkeit, sich gegenüber Rosa zu behaupten. Er fühlt sich „elend“ (Z.72) und hat Schuldgefühle.

2c) Beziehung zwischen Rosa und Wallfried

Die Beziehung zw. beiden ist wohl schon lange gestört, da keiner die Bedürfnisse des anderen wahrnimmt und auf sie eingeht. Rosa ist so unzufrieden mit Wallfried, dass man sich fragt, warum sie ihn geheiratet hat. Es fehlt in dieser Ehe an Respekt, liebevoller Zuwendung, Anerkennung und Verständnis für einander, besonders von Rosa.

3. Ursache für die heftige Reaktion Känsterles

Wallfried ist durch die ständigen Demütigungen, Beleidigungen, Bevormundungen und Überforderungen dermaßen gekränkt, dass er wohl schon innerlich kocht, als er die Nikolauskutte anzieht. Dabei stellt er fest, dass Rosa ihm ein viel zu großes Kostüm zugemutet hat, wohl um ihm zu zeigen, dass er endlich die Rolle eines richtigen ‘Mustermannes’ ausfüllen soll.  

Dabei nimmt sie nicht nur in Kauf, dass er sich damit vor den Kindern lächerlich machen würde, sondern beschimpft ihn auch noch, als er die Treppe herunterfällt und sich wehtut, statt ihm zu helfen und Mitgefühl zu zeigen. Dieser Gipfel an Lieblosigkeit und Demütigung führt dazu, dass er in seiner Wut Rosa ohrfeigt und die mit ihr verbundenen Gegenstände zerstört (ihren Lieblingspfauen, Geschirr und das verhasste Winterfenster, mit dem sie ihn dauernd demütigt, Z.62-65).

4. Vervollständige und interpretiere den Kommentar des Herrn Hansmann (Z.71)

Herr Hansmann könnte meinen: „‘Mein lieber Känsterle, ist das alles’, was Sie können?“. Dies wäre als Kritik zu verstehen, so dass seiner Ansicht nach Känsterle, dessen ‘Unfähigkeit’ dank Rosa wohl den Nachbarn bekannt ist, nichts anderes zustande bringt, als die Wohnung zu verwüsten, statt sich z.B. mit Worten zu wehren.

Die 2. Möglichkeit („‘... ist das alles’, was Sie zerstört haben?“) ist jedoch viel wahrscheinlicher, da Herr Hansmann wohl genauso unter seiner eigenen Frau zu leiden hat (Z.17f.). Auch bedeutet das Glitzern in seinen Augen (Z.69f.) ein geheimes Einverständnis und nicht Kritik oder Empörung. Er ist wohl froh, dass Känsterle endlich das tut, was er sich bei seiner Frau nie getraut hat. Allerdings hätte er noch mehr Zerstörung erwartet.

5. Künftige Beziehung zwischen Rosa und Wallfried nach diesem Vorfall

Rosa hat aus diesem Vorfall sicherlich nichts gelernt, da sie sofort Wallfried zu Unrecht beschuldigt, dass er die Buben abschlachte (Z.66), um den Nachbarn zu zeigen, wer hier der Schuldige ist. Wallfried hat seine ganze Hilflosigkeit durch diese körperliche Aggression gezeigt. Er fühlt sich elend (Z.72), gedemütigt, hat Schuldgefühle und steht vor den Nachbarn wohl als gewalttätiger Versager da, der fast seine Kinder getötet hätte. Seine Frau wird versuchen, die Mitleid – und Sympathie erregende Opferrolle einzunehmen, da sie mit so einem ‘furchtbaren u. gewalttätigen’ Mann verheiratet ist.

Ein „kalter Wind“ (Z.74) kennzeichnet die künftige Beziehungskälte zwischen beiden. Sicherlich wird sie anfangs noch vorsichtig sein. Sobald sie jedoch merkt, dass er diesen Wutanfall bereut, wird sie wohl sehr schnell diesen Vorfall ihrem Mann vorhalten, um ihn noch mehr zu demütigen. Eine Trennung ist für sie als Hausfrau mit 2 Kindern in der damaligen Zeit (vor 1972) unwahrscheinlich, zumal sie wegen ihres Charakters nicht leicht einen Mann findet, mit dem sie so umspringen kann. Dieser ist vor Rosa und den Nachbarn vollständig blamiert und wird wohl nicht anders können, als künftig Rosas Wünschen ohne Zögern und Widerrede zu folgen. Fraglich ist, wie lange das gut gehen kann, ohne dass Wallfried erneut „explodiert“.

6. Merkmale der Kurzgeschichte (KG) – Struktur + Sprache

Der Beginn der KG ist nicht ganz unvermittelt, da man erfährt, wer Känsterle ist und um welche Situation es geht. Die Steigerung der Spannung bis zum Höhepunkt besteht darin, dass die ständig steigenden Demütigungen in Wallfrieds Sturz gipfeln. Der Wendepunkt mit Verhaltensänderung ist Känsterles heftige Reaktion auf Rosas Lieblosigkeit nach seinem Sturz. Zwar bleibt offen, wie sich beide künftig zueinander verhalten werden. Der “kalte Wind” am Schluss  und Wallfrieds Schuldgefühle lassen jedoch eher eine Verschlechterung der Beziehung zu seinen Lasten erwarten. Realitätsnahe Umgangssprache (auch Satzlänge passt zu Rosa und Wallfried), aber viele Metaphern, z.B.: „Schirm“ (Z.16), „Aus“ (Z.23), „matte Scheibe“ (Z.30), „Haarknoten ... eigensinnig wackelt“ (Z.35f.), „Vermaledeiter Stockfisch“ (Z.37), „Känsterles Gesicht verdüstert sich“ (Z.40), „trübes Licht“ (Z.41), „Der Abstieg beginnt“ (Z.49), „Backpfeife“ (Z.61), „Scherben ... hageln“ (Z.64), „kalter Wind“ (Z.74). Sie verdeutlichen die z.T. verdrängten Gefühle (Angst, Wut ...) u. Einstellungen der beiden (z.B. hyperkorrekt) sowie ihre Beziehung (z.B. Abneigung).


7. Interpretation

Max Frisch: Der Andorranische Jude (1946)

1a) Überblicksinformation

Der Text “Der Andorranische Jude” von Max Frisch erzählt die Geschichte eines vermeintlich andorranischen Juden, der angeblich die typisch jüdischen Eigenschaften besitzt und diese auch bei sich selbst zu entdecken glaubt.

Nachdem er grausam getötet worden ist, entdeckt man, dass er ein Findelkind und “ein Andorraner wie unsereiner” (Z. 42) war. Somit entpuppen sich die angeblich jüdischen als menschliche Eigenschaften und als reine Vorurteile.

1b) angeblich typisch jüdische Eigenschaften + Bewertung

Kein Gemüt (Z.4f.) Schärfe des Intellektes (Z.5), denkt stets ans Geld (Z.7), hat kein zugeborenes Vaterland (Z.12), taktlos (Z.14), immer auf seinen Vorteil bedacht, biedert sich an (Z.17f.), rastloser, alles zergliedernder Scharfsinn (Z.20f.), Hitze der Leidenschaft und Kälte seines Verstandes (Z.23), Rachsucht (Z.24), misstrauisch (Z.25);

Alle Eigenschaften sind ausschließlich negativ, so dass hier das vorurteilsbeladene Bild vom angeblich rein geldgierigen, vaterlandslosen, hinterhältigen, gefühllosen, seinen Verstand einseitig einsetzenden, rachsüchtigen – letztlich unmenschlichen – Juden entworfen wird.

2. Folgen der Vorwürfe der Andorraner auf den jungen Mann

Da alle ihm diese Vorwürfe machen und ihn nicht akzeptieren, lassen sie ihm weder die Chance, wie die anderen zu sein, noch, unauffällig zu leben, so dass er sich notgedrungen so verhält, wie sie es ihm vorwerfen. Er ist nun stolz auf sein angebliches Anderssein und überspielt diese feindselige Trotzreaktion aus Unsicherheit mit „einer geschäftigen Höflichkeit“ (Z.29), hinter der sich der stumme Vorwurf verbirgt, als sei „die Umwelt daran schuld, dass er Jude sei“ (Z.30).

3. Kritik an den „freieren und fortschrittlicheren Andorranern“

Sie sind im Grunde kaum besser als die anderen, da sie ebenfalls angeblich typisch jüdische Eigenschaften an dem jungen Mann entdecken bzw. in ihn hineinprojizieren, diese allerdings positiv bewerten (z.B. Profitstreben, Cleverness, keine Gefühlsduselei, Realitätssinn, Bejahung von Sexualität), was man als positiven Rassismus bezeichnet.

Ferner setzen sie sich nicht für ihn ein, vermissen ihn auch nicht (Z.38) und beklagen nicht seine Tötung, sondern vor allem die grausame und ekelhafte Art der Ermordung, weil sie wohl ihr ästhetisches Empfinden verletzt.

4. Interpretation des Schlusstextes (Z.42ff.)

Die Pointe des Textes besteht darin, dass der junge Mann ein Findelkind war und damit die angeblich typisch jüdischen Eigenschaften reine Vorurteile und typisch andorranische bzw. menschliche Eigenschaften sind. Max Frisch bezieht in seine Kritik mit dem Wort „unsereiner“ (Z.42) sowohl den Leser als auch sich selbst mit ein, da wohl jeder auf irgendeine Weise Vorurteile hat.

Da alle „die Züge des Judas“ (Z.44f.) tragen, haben alle den jungen Mann verraten und sind mitschuldig an seinem Tod, nicht nur die Täter.

5a) Autorintentionen

Da menschliche Eigenschaften und Verhaltensweisen weitgehend durch die Umwelt geprägt und beeinflusst werden, ist der Titel bereits ein Widerspruch in sich. Frisch will zeigen, dass ein Mensch sich – unabhängig von seiner Herkunft bzw. Religion – seiner Umgebung anpasst und auf Anerkennung durch sie angewiesen ist.

Fehlt diese Wertschätzung, versucht er oft, durch Annahme der Außenseiterrolle statt Anerkennung wenigstens Aufmerksamkeit zu erlangen, um sein Selbstwertgefühl nicht ganz zu verlieren. Damit bestätigt er jedoch die Vorurteile seiner Umwelt, was zu einem verhängnisvollen Kreislauf führt.

Alle Menschen neigen in unterschiedlichem Maße dazu, zur Selbstaufwertung andere auszugrenzen und zu Sündenböcken zu machen, besonders, wenn diese Eigenschaften aufweisen, die sie selbst bei sich als negativ empfinden und daher verdrängen (Schuldgefühle), oder wenn sie diese Eigenschaften auch gerne besäßen (Neid).

Frisch will ferner 1 Jahr nach Ende des Holokausts (1946) sagen, dass auch diejenigen, die die Juden ‘nur’ als anders dargestellt haben und nichts zu ihrer Rettung unternommen haben, mitschuldig sind.

Er verlegt den Schauplatz der Handlung nach Andorra - ein kleines Land in den Bergen (wie die Schweiz!) -, um zu zeigen, dass solche Ereignisse wie die Judenverfolgung nicht nur in Deutschland, sondern eigentlich in jedem Land passieren können. Als Schweizer denkt er natürlich auch an die unrühmliche Rolle der ‘neutralen’ Schweiz, die nicht nur finanziell mit dem Hitler-Regime eng verbunden war, sondern auch Zehntausenden Juden die Einreise verweigerte, so dass sie in den Gaskammern endeten.

5b) Transfer

Auch heute gibt es nicht nur in Deutschland - neben dem weiter bestehenden Antisemitismus (Judenfeindschaft) – Vorurteile gegen Menschen anderer Herkunft, Kultur, Religion usw. Im Westen dienen zurzeit vornehmlich Muslime und Afrikaner wie die Juden als Sündenböcke für verdrängte Ängste, Schuldgefühle und Wünsche.

Vorurteile gibt es aber auch gegen alle, die irgendwie anders sind, als die gesellschaftlichen Normen vorschreiben (Freundeskreis, Schule, Nachbarschaft). Auch hier greifen die gleichen psychologischen Abwehrmechanismen. Da jeder Mensch dazu neigt, sich Urteile über andere zu bilden, sollte man sich bewusst sein, dass alle Urteile über andere vorläufig und subjektiv sind, da sie nicht selten auf Missverständnissen bzw. Projektionen (Übertragungen) eigener Ängste usw. beruhen.

Nur wenn man diese psychologischen Mechanismen erkennt und bereit ist, seine vorläufigen Urteile über andere gegebenenfalls zu ändern, entgeht man der Gefahr, das „fertige Bildnis“ (Z.3) vom anderen gegen jede andersartige Beobachtung abzuschotten und zu verteidigen. Neue, nicht ins vorgefertigte Bild passende Verhaltensweisen werden sonst entweder gar nicht registriert oder als Ausnahmen abgetan.

Voraussetzung für eine solche Bereitschaft, andere nicht vorschnell „abzustempeln“, ist jedoch u.a. ein positives Selbstwertgefühl, eine tolerante Lebenseinstellung sowie die Fähigkeit, mit eigenen Schwächen offen und unbefangen umzugehen.

6. Merkmale der Kurzgeschichte

Text weist kaum Merkmale der KG auf. Kein unvermittelter Beginn, sondern erzählende Einleitung; nur bedingt Steigerung der Spannung, da junger Mann sich Umwelt anpasst; Höhepunkt (grausamer Mord) geschieht eher beiläufig, wobei der Wendepunkt in der KG-untypischen, überraschenden Pointe (Andorraner wie unsereiner) besteht. Eine Verhaltensänderung ist sehr fraglich, da die Andorraner zwar ihren Verrat erkennen, aber verdrängen (Z.43). Offen bleibt am Schluss, ob sie bzw. der Leser künftig daraus die richtigen Konsequenzen ziehen.

Die gehobene Sprache verweist auf Intellektuelle / Schriftsteller (= Erzähler, Z.1), womit Frisch auf die Verantwortlichkeit dieser sozialen Schicht hinweist. Deshalb gibt es auch viele sprachliche Bilder, z.B. “fertige Bildnis“ (Z.3), „Schärfe seines Intellektes“ (Z.5), Mundwinkel (Z.9), „Wort in den Mund genommen“ (Z.10), „an Takt fehlte“ (Z.14), „Kluft des Verdachtes“, „buhlte um eine Gunst“ (Z.17), „alles zergliedernden Scharfsinn“ (Z.20f.), „Hitze der Leidenschaft“, „Kälte des Verstandes“(Z.23), „Geheimwaffe seiner Rachsucht“ (Z.24), „die Züge des Judas tragen“ (Z.44f.), die sich meist auf die Vorurteile beziehen und deren Fragwürdigkeit durch griffige, fertige Bilder sprachlich verschleiern sollen.


8. Interpretation

Wolfgang Hildesheimer: Eine größere Anschaffung (1962)

1. Überblicksinformation

Die satirische Geschichte von W. Hildesheimer „Eine größere Anschaffung“ (1962) handelt von einem naiven, kauffreudigen („Fesselballon“, Z.19) Ich-Erzähler, der sich eine Lokomotive aufschwatzen lässt, die sich später als gestohlen herausstellt. Als er danach den Käufer wiedersieht, der ihm einen Kran verkaufen will, reagiert der Ich-Erzähler zurückhaltend, zumal er mit einem Kran nichts anfangen kann.

2. Handlungsverlauf mit Personencharakteristik

Der Ich-Erzähler wird von einem Mann „gewöhnlichen Aussehens“ in einem Dorfgasthaus angesprochen, der ihm mit „gedämpft-vertraulicher Stimme“ (Z.2) eine Lokomotive verkaufen will. Er ist in unwichtigen Dingen sehr genau („vor – genauer gesagt – hinter einem Glas Bier“, Z.1), Es ist „leicht“, ihm „etwas verkaufen“ (Z.3) und er „kann schlecht nein sagen“ (Z.4). Nur scheinbar ist er vorsichtig und versucht, sich dem Verkäufer als „Experten“ (Z.7) auszugeben. Er erkundigt sich nach „Typ, Baujahr und Kolbenweite“ (Z.6), handelt den Preis noch herunter, da sie gebraucht ist, und bestellt sie, da sie ihm optisch gefällt.

Er ist „arglos“ (Z.14), da er nicht misstrauisch wird, als ihm die Lokomotive noch in der Nacht geliefert wird, und lässt sie in die Garage bringen, wo sie zwar von der Höhe („Fesselballon“, Z.19), der Länge nach aber nur zur Hälfte hineingeht.

Bald danach besucht ihn sein Vetter, ein Mensch „jeglicher Spekulation und Gefühlsäußerung abhold“, der „nur die nackten Tatsachen gelten lässt“ (Z.20f.). Er „weiß alles“ ... „besser“ (Z.22), „ein unausstehlicher Mensch“ (Z.22f.). „Herrliche Herbstdüfte“ sind für ihn nur „welkes Kartoffelkraut“ (Z.24). Den mitgebrachten Kognak, der nach Seife schmeckt, hält er für „gut“, da er „große Preise ... erhalten“ (Z.28) habe. Er vertraut also in Wahrheit dem Etikett mehr als den Fakten (Seife!).

Als der Vetter mit „leicht zitternder Stimme“ (Z.31) dem Ich-Erzähler sagt, dass eine Lokomotive in dessen Garage stände, entgegnet dieser, dass er sie sich vor kurzem angeschafft und eine schwangere Frau damit nachts ins Krankenhaus gefahren habe (Z.32-35). Er gibt zu, dass „das alles erlogen“ (Z.36) sei, er könne aber öfter „der Versuchung nicht widerstehen, die Wirklichkeit ein wenig zu schmücken“ (Z.38) Der Vetter wird darauf „ganz einsilbig“ (Z.39) und verschwindet für immer.

Eines Tages erfährt der Ich-Erzähler, dass die Lokomotive gestohlen und er „das Opfer einer unlauteren Transaktion“ (Z.43f.) geworden ist. Daher begegnet er dem Verkäufer, als er ihn im Dorfgasthaus wiedersieht, „mit zurückhaltender Kühle“ (Z.45). Als dieser ihm „einen Kran verkaufen“ (Z.45f.) will, lehnt er Geschäfte mit ihm ab und sich fragt, was er „mit einem Kran“ (Z.47) soll.

3. Absicht des Autors (+ Titel) + Gegenwartsbedeutung

Der Autor möchte mit dieser satirischen Geschichte ein naives und völlig unangemessenes Kaufverhalten kritisieren. Bereits der Titel „Eine größere Anschaffung“ stellt eine starke Untertreibung dar, da es sich um völlig unsinnige und überdimensionierte Käufe (Fesselballon, Lokomotive, Kran) handelt.

Der Käufer zeigt typisches Kaufverhalten (‘fachmännische’ Fragen zum Kaufobjekt, will nicht „Katze im Sack kaufen“, (Z.7), Herunterhandeln des Preises (Z.12), Kauf nach Aussehen (Z.9), Angeben mit seinem Kaufobjekt (Z.33-38), ohne sich fragen, ob er das Kaufobjekt überhaupt brauchen kann. Der Ich-Erzähler ist zwar betrogen worden, zeigt aber nur Zurückhaltung gegenüber dem Verkäufer. Zwar will er mit diesem keine Geschäfte mehr machen, aber er fragt sich, was er mit einem Kran solle. Dies zeigt, dass er sich diese Frage bei den vorangegangenen Objekten nicht stellt und er vielleicht hauptsächlich deshalb dem anderen nichts mehr abkauft. Der Ich-Erzähler hat sein Kaufverhalten nicht wirklich geändert.

Der Verkäufer zeigt ebenso ein typisches Verkäuferverhalten (Geschick, Vertraulichkeit, spricht den Kenner an, appelliert an die Käufermentalität, Dreistigkeit am Schluss, was Skrupellosigkeit, aber auch gute Menschenkenntnis verrät).

Dieses völlig unsinnige Kaufverhalten gibt es auch heute noch, da z.B. völlig überdimensionierte Motorräder, Stereoanlagen und sonstige Anschaffungen getätigt werden, die Prestigewert, aber keinen dem Preis entsprechenden Nutzen haben.

4. Inwiefern unterstützt die sprachliche Gestaltung

(+ Erzählform  und -haltung) die Aussageabsicht?

Der Ich-Erzähler nimmt eine meist nur scheinbar neutrale, z.T. auch auktoriale Erzählhaltung ein, die mit vielen komisch-satirischen Elementen vermischt ist, wobei Gewöhnliches ungewöhnlich (gewöhnlich aussehender Mann, der Lokomotive verkauft;) und Ungewöhnliches real (Lokomotive anschaffen, abhandenkommen) dargestellt wird.

Als sprachliche Mittel werden bewusst Untertreibungen (Titel u. „Wirklichkeit ein wenig zu schmücken“, Z.37), Komik (vor – genauer (?) gesagt, hinter – einem Glas Bier) und Ironie (Z.43) eingesetzt.

Es gibt neben wörtlicher Rede (Z.24, 31f.) auch indirekte Rede (Z.33-36), um eine scheinbare Neutralität vorzutäuschen. Außer 2 Ellipsen (Z.24) sind die Sätze meist recht lang und z.T. umständlich formuliert. Keine Umgangssprache, sondern Verwendung von Hochsprache (Charakterzug des Ich-Erzählers). Fachsprache („Kolbenweite“, Z.6; „Transaktion“, Z.44), Alliterationen („genauer gesagt“, Z.1+43; „peinliche Pause“, „Herrliche Herbstdüfte“, Z.23f., „nur neulich, nachts“, Z.33; „benachbarte Bäuerin“, Z.34) , Aufzählungen (Z.6+9), Metaphern („Vorsicht am Platze“, Z.5; „Anschein zu erwecken“, Z.6; „die Katze im Sack kaufen“, Z.7, „dem Handel etwas Anrüchiges innewohnte“, Z.14; „Opfer einer unlauteren Transaktion“, Z.43f.; „zurückhaltender Kühle“, Z.45);

Diese rhetorischen Figuren unterstreichen die Absichten der Personen bzw. des Autors und lassen die Unterhaltung abwechslungsreich und lebendig erscheinen.

5. Inwiefern weist der Text Merkmale der Kurzgeschichte auf?

Es gibt keinen unvermittelten Beginn, sondern eine kurze erzählende Einleitung. Es gibt weder Steigerung der Spannung noch Höhe- bzw. Wendepunkt, eher eine Pointe, als der scheinbar rationale und überlegene, in Wahrheit aber leichtgläubige Vetter infolge der fantasievollen, unwirklichen Geschichte des Ich-Erzählers an seinem Verstand zweifelt (Z.39f.).

Der Schluss ist im Grunde nicht offen, da der Ich-Erzähler sein völlig überdimensioniertes Kaufverhalten nur scheinbar geändert hat und auch gegenüber dem Käufer nicht die richtigen Konsequenzen zieht.

Auch von Thematik (kein realistischer Ausschnitt aus dem Leben von Alltagsmenschen) und Sprache (u.a. viele groteske Übertreibungen, keine Umgangssprache) ist der Text keine typische KG.


9. Interpretation

Günther Weisenborn: Zwei Männer (1949)

Überblicksinformation

Die KG „2 Männer“ von G. Weisenborn (1949) spielt auf den Teefeldern von Santa Sabina in Argentinien und handelt von der Bewährung zweier Männer in einer aussichtslos erscheinenden Situation.

1. Situation der Männer, Beziehung und Verhalten in der Geschichte

Eine Überschwemmungskatastrophe hat den gesamten Besitz des Farmers vernichtet (Z.5). Das Dach seines Hauses, auf das er und sein Peon sich geflüchtet haben, wird von den reißenden Fluten des Paranà fortgespült (Z.44-46).

Beide Männer haben den Tod vor Augen, zumal das Schilfdach unter ihrem Gewicht zu bröckeln beginnt (Z.13, 62f.).

Während der Farmer sein Schicksal verantwortungsbewusst trägt, ohne aufzugeben, regt sich im Indio der Selbsterhaltungstrieb. Daher beschließt er, den Farmer vom Dach herunterzustoßen (Z.59-61).

Als der Farmer jedoch mit ihm die letzte Zigarette zum Zeichen der Kameradschaft teilt (Z.66-68), empfindet der Indio statt Feindschaft Treue für ihn (Z.69f.).

Er beschließt, sich für seinen Herrn zu opfern, und springt ins Wasser. Im letzten Moment wird er allerdings vom Farmer zurückgehalten (Z.72-80).

Das aufopferungsvolle und vorbildliche Verhalten der beiden wird am Schluss durch deren unerwartete Rettung belohnt, die ihnen einen Neuanfang ermöglicht (Z.84f.).

2. Weshalb will sich der Peon für seinen Herrn opfern?

Der Peon empfindet infolge der kameradschaftlichen Geste des Farmers keinen Hass mehr. Daher will er sich für seinen Herrn opfern, dem er Treue und Dank zu schulden glaubt.

Auch sieht er das Leben des weißen Farmers wohl als wertvoller an als das eines Indios. Ferner hat er Frau und Kinder verloren und ohne seinen Herrn kaum eine Zukunft.

3. Absicht des Autors und kritische Stellungnahme

Der Autor will meiner Ansicht nach sagen, dass soziale Unterschiede in lebensbedrohlichen Situationen wie z.B. Naturkatastrophen keine Rolle mehr spielen.

Zugleich wird das idealisierte Bild der furchtlosen, selbstlosen, opferbereiten, schweigsamen Männer entworfen, die wie in Märchen (Western/Karl May) durch ein Happyend belohnt werden.

Dazu ist kritisch anzumerken, dass der Peon auch in dieser Extremsituation ein Mensch 2. Klasse bleibt. Der Farmer schreit ihn an und befiehlt ihm, nicht aufzugeben (Z.78-80).

Auch am Schluss entscheidet der Farmer allein über den Neubeginn. Der Peon stimmt zu, muss aber auch weiterhin seinem Herrn gehorchen und bleibt von ihm abhängig. Vielleicht wird er vom Farmer künftig besser behandelt, so dass er ihn nicht mehr hasst.

Nirgendwo übt der Autor Kritik an dieser ausbeuterischen 2-Klassen-Gesellschaft.

Ferner entspricht dieses idealisierte Männerbild kaum der Realität. Berichte von Überlebenden auf Flüchtlingsboten und Soldaten im Krieg (2.Weltkrieg, Vietnam usw.) zeigen, dass die ach so starken Männer verzweifeln, vor Angst sterben und grausam/unmenschlich handeln.

4. Merkmale der KG

Der Text weist nur z.T. die typischen Merkmale der KG auf. So hat er statt eines unvermittelten Beginns eine erzählende Einleitung. Der Text ist spannend, da man wissen will, ob die 2 Männer überleben. Die Spannung steigt bis zum Höhepunkt, als der Peon seinen Herrn vom Dach stoßen will.

Der Wendepunkt wird mit der Teilung der Zigarette eingeleitet. Damit ändert der Indio sein Verhalten gegenüber seinem Herrn (Treue statt Feindschaft).

Der Schluss ist nur z.T. offen, da nur ungewiss bleibt, wie der Farmer seinen Peon künftig behandeln wird.

Die Sprache ist sehr bildhaft („unter Wasser standen die Hoffnungen“, Z.2; „saftgrünes Vermögen“,Z.3; „dem Tod ins Auge gesehen“, Z.19; „Dann kam der große Paranà“, Z.31;).

Diese fantasievolle, bilderreiche Sprache, die die Naturgewalten (Strom) personifiziert, unterstreicht das klischeehafte, unrealistische Männerbild, und verklärt die brutalen Realitäten. Dass es kaum wörtliche Rede gibt oder Gefühle, passt zu diesem antiquierten Männerbild.


10. Interpretation

Gabriele Wohmann: Ein netter Kerl (1978)

1. Überblicksinformation

Die KG von Gabriele Wohmann „Ein netter Kerl“ (1978) handelt von einer 5-köpfigen Familie, die am Abendessentisch sitzt, wobei die Unterhaltung zu einer Auseinandersetzung mit hoher psychischer Belastung führt.

2. Gesprächsverlauf mit Personencharakteristik, Beziehungen, Rollenverhalten, Mimik + Gestik

Nanni, die Jüngste („entsetzlich“, Z.2), und die Mutter („Furchtbar fett“, Z.3) beginnen das Gespräch mit sehr abwertenden Äußerungen über einen jungen Mann, der bei der ältesten Tochter Rita zu Besuch war und eben gegangen ist.  

Die Frage der Mutter („Weißt du, ob er ganz gesund ist?“, Z.4) ist nur scheinbar taktvoller und nimmt auf Ritas Gefühle keine Rücksicht. Rita geht auf die verletzenden Äußerungen nur ganz knapp, leicht abwehrend ein („Ach, ich glaub schon, dass er gesund ist.“, Z.6). Ihre Kränkung zeigt ihre sehr angestrengte, verspannte Reaktion („setzte sich gerade und hielt sich mit den Händen am Sitz fest.“, Z.5).

Übergangslos setzt Nanni ihren Angriff fort („weich wie ein Molch, wie Schlamm“, Z.7), Milene (die Mittlere) versucht, den Bekannten in Schutz zu nehmen („Aber er hat dann doch auch wieder was Liebes“, Z.9). Die Mutter reagiert zunächst „beschämt“ (Z.11), verschärft ihre Abwertungen mit „recht lieb, aber grässlich komisch“ (Z.11f.) und verlacht Rita ebenso wie Nanni („Auch hinten im Nacken hat er schon Wammen, wie ein alter Mann“, Z.15), die wohl selbst keine Schönheit ist (Z.15f.).

Ritas Körperhaltung (Z.17) zeigt, dass dieses Gespräch für sie wie eine Folter ist. Milenes zweiter, auch nicht besonders glücklicher Entlastungsversuch („Er hat so was Insichruhendes ... Ich find ihn so ganz nett, Rita, wirklich, komischerweise.“, Z.18.f.) wird durch Nannis fast theatralische Explosion („stieß einen winzigen Schrei aus“ ... „Könnt ihn immer ansehen und mich ekeln“, Z.20-22) zunichte gemacht.

Ab Z.23 verändert sich die Szene, weil der Vater als neue Figur hinzukommt. Er wirkt sachlicher, äußert sich aber auch negativ („Er war ja so ängstlich ... So was von ängstlich.“, Z.24f.) Man merkt deutlich, dass diese Familie nicht mit schwachen, zurückhaltenden, schüchternen Menschen umgehen kann oder will.

Ritas Rettungsversuch ihres Freundes („Er lebt mit seiner Mutter zusammen“, Z.26), wirkt kontraproduktiv und verstärkt den Eindruck des ängstlichen Muttersöhnchens. Alle lachen Rita aus, was ihre Gefühle von Demütigung und Angst dramatisch verstärkt („Das Holz unter Ritas Fingerkuppen wurde klebrig“, Z.28) und zu einem hilflosen Entlastungsversuch führt (“Seine Mutter ist nicht ganz gesund”, Z.29). Dies löst bei den anderen eine anschwellende übermächtige Lachsalve aus, die sie erdrückt, aber auch verbirgt und damit schützt.

Nun endlich (Z.33ff.) greift die Mutter ein und sucht ein Ende dieses quälenden Gesprächs herbeizuführen. Sie übt aber keine moralische Autorität aus, da sie das Verhalten der gesamten Familie und besonders Nannis gegenüber Rita nicht kritisiert. Daher setzt Nanni noch eins drauf, spricht Rita direkt an und beleidigt ihren Freund erneut („Wann kommt die große fette Qualle denn wieder“, Z.37f.).

Die Wende des Gesprächs leitet Rita mit ihrem offenen und mutigen Hinweis auf ihre Beziehung zu ihm ein („Ich habe mich mit ihm verlobt.“, Z.39f.). Durch paradoxe Intervention mit Schockwirkung („Ist das nicht zum Lachen!“, Z.43 u. „He, Nanni, ... mit der Qualle habe ich mich verlobt, stell dir das doch mal vor!“, Z.45f.) und drohendem Lachen ihrerseits bringt sie den Skandal auf den Punkt, den sie in zynisch-ironischem, weil alle Beschimpfungen und Beleidigungen der Familie aufgreifenden Ton bekannt gibt.

Vater u. Mutter versuchen mit nur scheinbar positiven Äußerungen („ein netter Kerl“, Z.47; „menschlich angenehm … als Hausgenosse oder so“, Z.49f.) und „Er hat keinen üblen Eindruck auf mich gemacht“, Z.51) zu beschwichtigen, ohne Kritik am bisherigen Verlauf des Gesprächs zu üben. Am Ende der KG sieht Rita „gezähmte Lippen“ (Z.52) bei den anderen. Sie werden rot im Gesicht, senken die Köpfe (Z.52f.) und wirken schuldbewusst.

Die Situation „Abendessen“ beeinflusst den Gesprächsverlauf insofern, als die Personen hierbei eher zu Geschwätzigkeit neigen, während das Gesprächsthema eine ernste Behandlung erfordert – ein Hauptgrund für die wohl von allen nicht beabsichtigte Eskalation.

3. Absicht der Autorin (+ Titel) und Gegenwartsbedeutung

G. Wohmann möchte mit dieser Geschichte verdeutlichen, welche fatalen Auswirkungen die Fehleinschätzung einer Situation oder der Gemütsverfassung eines Mitmenschen nach sich ziehen kann. Der Titel („Ein netter Kerl“) soll andeuten, dass auch scheinbar positive Äußerungen durch Wortwahl und Kontext abwertend wirken können. Auch heute gibt es viele solcher scheinbar harmlosen Gesprächssituationen, in denen andere abgewertet werden, ohne dass dies allen bewusst wird. Deshalb sollte bei Äußerungen bes. darauf achten, dass man die Gefühle von anderen nicht verletzt und niemand abwertet.

4. Inwiefern unterstützt die sprachlche Gestaltung

(+ Erzählform  und -haltung) die Aussageabsicht?

Die Er-/Sie-Erzählerin nimmt eine personale Erzählhaltung ein. Das Geschehen wird aus Sicht Ritas und ihrer inneren Handlung dargestellt. Die innere Handlung der anderen lässt sich nur durch den äußeren Handlungsverlauf erschließen.

Zwar wird die wörtliche Rede sehr häufig verwendet, jedoch nie in Anführungszeichen gesetzt. Dieses Stilmittel bewirkt, dass äußere und innere Handlung nahtlos ineinander übergehen.

Es gibt viele Ellipsen (bes. bei Nanni; „entsetzlich“, Z.2; „Und auch die Hand, so weich“, Z.8), Alliterationen („furchtbar fett“, Z.3; „ganz gesund“, Z.4, 29), Aufzählungen (Z.7f., 30f.), Epiphern (Z.9f.,15), Anaphern (Z.21, 24f., 36-38), ein Oxymoron  „grässlich komisch“  – grotesk – Z.12), Metaphern („winzigen Schrei“, Z.20, „warf die Hände auf den Tisch“, Z.20; „Das Lachen schwoll an ...“, Z.30-32); „große fette Qualle“, Z.37) Ironie (Z.43) und viele bildhafte Vergleiche („wie ein Molch, wie Schlamm“, Z.7; wie ein alter Mann, Z.14). Dies unterstreicht die Intentionen der Personen und lässt die Unterhaltung abwechslungsreich und lebendig erscheinen.

5. Inwiefern weist der Text Merkmale der Kurzgeschichte auf?

Der Text hat einen unvermittelten Beginn. Es gibt eine Steigerung der Spannung (Abwertungen!) bis zum Höhepunkt (Z.37f.), wobei Ritas ironisch-zynische Fragen (Z.43ff.) den Wendepunkt einleiten. Am Schluss bleibt offen, wie lange die Verhaltensänderung der anderen (Zähmung und Scham) – aber auch von Rita (Dominanz) – anhalten werden. Auch von Thematik (Ausschnitt aus dem Leben von Alltagsmenschen) und Sprache (u.a. bildhafte Umgangssprache) ist der Text eine typische KG.


11. Interpretation

Gabriele Wohmann: Es war ein Wunder (1994)

1. Überblicksinformation

Die KG von Gabriele Wohmann „Es war ein Wunder“ (1994) spielt in einer Talkshow, zu der eine Frau eingeladen wird, deren Mann nach 6 Jahren Koma infolge eines schweren Sturzes vor 2 Wochen aufgewacht ist. Die Moderatorin stilisiert die Frau zur „Heldin des Alltags“ (Z.37) und das Ereignis als „Wunder“ (Z.18), was diese anfangs als Ehre und Aufwertung empfindet. Als sie jedoch der von ihr bewunderten Talkmasterin ihre Ängste bezüglich der Zukunft mit ihrem schwerstbehinderten Mann anvertrauen will, ist sie nicht mehr zugeschaltet, da die Talkmasterin nicht an ihren wahren Empfindungen interessiert ist und sie nur zur Erhöhung der Einschaltquote benutzt hat.

2a) Charakteristik der interviewten Frau mit Handlungsverlauf

Die Frau bewundert die souveräne Haltung der Talkmasterin, ist jedoch von dieser Selbstsicherheit weit entfernt („sie selbst kam sich ungeschickt frisiert und geschminkt vor“, Z.22). Anfangs ist ihr noch „erhebend“, „großartig“ und „feierlich“ (Z.36) zumute. Jedoch kommt sie während des Gesprächs mit ihrem inneren Zwiespalt nicht zurecht. Obwohl sie weiß, dass das meiste Lob unberechtigt ist („Nein, sie hatte ihn nicht geküsst“, Z.37), wagt sie nicht, der Moderatorin zu widersprechen, um die harmonische Show nicht zu stören (da Talkshows aufgezeichnet werden, würde dies auch nicht gesendet!). Da sie sehr naiv ist, auch sexuell unerfahren (Z.58) und vom Lande kommt („Scheunendach“, Z.51), spielt sie eine ihr auf gedrängte Rolle, die sie mit großem Unbehagen annimmt.

Sie möchte der „wundervollen“, scheinbar „anteilnehmenden“ Person ihr „schreckliches Geheimnis“ (Z.39ff.) beichten, da sie sehr religiös, wahrheitsliebend und voller Skrupel ist. Als die Talkmasterin jedoch von ihren angeblichen „Anfechtungen“ und „Versuchungen“, redet, wird ihr klar, dass diese gar nicht weiß, wovon sie spricht, und ihren Gast daher auch nicht verstehen kann (Z.54ff.). Gegen Ende der Sendung will sie ihre wahren Gefühle für ihren pflegebedürftigen Mann mitteilen. Ihre Ängste gegenüber der gemeinsamen Zukunft mit einem hilflosen, körperlich verunstalteten Ehemann kann sie zwar noch äußern, aber ist es zu spät, da sie „nicht mehr zugeschaltet“ (Z.81) ist. Niemand will das hören, weil hierfür in einer Talkshow kein Platz ist.

2b) Charakteristik der Moderatorin

Die Talkmasterin ist „elegant und schön“ (Z.22), trägt einen kurzen Rock, aber eine sehr weite, an den Schultern ausgepolsterte Jacke, um größer zu erscheinen (Z.25f.). Sie lächelt viel, verhält sich dabei ihrem Gast gegenüber „ehrfürchtig meistens, sogar erschüttert“ (Z.24f.) und hat einen „glänzenden, kristallfunkelnden Blick mit dem wundergläubigen Ausdruck“ (Z.45f.). Für die Ehefrau ist sie „eine schlanke, herrliche, wortgewandte Frau“ (Z.25), die ihren Gast ständig lobpreist (Z.29) für ihre angeblich aufopferungsvollen „Wohltaten“ (Z.38), ihre „eheliche Treue“, „Beharrlichkeit“ und „wahre große Liebe“ (Z.46f.) zu ihrem Mann (täglich füttern, Hände halten, Kuss auf die Stirn, Z.29ff.).

Durch ihr elegantes, selbstsicheres, routiniertes Auftreten, ihre Schmeicheleien ihrem Gast gegenüber veranlasst sie die Ehefrau zu Aussagen oder indirekten Zustimmungen („Sie sagte gewagte Sätze und glaubte sich sogar dabei“, Z.1f.), die z.T. unwahr sind („als sie zu ihrer eigenen Verblüffung behauptet hatte: wie er so dalag, da liebte ich ihn mehr als am Tage unserer Hochzeit ,Z.13f., aber: „seit 2 Wochen füttere ich ihn und das ist ziemlich grässlich“, Z.32f., sowie „Ja. Ich freue mich darauf, ihn zu mir nach Haus zu holen“, Z.15f., aber: „wovor ihr ... angst u. bange war“, Z.18f.).

So spielt die befragte Frau automatisch die Rolle, die ihr von der Moderatorin in dem perfekt inszenierten Spiel zugedacht ist. Mit ihren geschickten, professionell einstudierten Fragen bzw. regelrecht vorgefertigten Antworten („Sie saßen an seinem Bett? Sie hielten seine Hand...“, Z.4; „Gefüttert haben Sie ihn – er hat es nicht gemerkt und wohl doch gemerkt...“, Z.29f.) veranlasst sie ihren Gast zu Antworten, die genau in das Klischee ihres stilisierten Menschenbildes passen. Durch ihr ständiges Lächeln zeigt sie, dass alles nach Plan läuft und sie die Erwartungen ihrer Hörer- bzw. Zuschauer/-innen an eine gute Show erfüllen kann. Sie spricht so oft von Wundern (Z.18), dass sich die Frau als etwas Besonderes empfinden muss, das weit aus dem Alltäglichen herausragt. In Wahrheit ist die Moderatorin sehr indiskret, unsensibel und nicht einfühlsam, wertschätzend oder anteilnehmend, da sie am Ende sehr gefühllos, oberflächlich und kaltherzig reagiert.

3) Aussageabsicht der Autorin

Der ironische Titel „Wunder“ weist auf die übertriebene Verwendung in der Talkshow (Z.18!) und deren unwirklichen Charakter hin. Das angebliche „Wunder“ ist hier nicht ‘wunderbar’, sondern eine Katastrophe für die überforderte Frau.

Die Autorin übt mit dieser KG harte Kritik an Talkshows. Diese drängen die eingeladenen Gäste in eine bestimmte Rolle und nehmen deren wirkliche Gefühle nicht ernst. Den Hörer- bzw. Zuschauer/-innen wird lediglich eine Scheinwelt präsentiert, die ihnen mitten in einer Problem beladenen Gesellschaft eine heile Welt vorspiegelt. Da alles als seichte Unterhaltung präsentiert wird, kommen die wahren Probleme nicht zur Sprache. Somit findet keine ehrliche Auseinandersetzung mit brisanten gesellschaftlichen Fragen statt, sondern es wird mit allem technischen Aufwand ein Rollenspiel vorgeführt, das wegen seiner Oberflächlichkeit und seines Verdrängungscharakters die Hörer- bzw. Zuschauer/-innen von ihren Alltagssorgen ablenkt, aber sie nicht beunruhigt.

Dieser Kritik ist grundsätzlich zuzustimmen. Z.T. sind die angeblich wahren Geschichten in Talkshows von Gästen selbst erfunden, was solche Sendungen als Scheinwelt entlarvt. Auch „Reality-TV“ ist in Wahrheit durch Schauspieler ‘nachgespielte Wirklichkeit’. In Talkshows wie „J.B. Kerner“ geht es mehr darum, sein neues Buch, seinen neuen Film vorzustellen bzw. Werbung für sich zu machen.

Auf der anderen Seite gibt es durchaus auch ein paar seriöse Talkshows  (etwa „Nachtcafe“ mit Wieland Backes im SWF3), in denen bekannte und unbekannte Personen aus ihrem Leben erzählen, z.B. zum Thema „Leben im Alter“, Umgang mit Behinderungen, Vater-Tochter-Beziehung usw. Hier wird niemand in eine Rolle gedrängt. Jeder kann ausreden, keiner wird unterbrochen. Es sind Musterbeispiele gelungener Kommunikation. Oft wird die Sendezeit überschritten. Allerdings ist die Einschaltquote solcher anspruchsvollen Talkshows niedrig, so dass sich dies nur ein von Gebühren finanzierter öffentlich-rechtlicher Sender leisten kann.

4) Bezug von sprachlicher Gestalt (Erzählform, -haltung u. Darbietungsformen) zur Textaussage

Die sprachl. Mittel unterstreichen den Zwiespalt zwischen der nüchternen Wahrheit und der klischeehaften Traumwelt der Talkshows: Antagonismen („so nah u. doch fern“ (Z.21); „er hats gespürt“ – „Gar nichts gemerkt und gespürt hat er2 (Z.30f.) verdeutlichen die gegensätzliche Welt der Talkmasterin und der von ihr befragten Frau. Mit Emphasen („das taten Sie doch sicher.“, Z.4f.), und einer Klimax („täglich, sechs Jahre lang“, Z.34) versucht die Moderatorin ihrem Gast eine konstruierte gefühlsselige Geschichte unterzuschieben. Diesem Zweck dienen auch die vielen rhetorischen Fragen („Sie saßen an seinem Bett?“, Z.4; „War da nicht noch mehr? War es nicht vor allem diese große einmalige Liebe zu ihm?“, Z.52f.), die der Frau keinen anderen Ausweg lassen, als kritiklos allem zuzustimmen. Mit abwertenden Metaphern und abfälligen Wendungen („diesen formlosen Fleischkloß“, Z.76, „ein Klumpen Fleisch, ein Schwabbel“, Z.75) sowie sorgenvollen Entscheidungsfragen („wie soll ich jetzt mit ihm leben?“, Z.74) versucht dagegen die Frau, auf ihre Lebensängste aufmerksam zu machen. Die Erzählerin entlarvt mit Aufzählungen („Eine schlanke, herrliche, wortgewandte Frau“, Z.25) und entwertetem religiösen Vokabular („Wunder“, Z.2,9,18; „Passion“, Z.52; „Anfechtungen“, Z.53; „Versuchungen“,  Z.54; „lobpreisen“, Z.28, „ihren Auferstandenen“, Z.76) die gekünstelte Scheinwelt, wie sie in Talkshows aufgebaut wird. Eine Hyperbel („erklärte die schöne Frau dem Kosmos“, Z.65) führt die Bedeutung solcher Handlungen ad absurdum. Auch das Oxymoron „glückliche Panik“ (Z.72f.) unterstreicht die Widersprüchlichkeit der Situation.

Das personale Erzählverhalten ist mit der Er-/Sie-ErzählerIn (Z.1) verbunden, was dem Geschehen Glaubwürdigkeit verleiht. Der stete Wechsel von Außen- und Innensicht zeigt das Gesprächsverhalten der 2 Frauen. Während bei der Moderatorin nur ihre Fragen und ihre äußere Erscheinung sichtbar sind, erhält man bei der Frau auch Einblick in ihr Innenleben. Der innere Monolog veranschaulicht das Dilemma der Frau, die zwischen ihrem aufgedrängten Rollenverhalten und der von ihr gewünschten Wahrheitsliebe hin und her schwankt. Wörtliche Rede u. innerer Monolog sind äußerlich (keine Anführungszeichen), aber auch sonst nur schwer zu unterscheiden, was verdeutlichen soll, wie schwer hier das Gedachte und Gesagte voneinander zu trennen sind.)

5. Merkmale der KG

Unvermittelter Beginn der KG („Plötzlich war es so leicht“, Z.1). Steigerung der Spannung bis zum Höhepunkt, als die Frau ihre wahren Gefühle äußert (Z.72ff.). Dann folgt Wendepunkt, da dies keiner hören will und sie nicht mehr zugeschaltet ist (Z.81ff.). Aus der anteilnehmenden Frau ist die eiskalte, berechnende Moderatorin geworden. Der Schluss ist weniger offen (Die Frau bleibt allein mit ihren Ängsten und ihrem schwerstkranken Mann). Offen bleibt nur, wie sie damit zurechtkommt. Zu fragen ist, wie lange sich der Zuschauer solche Talkshows noch ansieht. Leider ist jedoch nur eine relativ kleine Minderheit so selbstbewusst und intelligent, um solche Sendungen abzuschalten.

Es gibt viele Metaphern: „traumwandlerische Sachen“ (Z.10), „aus dem Rahmen fielen“ (Z.17), „atemberaubend“ (Z.39), „bleischwere, schlimme Wahrheit“ (Z.43), „kristallfunkelnden Blick“ (Z.45) „diesen formlosen Fleischkloß“ (Z.76), „ein Klumpen Fleisch, ein Schwabbel“, (Z.78), „ihren Auferstandenen“, (Z.76) usw. Diese sprachlichen Bilder verdeutlichen die Unwirklichkeit dieser Talkshow und die großen Ängste der eingeladenen Frau. Die Alliterationen („Sie sagte gewagte Sätze und glaubte sich sogar dabei“ (Z.1f.), „glasklar glitzernd“ (Z.70), „formloser Fleischkloß“ (Z.76), „mit noch mehr Mut“ (Z.78) unterstreichen die wohlklingenden, aber unwirklichen Worte in dieser Talkshow.







Literatur & Interpretation